0314 - Elektronische Hölle
können wir ihm nichts beweisen. Das ist eben das verfluchte Elend. Außerdem sind seine Beziehungen blendend. Du weißt ja, wie das bei uns heißt. Keine Wende ohne Spende…«
Es verging Zeit. Suko und Will schauten der Ankunft hochillustrer Gäste zu. So manche Person kannte Will Mallmann mit Namen. Die beiden Beamten fielen aus dem Rahmen. Sie wurden mit den entsprechenden Blicken bedacht. Daß sie nicht zum Überwachungspersonal gehörten, lag auf der Hand. Dann hätten sie sich auch kleidungsmäßig anpassen müssen.
Der Stimmenwirrwarr steigerte sich. Auch die Musik war nicht nur noch reines Background-Geplänkel. Die ersten Gäste begannen zu tanzen. Der Gastgeber fand endlich die Zeit, sich den Fragen zu stellen.
Mit einem blütenweißen Taschentuch tupfte er seine Stirn ab, als er unter einem funkelnden Lüster stehenblieb und den Besuchern zunickte.
Suko und Will verstanden. Sie erhoben sich und wurden gebeten, mit in die Empfangshalle zu kommen. Die Tür war inzwischen wieder verschlossen worden. Der Kontrolleur stand draußen.
In der Halle war es kühler. Die drei Männer nahmen nahe der aufgebauten Garderobe Platz und bekamen auch etwas zu trinken. Sekt mit Orangensaft gemixt.
Broicher lächelte. »Wissen Sie, das hier ist für mich Streß. Aber es muß sein, die Gesellschaft verlangt es.«
»Natürlich«, gab Suko ihm recht.
»Gehören Sie auch zum BKA?«
»Nein«, erwiderte Will Mallmann schnell. »Der Herr hier ist ein Hospitant. Ein mit uns befreundetes Land hat ihn gewissermaßen als Lehrling hergeschickt.«
»Dann viel Erfolg.« Aus einem Etui nahm Broicher eine Zigarette ohne Filter. »Sie sprachen davon, daß es um meinen Sohn geht?«
Will übernahm die Antworten. Der »Lehrling« Suko mußte sich zurückhalten. »Ja, Ihr Sohn macht uns Kummer.«
»Inwiefern?« Über die Flamme des Feuerzeugs hinweg schaute Broicher den Kommissar an.
»Es geht um sein Hobby.«
»Die Video-Sache?« fragte Broicher erstaunt.
»Ja.«
Walter Broicher lachte. »Das ist doch eine harmlose Geschichte. Ich wüßte nicht, was das BKA damit zu tun haben könnte.«
»So harmlos ist es für uns nicht. Es gibt eine gewisse Art von Filmen, die Erwachsenen zwar zugänglich sein können, aber bei Kindern und Jugendlichen…«
»Meinen Sie die Horror-Streifen?«
»Richtig.«
»Da gebe ich Ihnen recht, daß dies nichts für Kinder ist. Aber mein Sohn ist erwachsen. Außerdem ist es ein Film…«
»Das könnte man unter Umständen noch akzeptieren, wenn Ihr Sohn es nicht geschafft hätte, sich mit Schwarzer Magie so zu befassen, daß er ein Meister darin geworden ist. Er paktiert mit dem Teufel, um es einmal direkt zu sagen.«
Walter Broicher war abgebrüht. Ein knallharter Geschäftsmann, der alle Tricks kannte. Es war nicht leicht, ihn zu überraschen. In diesem Fall jedoch war er baff. Da wußte er nicht, was er erwidern sollte. »Das möchte ich noch einmal hören.«
»Gern.« Will berichtete und stieß auf Unverständnis.
»Nein, Kommissar, machen Sie sich nicht lächerlich. Was Sie da gesagt haben, nimmt Ihnen keiner ab. Das ist ein Unding, da können Sie sagen, was Sie wollen. Seine Wand ist harmlos.«
»Welche Wand?« hakte Suko nach.
»Diese Multivisions-Wand, die er sich gebaut hat. Ich finanzierte sie ihm.«
»Können Sie das erklären?«
Das tat der Mann.
»Sie befindet sich hier im Haus?« fragte Will.
»Ja, aber mein Sohn hat sein eigenes Reich. In einen Zimmer sieht er sich seine Filme an. Ein harmloses Hobby, finde ich.«
»Davon sind wir nicht überzeugt.«
»Was werfen Sie ihm denn konkret vor?«
»Ist Ihnen vielleicht einmal eine Veränderung bei Ihrem Sohn aufgefallen?« fragte Will.
»Nein, ich sehe ihn zu wenig.«
»Und am heutigen Abend?«
»Habe ich nur ein Wort mit ihm gewechselt«, erwiderte der Mann.
»Dann ist Ihr Sohn nicht auf dem Fest?«
»Natürlich nicht.«
»War er nicht eingeladen?«
Suko hatte gefragt und bekam einen scharfen Blick zugeworfen.
»Was heißt hier eingeladen? Glauben Sie, daß mein Sohn daran Interesse hat? Nein, der sitzt die meiste Zeit in seinem Video-Raum.«
»Wo wir ihn sicherlich besuchen können?« fragte Will.
Broicher wehrte ab. »Das kann ich nicht einmal. Dieser Teil gehört nur ihm. Und er besitzt auch die Schlüssel. Ich komme in den Video-Raum nicht hinein.«
»Auch nicht mit Gewalt?«
»Wenn Sie ein Schweißgerät haben oder einen Panzerbrecher, könnte es klappen.«
Will hob fragend die Augenbrauen.
Broicher lachte.
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