0315 - Der Mörder
Glück, dass ich genug getrunken habe, um deinen Anblick ertragen zu können.«
Ich sagte über die Schulter zu Harkort: »Warum haben Sie Ihren Spezialisten nicht nach Chicago zurückgeschickt. Sie brauchen ihn doch nicht mehr!«
Der Chef musterte den betrunkenen Berufskiller mit ungutem Blick.
»Nicht einfach, solche Burschen wieder loszuwerden«, murmelte er.
Boswell hatte unterdessen die Sekretärin ins Auge gefasst, die ihn ihrerseits mit allen Anzeichen des Entsetzens ansah. Wieder schwenkte er seinen Hut.
»Guten Morgen, meine Süße! Nicht eines von den Girls, die heute Nacht dem alten Matthew die Dollars aus der Tasche gezogen haben, reichen an dich heran, mein Engel. Tröste mich ein wenig, Darling!«
Er stülpte sich den Hut auf den Köpf und schwankte auf das Mädchen zu.
»Mr. Harkort!«, kreischte die Sekretärin auf und floh hinter den Schreibtisch. »Hilfe!«
Mit der Hartnäckigkeit eines Betrunkenen ließ Boswell nicht von ihr ab.
»Boswell!«, sagte Harkort scharf.
Der Mann ignorierte den Befehl, der in dem Anruf lag.
»Stoppen Sie ihn!«, sagte ich, aber Harkort hütete sich, Boswell selbst anzufassen:
Der Berufskiller beugte sich mit einer Schnelligkeit, die ich weder seiner dicklichen Figur noch seinem alkoholisierten Zustand zugetraut hätte, über den Schreibtisch, erwischte einen Arm des Mädchens und zerrte es an sich heran.
»Hahaha«, lachte er triumphierend. »Matthew versteht es, ’ne kleine Maus zu fangen.«
Ich tat zwei Schritte, packte den Kerl am Kragen und riss ihn hoch, als wäre er eine Ratte, die von einem Terrier am Genick gepackt wurde.
»Nimm Vernunft an!«
Er trat um sich. Ich konnte die rechte Hand wegen des gebrochenen Fingers nicht benutzen, und so ließ ich ihn fahren. In seinen Augen glomm ein tollwütiger Funke auf.
Ich ließ Boswell keine Chance, die Finger an den Griff seiner Kanone zu bringen. Ich knallte ihm die linke Faust an den Schädel.
Es war ein geradezu preis würdiger linker Haken, kurz aus der Schulter geschlagen und genau auf dem Punkt explodierend. Boswell wurde von dem Brocken gegen ein Aktenregal geschleudert. Die Ordner flogen nach links und rechts auseinander. Ein Schneegestöber von Briefen und Papieren wirbelte durch den Raum und senkte sich auf Matthew Boswell, der sich zu den Füßen des Regals zu einem tiefen Knockout-Schlummer auf den Boden gelegt hatte.
Ich erntete von Miss Jane, der Sekretärin, einen dankbaren Blick. Harkort biss sich nur schweigend auf die Lippen.
Ich fuhr zum Hauptquartier. Die Fahndungsaktion nach dem Mörder lief noch. Die G-men Bender und Randolph waren eingeteilt, die einlaufenden Nachrichten zu sichten.
»Es kommt nicht mehr viel, Jerry«, sagte Bender. »Vor zehn Minuten meldete sich das 52. Revier, dass ein Mann mit Gesichtsverletzungen festgenommen wurde. Phil ist hingefahren, um ihn sich anzusehen.«
»Wenn der Mann sich ohne Widerstand festnehmen ließ, ist er bestimmt nicht der Mörder.«
»Das meinte Phil auch«, lachte Randolph.
Phil kam zwanzig Minuten später, und in der Zwischenzeit war ich auf meinem Stuhl eingeschlafen.
Phil sah nicht besser aus als ich.
»Wir können auf stecken«, sagte er schlecht gelaunt. »Wenn wir ihn bis jetzt nicht gefunden haben, kann es ebenso Tage oder Wochen dauern, bis wir wieder auf seine Fährte stoßen. Ich fahre nach Hause und hole den Schlaf nach.«
»Ich auch«, knurrte ich.
Ich hatte gerade die Vorhänge zugezogen, die Bettdecke zurückgeschlagen und schon einen Fuß gehoben, um ins Bett zu steigen, als das Telefon klingelte.
Verwünschungen murmelnd, hob ich ab.
»Tut mir leid, dich zu wecken, Jerry«, hörte ich Benders Stimme.
»Ich habe noch nicht geschlafen.«
»Umso besser«, sagte der Kollege fröhlich, und ich hätte ihn für diese Fröhlichkeit ohrfeigen können. »Ich bekam einen Anruf, der mir wichtig erscheint. Ein gewisser Mr. Chatwood rief an und behauptete, er habe einen Anruf von Celia Seado erhalten, und sie hätte mörderische Drohungen gegen ihn ausgestoßen.«
»Chatwood? Zum Henker, wer ist Chatwood?«
»Er bezeichnete sich als Anwalt.«
Ich stieß einen Pfiff aus.
»Hieß nicht einer der Anwälte, die Celia Seado aus der Untersuchungshaft lotsten, Chatwood? Was sagte er?«
»Er wollte wissen, welcher Beamte die Fahndung nach dem Mörder bearbeitet, und ob Celia Seado wirklich den Mörder hinter sich hätte?«
»Danke, Bender! Ich steige in die Hosen und sehe mir den Jungen an. Hast du seine Adresse?«
»W.
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