0315 - Medusas Schreckensnacht
sagte sie leise. »Da hetzten wir uns ab, um möglichst schnell in die Falle zu tappen… dabei haben wir nicht einmal, wie ich versprochen hatte, die erste Maschine bekommen …«
Dabei beobachtete sie Uschi scharf. Doch das Mädchen reagierte überhaupt nicht. Kein Widerspruch!
Dabei hatte nicht Nicole mit den Zwillingen gesprochen, sondern Zamorra, und Zamorra hatte flapsig von der »übernächsten Maschine oder der danach« gesprochen, nicht von der ersten. Egal wer von den Zwillingen am Telefon gewesen war – sie hätten es beide wissen müssen, wenn sie diejenigen waren, die die Falle gestellt hatten.
Nicole preßte die Lippen zusammen. Es bestand die Möglichkeit, daß Uschi also nicht log, daß es die Spiegelungen wirklich gab. Das ließ einen Hoffnungskeim in Nicole wachsen. Vielleicht war den Mädchen noch zu helfen.
»Du wolltest uns holen, damit wir Monica befreien und den Laden ausräuchern, ja?« fragte sie.
Uschi schüttelte den Kopf. »Ich wußte doch gar nicht, daß ihr schon da seid. Es konnte ja sein, daß ihr irgendwo in der Weltgeschichte unterwegs wart und niemand euch auf die Schnelle erreichen konnte! Ich wollte einfach nur versuchen, irgendwie Hilfe zu holen, egal von wem. Bill vielleicht.«
»Vielleicht…«, sagte Nicole. »Warum hast du es nicht telepathisch versucht?«
»Weil Monica unter einer Abschirmung gefangengehalten wird«, sagte Uschi bedrückt.
Nicole beschloß, das Risiko einzugehen und Uschi mit Abstrichen zu glauben. Aber sie wollte sie unter Beobachtung halten. »Ich bin unterwegs zu Leons Haus«, sagte sie. »Ich will versuchen, ob ich da etwas ausrichten kann. Du wirst mitfahren.«
»Zurück? Oh, Nicole, muß das sein?«
»Es wird dir nichts anderes übrig bleiben«, sagte die Französin.
»Ich kann dich nicht als unbekannte Gefahr hinter meinem Rücken lassen. Ich muß ständig wissen, was du gerade tust. Deshalb wirst du immer in meiner Sichtweite bleiben.«
»Ich habe Angst vor Leon und Parker«, sagte Uschi. »Wir konnten ihre Gedanken nicht lesen. Ihre wirklichen Gedanken, meine ich. Sie täuschten uns etwas vor. Und zumindest Leon muß ein Magier sein, oder sogar ein Dämon. Ich beschreibe dir gern das Haus…«
Nicole nickte. Irgendwie paßte es zusammen. Die Medusa hätte die Gelegenheit sofort ausnutzen und darauf bestehen können, in Nicoles Nähe zu bleiben – um sie in einem geeigneten Moment zu versteinern. Aber Uschi sträubte sich innerlich, zu dem Bungalow zurückgebracht zu werden.
»Und was ist«, fragte sie plötzlich, »wenn du auch ein Trugbild bist? Wenn sie Zamorra geschnappt haben, haben sie vielleicht auch dich, und du bist ebenfalls in Wirklichkeit eine Spiegelung…«
Das ließ Nicole wieder mißtrauisch werden. Ein typisches Gegenargument, um den Verdacht von sich abzulenken…
»Es bleibt dabei, du kommst mit«, entschied sie. »Steh auf und geh zum Wagen. Wir nehmen deinen Chevrolet. Er wird ja noch fahrtüchtig sein. Es könnte sein, daß der Mercedes inzwischen schon zu bekannt ist.«
Uschi war einverstanden. Zu Nicoles Überraschung brachte sie vom Beifahrersitz eine helle Jeanshose zum Vorschein, die sie hastig überstreifte. »Ich hatte bisher doch keine Gelegenheit dazu«, entschuldigte sie sich. »Die Braunhaarige hatte mir Sachen gegeben… Nicole, könne wir nicht kurz zu unserem Appartement, daß ich für Moni und mich Kleidung beschaffe?«
Nicole nickte. »Einverstanden.«
In diesem Moment war sie sicher, daß Uschi die Wahrheit sprach.
Es war doch logisch, und sie wunderte sich, daß sie nicht früher darauf gekommen war. Uschi hatte erzählt, daß die Zwillinge während der seltsamen Party nackt gewesen waren. Dann hatte man sie »gespiegelt«. Ebenfalls nackt. Die Kleidung war also nicht mit verdoppelt worden, und es war unwahrscheinlich, daß die beiden Medusen unbekleidet in »Mary’s Motel« gekommen waren, um sich neu auszustaffieren. Mary hätte sich bestimmt extrem entrüstet dazu geäußert. Dem fetten Zahndrachen entging doch nichts!
»Manchmal«, sagte Nicole leise, »ist euer beider fast zu freizügiges Auftreten doch von Vorteil. Ich glaube, es hat dir und Monica diesmal das Leben gerettet…« Und sie sicherte die Pistole und schob sie in eine Tasche ihres schwarzen Overalls. »Steig ein, wir fahren direkt vor euer Appartement, dann hat Mary nichts, worüber sie sich aufregen kann. Euren Schlüssel besorge ich – es reicht, wenn Mary deinen Kopf am Autofenster sieht. Fahr die Scheibe herunter
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