0317 - Okastras Grusel-Keller
es.«
Sanchez schlug die Hände über den Kopf zusammen. Er kommentierte, aber er sprach so schnell, daß ich ihn nicht verstand, während Claudia Darwood meine Ansicht teilte.
»Ich glaube Ihnen, Aldo. Ich glaube fest daran, daß dieser Okastra noch lebt. Hätten Sie mir das gestern gesagt, ich hätte darüber gelacht. Heute sehe ich es anders.«
»Aber Señorita!« Sanchez rang die Hände. »Wie können Sie als moderne Frau so einen Unsinn glauben. Nein, das ist Geschichte, das ist Vergangenheit.«
»Und wer ist da aus dem Grab gestiegen?« fragte sie. »Geben Sie mir darauf eine konkrete Antwort. Was hat der Nebel zu bedeuten? Wie ist es möglich, daß sich die Grabplatte hebt und zwei Arme die kopflose Leiche meines Bruders hervorwerfen?«
»Sie kennen meine Ansicht!«
Claudia mußte das Temperament einer Irin haben. Sie schlug heftig auf den Tisch. »Nein, es sind keine Basken gewesen. Das war dieser Okastra. Fast könnte ich es beschwören.«
»Beweisen Sie es!« sagte Sanchez.
»Wir können zum Friedhof gehen. Das müssen wir sowieso. Oder wollen Sie die Leiche meines Bruders dort liegenlassen?«
Eine Frage, auf die keiner der Männer eine Antwort gab. Nur Aldo redete wieder, aber er sprach von einer ganz anderen Sache, denn für ihn waren die Kasematten wichtig.
»Sie sind überall, Señor«, flüsterte er mir zu, »Sie können sich überhaupt nicht vorstellen, wie unsere Ahnherren gebaut haben. Unter dieser Stadt und im Berg liegt eine zweite Stadt vergraben. Tunnels, Gänge, Höhlen, Verliese. Es ist furchtbar, sage ich Ihnen.«
Ich zündete mir eine Zigarette an. »Das mag schon sein. Für Sie steht es also fest, daß unter der Erde noch jemand lebt.«
»Zumindest Okastra.«
»Wie gelange ich da hinunter?«
»Wir müßten graben.«
»Das verbiete ich«, mischte sich Sanchez ein. »Nur weil du, Aldo, in deinem Alter noch eine närrische Idee hast, sollen wir deinen Plänen nachgehen. Das kostet Zeit, das kostet Arbeit…«
»Die Männer hier haben sowieso nicht viel zu tun. Es ist doch besser, wenn wir schneller sind als sie.«
»Wer ist denn sie?«
»Vielleicht lebt Okastra nicht nur allein.«
Der Majodomo fing an zu lachen und leerte dabei noch sein Glas. Die anderen Gäste hatten sich nicht eingemischt und nur zugehört. Mir gefiel die Diskussion auch nicht, ich wollte endlich Erfolge sehen und erklärte deshalb: »Zunächst einmal müssen wir den Beweis für die Berichte der Señorita Darwood haben. Sind sie damit einverstanden?«
Jetzt nickte auch Sanchez.
»Dann werde ich hoch zum Friedhof gehen und mir die Sache einmal anschauen«, schlug ich vor.
»Ich aber nicht!« sagte die Frau schnell.
»Das ist auch nicht nötig. Es reicht, wenn ich fahre. Ich brauche nur eine Plane, um den Toten einzuwickeln.«
»Die haben wir«, erklärte Sanchez. Er stand auf. »Natürlich werde ich Sie begleiten. Señor Sinclair, denn den Beweis möchte auch ich sehen.«
Er lachte und verschwand.
Claudia Darwood legte ihre Hand auf die meine. »Seien Sie vorsichtig, John, ich habe nichts erfunden!«
»Das glaube ich Ihnen!«
»Und ich auch«, fügte Aldo hinzu.
Claudia wandte sich wieder an mich. »Bitte, verstehen Sie mich nicht falsch, John, aber ich kann ihn einfach nicht mehr sehen. Er hat zu schaurig ausgesehen. Ich will nur noch, daß sein Tod endlich aufgeklärt wird. Und auch dessen Hintergründe.«
»Da werden wir wohl unsere Schwierigkeiten haben«, gab ich ehrlich zu.
»Was steckt denn noch alles dahinter?«
»Keine Ahnung, ehrlich.«
Wir hatten das Gespräch in unserer Heimatsprache geführt. Aldo hatte nichts verstanden und hielt sich auch zurück. Allerdings nicht beim Wein. Da süffelte er wie eine Katze, die Milch trinkt.
Romero Sanchez kam zurück. Die Plane hatte er sich vom Bodegero geben lassen. Sie sah aus wie Ölpapier. »Darin können wir den Toten einwickeln«, erklärte er. Zu Claudia gewandt, fügte er hinzu:
»Vorausgesetzt, daß wir ihn finden.«
»Darauf können Sie sich verlassen.«
Ich stand auf. Mit einem Händedruck verabschiedete ich mich von Claudia Darwood. Sie bat mich noch einmal achtzugeben, denn ihr kam der Friedhof nicht geheuer vor.
Sanchez hörte zu. Er lachte nur und war schon draußen. Wir nahmen meinen Leihwagen. Die Plane verstaute ich im Kofferraum des Talbot.
Ich hatte Mühe, sie zusammenzufalten. Wenig später starteten wir. Als ich noch einen Blick in den Außenspiegel warf, sah ich Claudia Darwood vor der Bodega stehen.
Sie
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