0317 - Okastras Grusel-Keller
winkte.
Mir kam es vor wie ein Abschied…
***
Bisher hatte ich von der Straße und dem Friedhof nur gehört. Nun erlebte ich selbst die engen Serpentinen, die zum Plateau hochführten, auf dem unser Ziel lag.
Sanchez hatte sich angeboten, das Steuer zu übernehmen. Ich wollte es nicht.
Er gab mir statt dessen gute Ratschläge, sagte, wenn ich vom Gas mußte oder beschleunigen konnte.
Die Landschaft war wild und karg. Es wuchs wirklich nicht viel.
Kaum sah ich einen Baum, auch keine blühenden Sträucher, nur mehr Felsen und hartes Gras.
»Wovon leben die Menschen hier?« erkundigte ich mich.
»Von ihren Kindern.«
»Wieso?«
»Ist Ihnen nicht aufgefallen, daß in Campa nur ältere Leute wohnen, wobei ich eine Ausnahme bin.«
»Das schon.«
»Die Söhne und Töchter werden in die Stadt geschickt. Dort ist die Chance, Arbeit zu bekommen, wesentlich größer. Oder sie gehen an die andere Küste.«
»Schicken sie dann Geld?«
»Natürlich.«
Nur so konnte man überleben. Es hatte wohl keinen Sinn, auf diesem Boden etwas anzupflanzen.
Zur linken Hand konnte ich in ein weites Tal schauen, an dessen Ende noch große Schneeflecken lagen. An den Nordhängen hielt er sich immer besonders lange.
Es dauerte nicht mehr lange, dann konnte ich einen ersten Blick über den Friedhof werfen.
Aus der Entfernung betrachtet, kam er mir vor wie ein Gemälde. Da stand die kleine Kapelle, die durch ihren Turm zuerst ins Auge stach.
Um sie herum gruppierten sich die Grabsteine und Kreuze.
»Hinter der Kapelle ist praktisch Schluß«, erklärte mir der Majodomo.
»Da haben wir eine Mauer ziehen lassen.«
»Weshalb?«
»Es geht ziemlich steil ab.«
Ich hatte den Wagen angehalten. Beide verließen wir den Talbot, und ich spürte den kühlen Wind. In Campa war es ein wenig wärmer gewesen. Ich warf einen Blick zurück, ohne den Ort sehen zu können.
Er verschwand zwischen den Bergen.
Romero Sanchez war schon vorgegangen. Er hatte dabei die Hände in die Hüften gestützt, blieb nun stehen und drehte sich zu mir hin um, wobei er lachte. »Ein völlig normaler Friedhof, Señor. Nichts, was Sie aufregen könnte.«
Ich blieb neben ihm stehen und gab erst jetzt die Antwort. »Normal beim ersten Hinschauen.«
»Und beim zweiten?« fragte er spöttisch.
»Können Sie in die Tiefe sehen?«
Er winkte ab. »Ach, machen wir uns da nichts vor. Ist doch alles nicht so schlimm.«
»Aber es gibt die Kasematten?«
»Natürlich. Der Berg ist hohl, wenn ich das einmal so sagen darf. Unsere Vorfahren haben hier ziemlich geschuftet. Und was hat es ihnen genutzt? Gar nichts. Als die verdammten Sarazenen kamen, drangen sie in die Verstecke ein und töteten jeden, der sich ihnen in den Weg stellte. Nur unsere Frauen nahmen sie mir. Vorausgesetzt, daß sie jung genug waren. Die alten Weiber ließen sie zurück.« Sanchez lachte meckernd.
»Ich würde sagen, wir sehen uns den Totenacker einmal an«, schlug ich vor.
»Ich kenne ihn ja.«
»Nein, nein, das nicht. Ich gehe schon mit. Schließlich will ich die Leiche sehen. Sollen wir die Plane mitnehmen?«
»Die können wir ja später holen.«
»Einverstanden.«
Es war wirklich ein normaler Friedhof, den wir betraten. Nur seine Lage konnte man als außergewöhnlich bezeichnen. Ich sah kleine Wege, gut gepflegte Gräber und auch außergewöhnliche Steine.
Hatte Claudia nicht von einem seltsamen Engel gesprochen, der mit einem Schwert und einem Totenkopf bewaffnet gewesen war?
Den suchte ich.
Lange brauchte ich nicht zu forschen. Er stach mir ins Auge, denn er überragte die meisten anderen Grabsteine. Daß er so groß war wie ich, lag sicherlich an dem Sockel, auf dem er stand. Die Arme hatte er ausgebreitet. Die Spitze des Schwerts zeigte nach unten, während der Totenschädel auf seiner anderen Hand lag wie ein Ball.
Vor der Figur hob sich etwas ab.
Zur gleichen Zeit erkannten wir, daß Claudia Darwood nicht gelogen hatte.
Da lag tatsächlich eine Leiche, und sie besaß keinen Kopf mehr!
Ich schluckte. Auch mein Begleiter sagte nichts. Beide mußten wir den Anblick verdauen.
Die Umgebung schien einzufrieren. Ich kam mir seltsam vor. Als einziges Lebewesen inmitten einer lastenden Stille. Nur den Wind merkte ich, der vom Meer her wehte und kühl durch mein Gesicht strich.
Romero Sanchez murmelte etwas, das ich nicht verstand. Dann hob er die Schultern und wandte sich ab.
Wer hatte das getan?
Ich dachte an die Worte der Frau.
Sie berichtete von zwei Armen, die zusammen mit
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