032 - Das Schädelhaus im Todesmoor
sich von ihr. »Es hat aufgehört zu regnen«, stellte er fest.
»Ich möchte dieses Schreckenshaus verlassen, Ned.«
»Kein Problem«, sagte er großsprecherisch. »Ich bin mit diesen Ungeheuern fertiggeworden, da muß doch auch die Tür aufzukriegen sein.«
Mit Muskelkraft allein schaffte er es nicht, obwohl er sich mächtig anstrengte. Aber als er dann wieder die Holzstange zu Hilfe nahm, mußte die Tür nachgeben.
Grinsend wies Ned nach draußen. »Bitte sehr. Und in einer halben Stunde sind wir zu Hause.«
Aber er sollte sich irren.
***
Murdock Vidor wurde nicht naß. Obwohl es aus Eimern geschüttet hatte, teilte sich der Regen über dem Schwarzblütler und klatschte vor, hinter und neben ihm auf den Boden.
Die Bestie verließ Torceston Richtung Todesmoor. In dieser Gegend gab es mehrere Sümpfe, die so genannt wurden. Man konnte fast behaupten, jedes Dorf hatte sein eigenes Todesmoor.
Auch bei Bodmoor, dem Nachbarort, gab es eines. Vidor wußte von Zakattas Schicksal. Phorkys hatte den Einäugigen für die Mitglieder der Zyklopensekte erschaffen, und ein Mann aus London, ein Dämonenjäger namens Tony Ballard, hatte ihn vernichtet.
Dieser Tony Ballard schien sehr gefährlich und kampferfahren zu sein. Vidor hätte sich mit ihm gern gemessen, doch der Dämonenjäger war längst nach London zurückgekehrt, und so würden sie einander wohl niemals begegnen.
Vidor, die Bestie, bedauerte das, und er überlegte sich, ob er Zakattas Tod nicht rächen sollte. Es gab Mittel und Wege, Tony Ballard noch einmal in diese Gegend zu locken.
Murdock Vidor beschloß, diese Idee im Auge zu behalten. Vielleicht würde ihm Atax dabei zur Hand gehen.
Es war ihm recht, daß die Seele des Teufels ihm die Rückkehr ermöglicht hatte. Viele Jahre hatte er anderswo verbringen müssen, weil es der schwarzen Macht so gefallen hatte, aber er hatte sich an diesem Ort nicht wohl gefühlt. Er gehörte hierher.
Hier war sein Zuhause, und er war Atax dankbar dafür, daß dieser es durchgesetzt hatte, ihn hierher zurückzubringen. Jeder Baum, jeder Strauch, war Murdock Vidor noch bestens vertraut.
Er erinnerte sich noch gut an die vielen Schreckenstaten, die ihn weit über die Grenzen dieses Gebiets hinaus bekannt gemacht hatten. Als es kaum mehr jemanden gab, der sich bis zum Schädelhaus im Todesmoor vorwagte, suchte Murdock Vidor immer wieder Torceston heim.
Aber er tauchte auch in Bodmoor und in anderen Dörfern auf und verbreitete dort Angst und Schrecken. Alle hatten Angst vor der Bestie. Vidor beherrschte dieses Gebiet mit unbeschreiblicher Grausamkeit, und so sollte es wieder werden.
Atax hatte alles in die Wege geleitet. Von nun an würde ihm die Seele des Teufels freie Hand lassen. Das war ihm angenehm. Er mochte es nicht, wenn ihm jemand Vorschriften machte, er wußte selbst, was er tun mußte, um sich seinen alten Ruf schnellstes wieder zu erwerben.
Die Bestie schritt zielstrebig durch den Wald. Selbst Sumpfflächen wich sie nicht aus. Magie sorgte dafür, daß Murdock Vidor nicht einsank. Er ging immer geradeaus, brauchte keinen Umweg zu machen.
Als er dann endlich sein Schädelhaus erblickte, blieb er kurz stehen. Atax hatte inzwischen das Gewitter beendet. Der magische Regen hatte seine Aufgabe erfüllt und den festen Boden des Todesmoors wieder trügerisch und gefährlich werden lassen.
Die schweren grauen Wolken hatten sich aufgelöst, und Murdock Vidor blickte in die rote, untergehende Sonne. Bald würde es dunkel werden. Vidor liebte die Nacht wie alle Schwarzblütler, aber er brauchte – das unterschied ihn zum Beispiel grundlegend von Vampiren – keine Angst vor den Strahlen der Sonne zu haben.
Sie vermochte ihm nichts anzuhaben. Er lebte bei Tag genauso ungefährdet wie bei Nacht. Nur wenn es dunkel war, wenn die Nacht ihn wie ein riesiger schwarzer Mantel einhüllte, fühlte er sich besser, vor allem aber kräftiger.
Vidor wollte weitergehen, doch er verharrte mitten im Schritt, denn die Tür seines Schädelhauses öffnete sich, und der gelbe Schein flackernden Feuers fiel heraus.
Die Bestie sah ein junges Mädchen und einen Mann, der nicht viel älter war. Ein grausames Grinsen huschte über Murdock Vidors Gesicht. Zwei Opfer traten soeben aus seinem Haus!
***
Ich hatte damit gerechnet, daß wir hier einiges erleben würden, aber daß wir es mit einem entsprungenen Häftling zu tun bekommen würden, auf die Idee wäre ich nicht gekommen.
Chao Kai kochte innerlich vor Wut, davon war ich
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