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032 - Der Opferdolch

032 - Der Opferdolch

Titel: 032 - Der Opferdolch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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euch will ein Mbret werden? Na, wer hat Interesse?‹ Die Partisanen waren harte, abgebrühte Burschen, und betrunken obendrein, aber ein paar von ihnen schauderten doch, als sie Mirko Mihailic so reden hörten. Der Partisanenführer trat zu dem Italiener, der sich wimmernd am Boden krümmte. Er sah auf ihn nieder. ›Dich machen wir zum Mbret‹, schrie er. ›Heil unserm Mbret!‹ Mirko Mihailic, der Partisanenführer, sagte dem italienischen Offizier, er solle die Asche essen. Der Italiener weigerte sich, aber der Partisan stieß ihm den Lauf der Maschinenpistole in den Leib und drohte ihm, er würde ihm sonst eine abgezogene Handgranate zwischen die Kiefer klemmen. Der zitternde Italiener würgte die Asche und den Staub aus dem Silbergefäß herunter. Die Partisanen schossen in die Decke und vor seine Füße, verhöhnten ihn und brüllten immer wieder: ›Heil und langes Leben unserm Mbret!‹ Was dann geschah, weiß niemand genau. Mit dem Italiener ging eine Veränderung vor. Sein Kopf schwoll unförmig an, und noch viele andere schreckliche Dinge müssen passiert sein. Nur vier der Partisanen entkamen aus den Gewölben, und diese vier waren allesamt wahnsinnig. Der älteste Bruder meines Vaters war einer von ihnen. Man konnte mit ihm teilweise ganz normal reden. Er erzählte, was damals 1944 in den Katakomben der Festung Kanina vorgefallen war – bis zu dem Zeitpunkt, als der italienische Offizier seine Verwandlung durchmachte. An diesem Punkt begann er stets voller Angst furchtbar zu schreien und zu wimmern und verkroch sich in eine Ecke. Manchmal träumte er des Nachts von den Vorkommnissen in den Katakomben, und dann mußte man ihn festbinden, weil er alles in Trümmer schlug und keinen Menschen an sich heranlassen wollte. Er hat sich später erhängt, aus Angst vor dem Mbret.«

    »Dieser Mbret existiert?« Dorian wußte, daß Mbret das albanische Wort für Herrscher war.
    Vavra nickte. »O ja, er existiert. Der Fluch hat sich erfüllt. Durch den Mutwillen der Partisanen entstand der Mbret, aber vielleicht wäre das Ungeheuer auch sonst irgendwie zum Leben erwacht: Seitdem geschehen in dieser Gegend immer wieder schauerliche Dinge. Der Mbret hat Tote aus allen möglichen Zeitaltern wieder zum Leben erweckt und Menschen zu Vampiren gemacht. Immer größer wird seine Macht, immer zahlreicher werden seine Anhänger. Bei den Behörden stoßen wir auf taube Ohren. Die Herren in Tirana glauben an keinen Gott und an nichts Übernatürliches. Diese Einstellung ist ein guter Nährboden für die Saat der Dämonen. Faik und ich hielten hier auf dem Hof aus. Nachts verschanzten wir uns im Haus und sicherten Türen und Fenster mit Knoblauchketten, Kreuzen und Weihwasser. Manchmal hörten wir in der Nacht ein schauerliches Heulen, und ein paarmal sahen wir von fern schreckliche Gestalten. Aber ein Angriff der Untoten erfolgte nie. In der letzten Zeit aber muß etwas geschehen sein, was die Macht des Mbret ungeheuer verstärkt hat. Es wird hier in der Gegend gemunkelt, daß er bald offiziell die Herrschaft über das ganze Land übernehmen und von der Festung Kanina aus ein Schreckensregiment errichten wird, wie zu Zeiten Skanderbegs der Schwarze Bey.«
    Das konnte natürlich Gerede sein, aber Dorian wollte nicht darauf wetten.
    »Die Zeit ist nahe, in der die fürchterlichen Heerscharen des Mbret das Land überschwemmen werden«, so schloß Vavra Noli. »Nur eine dunkle Prophezeiung gibt es – unklar und verworren –, die mir Hoffnung macht. ›Aus fernen Landen wird einer kommen, den das Weib schon viele Male gebar, und den Mbret bekämpfen. Nur er vermag es, den Mbret zu vernichten. Unterliegt er aber im Kampf, so zerbricht mit ihm alle Hoffnung, und er wird zum Dämon der Nacht und Albanien zum Königreich des Mbret.‹ So lautet die Weissagung einer Seherin aus dem 18. Jahrhundert, Dorian Hunter.«
    Der Dämonenkiller war überrascht und tief in seinem Innersten angerührt. Die Prophezeiung bezog sich auf ihn, das war klar. Seit er als Baron Nicolas de Conde 1484 mit dem Bösen einen Pakt geschlossen und dadurch die Unsterblichkeit erlangt hatte, war er in vielen Körpern wiedergeboren worden.
    Sein Aufenthalt in Albanien schien keineswegs nur ein Zufall zu sein.

    Am frühen Nachmittag kam eine Milizpatrouille. Dorian Hunter sah die Soldaten den Weg heraufkommen. Es waren kräftige Burschen mit derben, stumpf wirkenden Bauerngesichtern und strähnigem, schlecht geschnittenem, schwarzem Haar. Sie trugen olivgrüne

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