Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
032 - Die magische Seuche

032 - Die magische Seuche

Titel: 032 - Die magische Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.R. Bruss
Vom Netzwerk:
man ihnen keinen Vorwurf machen konnte. Ich verstand ihre Furcht nur zu gut.
    „Sie möchten, daß ich sie begleite“, sagte Lucie. „Ich habe nein gesagt.“
    „Du solltest besser mit ihnen fahren“, meinte ich.
    Sie sah mich zärtlich an. „Georges, ich habe meine Ohren wieder genau betrachtet, und nun weiß ich nicht … ich weiß nicht mehr. Wenn ich wirklich diese seltsame Krankheit habe, wozu sollte ich dann wegfahren? Und auch wenn ich einen Beweis hätte, würde ich hier bei dir bleiben, mein Liebling. Ich weiß, daß dein Pflichtbewußtsein dir gebietet, hierzubleiben, also bleibe ich auch.“
    Ich nahm sie in die Arme. „Du wirst sehen, es wird alles vorbeigehen. Wir werden es schaffen.“
    Sie weinte an meiner Schulter und ich wußte, warum.
    Wir hatten ungefähr eine Stunde geschlafen, als das Telefon klingelte.
    Ich hob ab und hörte eine weibliche Stimme, die aber so aufgeregt klang, daß ich kein Wort verstand.
    „Mademoiselle Voutel?“ unterbrach ich sie.
    Es war die Tochter des Warenhausbesitzers. „Ja, ich bin es. Kommen Sie schnell, Herr Doktor, mein Vater stirbt! Ich flehe Sie an, kommen Sie sofort! Ich weiß nicht, was er hat, er ist voll Blut.“
    Als ich Edmond Voutel zum letztenmal gesehen hatte, war sein Daumen mit dreißig oder vierzig warzenartigen Erhöhungen bedeckt, einige von ihnen ein bißchen länger als die anderen. Während ich mich hastig anzog, fragte ich mich, was wohl geschehen war. Hatte er versucht, Selbstmord zu begehen?
    Voutel war seit langem Witwer und wohnte zusammen mit seiner Tochter über dem Warenhaus. Marguerite Voutel war eine füllige Brünette von etwa zwanzig Jahren. Als sie mir öffnete, sah ich, daß sie am ganzen Körper zitterte. Während wir die Treppe hochstiegen, berichtete sie mir, was passiert war.
    „Ich habe noch nicht geschlafen, als ich aus dem Zimmer meines Vaters einen Schrei hörte. Ich bin hinübergegangen, um nachzusehen, was los war. Und ich habe ihn gesehen. Es ist so furchtbar … Ich habe Sie gleich angerufen.“
    Das Zimmer war ordentlich aufgeräumt, das Bett noch nicht aufgedeckt. Der große Mann saß in einem tiefen Lehnstuhl, den Kopf zur Seite geneigt, die Augen offen.
    Neben dem Lehnstuhl stand ein Tisch, darauf ein Teller mit einer Rasierklinge. Der Teller und die Klinge waren blutig, aber als ich genau hinsah, bemerkte ich ein kleines, blutiges Häufchen, das aussah, als bestünde es aus zerschnittenen Würmern. Ein Fläschchen reiner Alkohol stand auch auf dem Tisch.
    Das Blut war von Voutels rechter Hand über den gelben Schlafanzug geronnen, den er anhatte. Es war auf den Teppich geflossen, wo es eine beachtliche Pfütze gebildet hatte. In seiner linken Hand hielt er ein Stück Verbandmull.
    Seine Tochter war nahe daran, das Bewußtsein zu verlieren. Ich schickte sie hinaus und bat sie, draußen zu warten. Ich sagte ihr nicht, was ich bereits fast sicher wußte. Ihr Vater war tot. Mir war auch gleich klar, was er versucht hatte, und warum es ihm mißglückt war.
    Es genügten einige Minuten, um zu überprüfen, daß sein Herz tatsächlich nicht mehr schlug, und um die rechte Hand des Toten zu untersuchen, ob sie nicht noch andere Verletzungen trug.
    „Seien Sie tapfer“, sagte ich zu Marguerite Voutel, als ich aus dem Zimmer trat.
    Als sie wieder in der Lage war, zu sprechen, fragte ich: „Wie benahm sich Ihr Vater während der letzten Tage? War er unruhig, nervös oder deprimiert?“
    „Ein wenig, ja, aber besonders beunruhigt war er nicht. Er war stets recht optimistisch. Nur diese Dinger, die auf seiner Hand wuchsen, störten ihn ziemlich. Er hätte sich gern operieren lassen. Sogar dann noch, als Madame Dorne starb. Er sagte, das wäre nicht das gleiche wie bei ihr gewesen, er hätte nichts als kleine Auswüchse an der Hand, die immer länger wurden.“
    Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. „Ich weiß genau, was er getan hat: Er hat versucht, sich selbst zu operieren.“
    Sie begann wieder zu schluchzen.
    „Sie sollten nicht allein hierbleiben“, meinte ich. „Ich werde eine Krankenschwester anrufen, damit sie herkommt und bei Ihnen bleibt. Wir müssen die Leiche Ihres Vaters in die Klinik bringen lassen, verstehen Sie?“
    Sie nickte.
     

     
    Ich rief alle meine Kollegen an, um sie darüber zu informieren, unter welchen Umständen Edmond Voutel ums Leben gekommen war, und um sie zu bitten, in die Klinik zu kommen.
    Um zehn Uhr morgens waren alle da.
    Nach einer sorgfältigen Untersuchung der Leiche

Weitere Kostenlose Bücher