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032 - Die magische Seuche

032 - Die magische Seuche

Titel: 032 - Die magische Seuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.R. Bruss
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Voutels stellte sich heraus, daß er offensichtlich versucht hatte, die Gewächse an seiner Hand nacheinander zu entfernen. Anschließend hatte er die Wunden mit Alkohol gereinigt. Seine Gewächse bestanden hauptsächlich aus Hautgewebe.
    „Wie war das Befinden des Toten vor seinem Ableben?“ fragte Sirval und wandte sich an mich.
    „Er war lange mein Patient“, sagte ich. „Ich behandelte ihn wegen eines Bruches. Voutel wollte aber nicht operiert werden, weil mein Vorgänger ihm davon abgeraten hatte. Sein allgemeiner Gesundheitszustand war gut. Er hatte trotz seines Gewichts ein für sein Alter sehr gutes Herz, Lunge und Leber waren auch gesund. Er war weder zimperlich noch leicht erregbar. Ich bin überzeugt, daß er mit einer gehörigen Portion Kaltblütigkeit an diese Operation heranging, weil sie ihm harmlos und einfach erschien und er nicht einsah, warum er sich von den Gewächsen an seinem Daumen und seiner Hand das Leben versauern lassen sollte.“
    „Es ist ja an sich ein unbedeutender Eingriff“, warf Nelsy ein.
    „Voutel hat auch nicht besonders viel Blut verloren“, sagte ich. „Keineswegs so viel, daß es für ihn lebensgefährlich werden konnte. Also …“
    „Also“, unterbrach mich der Chirurg, „ist er an etwas anderem als am Blutverlust gestorben. Die Operation, die er selbst vorgenommen hatte, durfte trotz der mangelhaften Durchführung keine solchen fatalen Folgen haben, wenn …“
    „… wenn es sich nicht“, übernahm ich das Wort, „um unsere spezielle Krankheit gehandelt hätte. Er ist genauso gestorben wie Madame Dorne, einige Augenblicke nach der Operation, und nachdem er einen kleinen Schrei ausgestoßen hatte. Und ohne daß wir wissen, woran.“
    Über diesen Punkt waren wir uns also einig.
    „Das“, schloß Nelsy, „enthebt uns der Frage nach einer neuen Operation. Denn nun scheint mir der Beweis erbracht. Wenn man diese Leute operiert, tötet man sie. Und man sollte ihnen das auch sagen, damit sie nicht Kurzschlußhandlungen begehen wie Voutel. Auch der Mechaniker, den ich behandelt habe, hätte etwas Derartiges getan, hätte man ihn nicht in eine Zwangsjacke gesteckt. In einem hellen Augenblick hat er es dem Wächter gesagt, der es mir berichtete.
    Alles, was uns zu tun bleibt, ist weiterzusuchen nach Mitteln und Wegen, der Krankheit Herr zu werden.“
     

     

Obwohl der Tod Voutels viel Aufsehen in der Öffentlichkeit erregte, sprach man am Ende der Woche nicht mehr davon. Die neuen Ereignisse hatten ihm den Rang abgelaufen.
    Meine Kollegen und ich registrierten zehn neue Fälle der geheimnisvollen Krankheit. Auch die Mini-Tornados hatten dreimal zugeschlagen und drei Todesopfer gefordert, einmal in der Nähe des Weißen Turms auf dem Plateau, ein zweites Mal mitten in der Ortschaft Lourcenat und ein drittes Mal gleich außerhalb von Hercenat, hinter dem Hügel.
    Die Bevölkerung war fast gelähmt vor Entsetzen, und die Zeitschriften sprachen von unserer Stadt so oft wie damals nach dem Tod Professor Scheelrings.
    Der Bürgermeister, ein freundlicher umgänglicher Mann, ließ einen Aufruf veröffentlichen, in dem die Bevölkerung aufgefordert wurde, die Ruhe zu bewahren. Das hielt jedoch einige weitere Familien nicht davon ab, die Flucht zu ergreifen.
    Die Touristen, die jedes Jahr im Sommer zahlreich kamen, hatten bereits alle die Stadt verlassen, und die Hotels waren leer. Hercenat machte den Eindruck einer sterbenden Stadt.
    Lucie war bereits auf der Terrasse, als ich am Sonntagmorgen aus dem Badezimmer kam. Sie lächelte mir entgegen.
    „Hast du für heute etwas vor?“ fragte ich. „Wenn du möchtest, können wir ein wenig Spazierengehen.“
    „Liebling!“ rief sie, nachdem sie mich einen Augenblick lang zögernd angesehen hatte. „Ich habe nichts mehr wegen meiner Ohren gesagt, aber jetzt bin ich sicher. Schau her, es gibt keinen Zweifel mehr.“
    Sie hob ihr Haar. Es gab tatsächlich keinen Zweifel. Aber sie blieb ruhig.
    Das Telefon läutete. Es war Nelsy.
    „Kann ich dich nach dem Essen abholen?“ fragte er. „Ich hätte Lust, wieder einmal zum Weißen Turm hinauszufahren.“
    Ich antwortete, daß ich ziemlich erschöpft wäre und lieber daheim bliebe.
    „Danke, Liebling“, sagte meine Frau, als ich aufgelegt hatte. Wir drehten das Radio auf und hörten Musik.
    Sie sprach nicht mehr von dem Thema, das uns beide beschäftigte, nachdem sie mich angesehen und gesagt hatte: „Jetzt, da ich es weiß, da ich die Gewißheit habe, werde ich Mut

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