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032 - Seelenträger

032 - Seelenträger

Titel: 032 - Seelenträger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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anzumerken, mit der sie zu Werke gingen. Die jüngeren unter ihnen, die in der Finsternis der Tiefsee-Ebene geboren worden waren, blühten genauso auf wie jene, die noch die Zeit vor dem Rückzug in die Dämmerzone miterlebt hatten. Quan'rill konnte sich noch gut an die ersten Schreckensmeldungen erinnern, als die verkommene Menschheit daran ging, die Ozeane für sich zu erobern. Anfangs war es nicht weiter schwer gewesen, sich vor den U-Booten und Tief seeglocken zu verbergen - doch je weiter die Technik der Oberflächenbewohner voranschritt, umso gefährlicher wurde es, weiter auf dem Kontinentalschelf zu siedeln.
    Diese Felsbänke, die von den Landmassen aus bis zu siebzig Kilometer ins Meer ragen, waren der ursprüngliche Lebensraum der Hydriten. Hier wurde der Atlantik nicht tiefer als zweihundert Meter, sodass genügend Sonnenlicht sie erreichte, das sie zum Leben brauchten.
    Diese küstennahen Gebiete wurden aber auch als erstes systematisch von den Menschen erforscht. Anfangs mussten die Hydriten nur aus den Gebieten zurückweichen, in denen Schwammfischer und Helmtaucher ihr Unwesen trieben, aber als die Oberflächenbewohner begannen, mit autarken Atemluftgeräten zu experimentierten, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie jeden Flecken in erreichbarer Tiefe durchkämmten.
    Zu Zeiten von Mar'os, dem dunklen Urvater, hätten die Hydriten wohl zu ihren Waffen gegriffen, um die Menschheit gewaltsam in ihre Schranken zu weisen. Doch im Laufe der Dekaden war aus ihnen ein friedliebendes Volk geworden, das den Lehren des Ei'don folgte und Konflikte lieber vermied als austrug.
    Außerdem lehrten die Observationen ihrer Beobachter, dass die Lungenatmer zahlenmäßig überlegen waren und eine furchteinflößende Genialität in der Ausrottung fremden Lebens besaßen.
    Über hundert Rotationen (l Rotation = l Jahr) war es nun schon her, dass die Hydriten den schweren Weg in die Finsternis antraten.Nachdem sie ihre Siedlungen dem Meeresboden gleichgemacht hatten, um jede Spur ihrer Existenz zu verwischen, tauchten sie über dem Kontinentalhang hinab in die unergründlichen Tiefen der Ozeane, in die niemals ein Sonnenstrahl vordrang. Einige, die es trotz der künstlichen Lichtquellen nicht so weit unten aushielten, suchten sich Plätze in den Gebirgsketten des Pazifik. Aber auch dort war das Leben unwirtlich und rau.
    Trotz aller Mühsal nahm das Meeresvolk sein Schicksal ohne Klage an. Es fand sich damit ab, nie wieder in die alten Lebensräume zurückzukehren, die von den Menschen immer weiter vergiftet und zerstört wurden. Schweigend sahen die Hydriten ihrem Untergang entgegen.
    Bis der Komet kam, der alles veränderte!
    »Christopher-Floyd« nannten ihn die Menschen, »Geschenk Ei'dons« die Hydriten.
    Er bombte die Pest der Menschheit in die Bedeutungslosigkeit zurück und überzog die Landmassen mit einem eisigen Panzer, der die restlichen Krankheitserreger endgültig ersticken würde. Ja, trotz ihrer Friedfertigkeit feierten die Hydriten das schwere Schicksal der Oberflächenbewohner.
    Vielleicht sind wir doch nicht so zivilisiert wie wir glauben, sinnierte Quan'rill, der die Begeisterung seines Volkes nur bedingt teilte.
    Er konnte einfach nicht die Veränderungen übersehen, die der Kometeneinschlag in den Ozeanen ausgelöst hatte.
    Sicher, die Mutationen beschränkten sich auf die höheren Wasserschichten, und von der Eiszeit, die an Land tobte, war in ihren Tiefen nicht viel zu spüren; trotzdem wurden die Hydriten nicht von den Auswirkungen verschont.
    Mit Schrecken dachte der Wissenschaftler an den Sha'ktopus, der vor fünfzehn Rotationen wie aus dem Nichts aufgetaucht war und schrecklich unter ihnen gewütet hatte. Nur unter hohen Verlusten gelang es ihnen, die bizarre Kreuzung aus Hai und Oktopus zur Strecke zu bringen. Härter als der Kampf mit diesem Monster war nur der erbitterte Streit der Wissenschaftler, ob diese Mutation wirklich auf das Geschenk Ei'dons zurückzuführen sei.
    Quan'rill verdrängte die Erinnerungen an die dunkle Vergangenheit. Die Zeit des Leidens war beendet, nun zählte der Blick nach vorne. Er war dankbar dafür, dass er noch miterleben durfte, wie sein Volk in die helle Oberflächenregion, auf den Kontinentalschelf zurückkehren konnte. Knapp fünfzig Rotationen nach
    »Christopher-Floyd« - er weigerte sich weiterhin standhaft, die Katastrophe als Gottesgeschenk zu bezeichnen – schien wieder ein Leben in alten Bahnen möglich zu sein.
    Nur schade, dass er nicht mehr

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