0320 - Heißes Pflaster Chicago
verschenkt hat, zu erwischen. Wenn er sie trifft und sie den Ring nicht mehr hat, denkt er sich sein Teil und macht sich dünn. Vielleicht ist es dann noch gefährlicher für das Mädchen, weil er annimmt, sie habe ihn verpfiffen.«
Phil zuckte die Achseln.
Um drei Uhr brachen wir endlich auf.
Der Verkehr auf der Rush Street hatte nachgelassen.
***
Am Morgen des 24. September, um neun Uhr waren wir bereits bei der City Police.
Ein Mann namens Larry Laird war dort nicht bekannt.
Und ebenso wenig fanden wir ihn in der Kartothek des FBI.
Entweder hatte sich Daisy Quentin verhört oder ihr spendabler Kavalier war bis jetzt noch nie erwischt worden.
Am selben Vormittag wurde Toby Wardwell verhaftet.
Wir waren noch in der Quincy Street, als Lieutenant Bronx anrief.
»Wardwell wird wegen eines Raubüberfalls gesucht. Er will nicht angeben, wo er wohnt oder besser gesagt, er behauptet, keine ständige Bleibe zu haben. Meiner Ansicht nach kommt er als Mitglied der-Torture Gang in Frage. Derartige Überfälle liegen ganz auf seiner Linie, und gerade die Tatsache, dass wir ein paar Monate nichts von ihm gehört haben, macht ihn verdächtig. Wollen Sie sich den Burschen einmal ansehen?«
Und ob wir wollten.
Wir fuhren sofort zur State Street. Tony Wardell war, und das fiel mir sofort auf, ein Mann, auf den Daisy Quentins Beschreibung zutraf.
Er saß gegenüber von Lieutenant Bronx in dessen Office, rauchte genüsslich eine Zigarette und tat so, als ob er kein Wässerchen trüben könnte.
Als er hörte, dass wir G-men seien, grinste er freundlich.
»Na, dann werden mich die Cops von der Stadtpolizei wohl endlich loslassen können. Wenn irgendetwas passiert, so wird es immer unsereinem angehängt. Immer auf die Kleinen.«
»Wo waren Sie in der vorletzten Nacht?«, fragte ich, ohne auf seinen Protest einzugehen.
»Wo soll ich schon gewesen sein? Ich habe meine Freundin besucht.«
»Wer ist sie und wo wohnt sie?«
»Sie heißt Majorie Vans und hat ein Appartement in der Carmen Avenue 4873. Wenn Sie sich beeilen, so werden Sie sie noch zu Hause antreffen. Majorie ist im Mon Bijou als Zigarettenverkäuferin angestellt und schläft dann lange.«
Mon Bijou war ein Nachtclub in der Randolph Street, und zwar kein sehr vornehmer.
Es war zwölf Uhr fünfzehn, als wir am Appartement von Majorie-Vans klingelten. Wir mussten noch ein zweites Mal klingeln, bis uns aufgemacht wurde.
Wardwell hatte recht gehabt.
Sie kam gerade aus dem Bett und hatte einen Morgenrock über den Schlafanzug geworfen.
Majorie war groß und schlank, hatte große, blaue Augen und glänzendes, naturblondes Haar, das jetzt allerdings unfrisiert und zerzaust war.
»Hallo, was ist los?«, fragte sie lächelnd.
»Wir möchten mit Ihnen sprechen«, antwortete ich und zeigte ihr den FBI-Stern.
»Kommen Sie herein. Sie dürfen nur keinen Anstoß daran nehmen, dass bei mir alles durcheinander ist.«
Sie führte uns ins Wohnzimmer und räumte die Spuren einer Feier, zwei Gläser, einige leere Flaschen und einen übervollen Aschenbecher weg. »Also, schießen Sie los«, sagte sie, nahm sich eine Zigarette aus dem Behälter auf dem Tisch und ließ sich von mir Feuer geben.
»Es handelt sich um Ihren Freund Tony Wardwell«, sagte ich. »War er gestern bei Ihnen?«
»Freund ist etwas zu viel gesagt«, meinte sie. »Wir sind gute Bekannte, und gestern Nacht…? Ja, da war er hier.«
»Sie sind also bereit, ihm ein Alibi zu geben und es zu beschwören?«
»Das kommt darauf an.«
»Auf was?«
»Auf die Zeit«, sagte sie. »Tony kam, so viel ich mich erinnere, gegen zehn Uhr. Zuerst wollten wir einen Bummel machen, ich hatte dienstfrei, und dann überlegten wir es uns anders. Wir tranken hier ein paar Whiskys. Dann… es muss so gegen zwölf gewesen sein, fiel ihm ein, dass er etwas zu erledigen hatte. Er ging weg und kam gegen zwei Uhr wieder. Dann feierten wir weiter bis zum Morgen. Um sieben Uhr warf ich ihn raus.«
»Also war Wardwell zwischen zwölf und zwei Uhr nicht bei Ihnen?«
»Das sagte ich Ihnen ja schon.«
Phil und ich sahen uns an.
Der Raubüberfall auf die Familie Celley war gegen ein Uhr verübt worden. Also hatte der Bursche kein Alibi.
»Und war er auch heute Nacht wieder hier?«, fragte ich mit einem Blick auf die Überbleibsel des Gelages.
»Nein, das war ein anderer, der um vier Uhr heute Morgen noch auf einen Drink herauf kam.«
»Wissen Sie, wo Wardwell wohnt?«, fragte mein Freund.
»Ich kann es im Augenblick nicht
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