0324 - Die Geliebte des Dämons
so höllischen Klemme gesteckt wie nie zuvor. Durch einen Fluch war er zu einem Geistwesen und in den Teil einer Bordwand verbannt worden, wo er jetzt noch steckte. Ohne Chance auf Befreiung.
Wir jedenfalls wußten keine.
Susan Perth hatte uns zwangsläufig verlassen, weil die Kollegen der vom Dienst suspendierten Polizistin einige besondere Fragen an sie hatten und Susan ihnen mithelfen wollte, den Fall bis in alle Einzelheiten zu lösen. Von dem »Bild« wußte nur sie etwas. Ich hatte sie allerdings gebeten, ihren Kollegen nichts darüber zu sagen.
Hoffentlich hielt sie sich an das Versprechen.
Immer wieder schaute ich auf das »Bild«, das mir so vertraut und dennoch fremd war. Dabei wußten wir, daß es kein Gemälde, sondern echt war. In dieser Planke steckte Mandra Korab. Ihn hatte die Magie des Fratzengesichts voll erwischt. Nur einer hätte ihn noch zurückholen können. Aber das Fratzengesicht gab es nicht mehr.
Wir hatten es vernichtet, und so trugen wir gewissermaßen indirekt die Schuld an Mandras Schicksal.
Weder Suko noch ich sprachen es aus, aber jeder von uns dachte es, obwohl wir wiederum auch nicht direkt mit der Vernichtung zu tun gehabt hatten. Die eigentliche »Täterin« war Shao.
Der Inspektor unterbrach das Schweigen. »Wann fliegen wir wieder nach London?«
»Sollen wir überhaupt?« Ich schaute auf das Bild.
Suko lächelte. »Wegen Mandra?«
»Ja. Können wir ihm in London helfen?«
»Weiß nicht. Ob London oder Hongkong. Wir haben keine Spur und müssen alles auf uns zukommen lassen. Das Fratzengesicht existiert nicht mehr, und wir haben bitter dafür bezahlen müssen.«
Da hatte Suko ein wahres Wort gelassen ausgesprochen. Meine Gedanken irrten zurück in die früheren Zeiten. Damals hatte ich mal eine Aufklärungsquote von 100 Prozent. Das war aber Vergangenheit.
Die Fälle waren komplexer und undurchsichtiger geworden.
Niederlagen und Siege wechselten sich ab, wobei man nicht immer sicher sein konnte, was zu einer Niederlage zählte und was zu einem Sieg.
Ich rechnete diesen Fall zu den Niederlagen, obwohl es das Fratzengesicht nicht mehr gab.
Daßes überhaupt dazu gekommen war, hatten wir Shao zu verdanken.
Ihre Kraft und ihre Verbindung zu Amaterasu, der Sonnengöttin, hatten es geschafft, das Fratzengesicht zurückzustoßen, diesen widerlichen Dämon mit dem Januskopf. Wobei einmal der Schädel das Gesicht eines normalen Asiaten gezeigt hatte und zum anderen den Kopf eines Vampirs.
Shao hatte sich dem Unheil gestellt. Hätte sie es nicht getan, hätten wir dann eine Chance gehabt, unseren Freund Mandra Korab zu retten oder ihn vor diesem schaurigen Schicksal zu bewahren?
Ich wußte es selbst nicht.
Wieder schaute ich auf das Bild. Mandras Kopf war in das Holz hineingepaßtworden. Mit dieser alten Schiffsplanke war er eine Einheit eingegangen. Aus einem Menschen war ein Schatten geworden, so sah ich die Sache. Konnte er wieder zurückkommen?
Keiner wußte es. Nur hatte ich ihn Stöhnen und Reden gehört. Das war so schlimm an der Sache. Wahrscheinlich verstand Mandra alles, was wir sprachen, deshalb mußte es auch möglich sein, von ihm eine Antwort zu bekommen. Vielleicht hatte er trotz seiner mißlichen Lage den besseren Durchblick in eine Welt, die wir nur mehr ahnen konnten.
Ich beugte mich zur Seite und starrte das »Bild« an. Manchmal traten die Umrisse des Gesichts stärker hervor. In diesem Falle nicht.
Mandra schien sich zurückgezogen zu haben, denn er gab durch keine Reaktion zu verstehen, daß er irgend etwas bemerkt hatte.
»Mandra!« Ich gab meiner Stimme einen beschwörenden Klang.
»Mandra, hörst du mich? Kannst du mich verstehen, Mandra?«
Auch Suko hatte sich erhoben und war nähergekommen. Er warf mir einen fragenden Blick zu, ich hob die Schultern und schaute weiter meinem indischen Freund ins Gesicht.
»Mandra, bitte…«
Bewegte sich nicht sein Mund? Wurden seine Augen nicht für einen Moment klarer?
Ich hoffte, ich wünschte es. Stand da und hatte die Hände geballt, wobei ich auf meinen Handflächen den Schweiß spürte, der die Haut so glatt machte.
»Vielleicht solltest du ihm mal den Dolch zeigen«, schlug mein Freund Suko vor.
»Ja, das wäre…«
Wir wurden aufgeschreckt, da wir Schritte hörten. Shao kam aus dem Bad. Sie hatte sich frisch gemacht und umgezogen. Auf ihrem Gesicht lag Rouge. Diesmal mehr als sonst. Das hatte seinen Grund.
Shao war erschöpft. Der Kampf gegen das Fratzengesicht hatte sie ungemein
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