0324 - Die Geliebte des Dämons
Raum. Da hatten die Diener des Fratzengesichts gelauert. Eingeschlossen in die Wände, warteten sie auf ihre große Stunde.
Nun war sie vorbei…
Xang stolperte, als er ein loses Brett übersah, unter das sich seine Fußspitze geschoben hatte. Er schleuderte das Brett irgendwo in die Dunkelheit hinein, bevor er seinen Weg weiter fortsetzte. Vielleicht fand er noch ein Erbe, er wollte es nicht hinnehmen, daß das Fratzengesicht so einfach vernichtet worden war.
Nein, nicht so…
Und vielleicht war auch noch der Inder da, der in die Gefangenschaft des Dämons geriet, als er das Fratzengesicht bekämpfen wollte. Xang hatte eine Lampe mitgenommen. Der grelle Lichtstrahl erhellte den unheimlich wirkenden Laderaum und fuhr lautlos über die Innenwände hinweg, ohne auf sein Ziel zu treffen.
Er verschwand nur einmal nach draußen. Das war genau die Stelle, in dessen Wand der Inder gesteckt hatte.
Die Bordwand war hier zerstört worden. Xang konnte sich darauf keinen Reim machen. Einer mußte sich für die Zerstörung verantwortlich zeigen. Xang glaubte mittlerweile daran, daß es einer der beiden Fremden gewesen war.
Er fand keine Spuren und schritt den geheimnisvollen Laderaum bis zu seinem Ende durch. Auch dort sah er nichts. Der Lampenkegel fiel auf eine leere Wand.
Xang verzog das Gesicht, als wollte er jeden Moment anfangen zu weinen. Bis ihn die Wut überkam und er mit der Fußspitze kräftig gegen die Wand trat.
Das hohlklingende Geräusch ließ ihn aufhorchen.
Für wenige Sekunden wagte der Kapitän es nicht, sich von der Stelle zu rühren. Er kannte das Schiff oder hatte zumindest geglaubt, es zu kennen. Sollte sich hinter diesem Stauraum noch einer befinden? Wenn ja, dann ein wesentlich kleinerer, aber zunächst wollte er sich akustisch davon überzeugen.
Der Kapitän drehte sich. Er trat gegen eine andere Stelle der Bordwand, vernahm auch hier den Klang, doch dieser hörte sich wesentlich dumpfer an.
Jetzt war er fast sicher. Durch seinen wütenden Tritt hatte er ein weiteres Geheimnis der Dschunke gelüftet. Plötzlich wurde er aufgeregt.
Nun wollte er es genau wissen. Das Holz war stabil, und er hatte keine Lust, sich den Fuß zu verstauchen. Aus diesem Grunde suchte er nach einem Gegenstand, mit dem er zuschlagen konnte.
Er hatte ihn sehr rasch gefunden. Es war ein stabiler Balken, der einiges aushalten konnte.
Xang nahm ihn in beide Hände, holte aus, bückte sich dabei und hämmerte den Balken gegen die Stelle, hinter der es so hohl geklungen hatte. Abermals klang es so, nur hörte er gleichzeitig das Splittern und gab ein rauh klingendes Lachen ab.
Noch dreimal mußte er zuschlagen, dann hatte er eine Öffnung in der Wand geschaffen.
Er bückte sich und packte die hervorstehenden Lattenkanten. Hart riß er daran, setzte seine gesamte Kraft ein, erweiterte das Loch von Sekunde zu Sekunde und atmete auf, als es so groß war, daß er hindurchschlüpfen konnte.
Zu sehen war nichts. Er traute sich auch nicht, in den anderen Raum oder das ihm unbekannte Verlies hineinzuleuchten, denn er spürte, daß in der Dunkelheit etwas lauerte.
Tief holte er Atem, bevor er sich bückte und flüsterte: »Wer bist du? Zeig dich…«
Xang bekam eine Antwort. Sie bestand nur aus einem unheimlichen, rätselhaften und geheimnisvollen Wort.
»Kataya!« raunte es. »Kataya…«
***
Es gibt Menschen, die trinken, wenn sie deprimiert sind, eine Flasche Whisky leer. Andere setzen sich in die Ecke und heulen, wieder andere laufen Amok.
Je nach Temperament und Einstellung.
Sukound ich taten nichts dergleichen. Zwischen uns stand nur ein Tisch, um uns herum lagen kleine zertrümmerte Möbel, und wir heulten auch nicht. Wir saßen nur da.
Schweigend hockten wir in dem Hotelzimmer und starrten die Wand an. Auf dem zwischen uns stehenden Tisch lag eine Schiffsplanke, fast quadratisch.
Normales Holz, das gebe ich zu, aber dennoch war es der Grund für unsere Depression, denn innerhalb des Holzes zeichneten sich die Umrisse eines Gesichts ab.
Eines Gesichts mit – die Inder würden sagen – edlen Zügen, dunklen Augen, einer hohen Stirn, einem vollen Mund, hochstehenden Wangenknochen und einer geraden Nase.
Das Gesicht eines Freundes.
Mandra Korab!
Nur dieser eine Name beschäftigte meine Gedanken, wobei Suko sicherlich auch nicht anders dachte. Wir waren nach Hongkong gekommen, um den indischen Freund zu retten und ihm einen seiner Dolche zurückzugeben. Es war uns nicht gelungen. Mandra Korab hatte in einer
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