0324 - Die Geliebte des Dämons
des mit dem grünlichen und jetzt flackernden Licht ausgefüllten Stollens stand ich da als Zuschauer, der zusah, wie er verschont blieb.
Ich überlegte, dachte nach, zu einem richtigen Ergebnis kam ich nicht.
Für mich war nur klar, daß sich das Böse zurückzog und mich dabei vergaß.
Aber wieso? Wer hatte dafür gesorgt? Ich bestimmt nicht, denn mein Part war in diesem Spiel nicht über den eines Statisten hinausgegangen.
Hier hatten ganz andere Kräfte eingegriffen.
Da ich mich außer Gefahr befand, dachte ich auch wieder an meine Freunde, deretwegen ich den beschwerlichen Weg auf mich genommen hatte. Bisher war von ihnen nichts zu sehen gewesen.
Wo steckten sie?
Sollte ich schreien, ihre Namen rufen oder tiefer in den Berg hineinlaufen und damit dem Sog folgen?
Ich entschied mich für die letzte Möglichkeit, war kaum gestartet, da hörte ich einen Schrei.
Ich stoppte, meine Hand raste zur Beretta, als ich die beiden erkannte, wie sie aus dem grünlichen Dämmer des Ganges erschienen.
Shao und Suko!
Wir sahen uns zur gleichen Zeit. Ich hörte Sukos Ruf, der mir fast wie ein Jubelschrei vorkam.
Zu sagen hatten wir uns viel, doch wir schwiegen. Zunächst einmal mußten wir diesen Berg verlassen.
Shao nahmen wir in die Mitte und unterstützten sie von zwei Seiten.
Sie hielt mit uns Schritt, während hinter uns das Brausen und Heulen allmählich abnahm.
»Kataya hat sich zurückgezogen«, sagte Suko, als wir den Berg verlassen hatten und die Nachtluft einatmeten.
»Was ist denn nun Kataya?« fragte ich.
Shao gab mir eine Antwort. »Kataya ist eine Philosophie. Sie ist das Böse. Man kann sie sich wünschen…«
Ich mußte meine beiden Freunde wohl so perplex angeschaut haben, daß sie gleichzeitig anfingen zu lachen…
Der deutsche Taxifahrer hatte gewartet und brachte uns bis zum Hilton-Hotel. Fragen hatte er sich verkniffen und nicht einmal eine Bemerkung über Shaos Kleidung abgelassen.
Erst beim Aussteigen sagte er: »Nur gut, daß ich alles mit Fassung trage und mich nichts mehr so leicht aus der Ruhe bringen kann. Sonst säße ich schon längst in einer Anstalt.«
»Wir auch«, erwiderte ich und schlug die Tür zu.
In Sukos Zimmer lag noch die Tote. Als wir sie sahen, fielen uns die Ereignisse wieder ein. Shao und Suko hoben die Schultern. Sie wußten nicht so recht, was sie sagen sollten.
»Das mußt du verstehen, John«, meinte Suko, wobei er ein wenig stotterte. »Ich mußte zu Shao halten und wollte es allein durchstehen. Ich merkte, daß sie unter einem Bann stand. Deshalb…«
»Habe ich die Sache schon längst vergessen«, sagte ich und berichtete den beiden von meinem Telefonat mit Sir James.
»Was ist in London los?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte ich. »Aber wir müssen hin.«
»Und die tote Susan?«
»Das regeln wir vorher.«
Suko nickte, während Shao ein anderes Problem anschnitt. Es war genau das, weswegen wir die lange Reise nach Asien hinter uns gebracht hatten.
»Was ist mit Mandra Korab?«
Ja, was war mit ihm? Gab es ihn noch? Oder war das, was auf dem Tisch lag und ich nun an mich nahm, das letzte, was wir je von ihm sehen würden?
Nur ein Bild?
Shao senkte den Kopf. »Ich weiß, daß es mein Werk ist, und ich hoffe, daß ich Mandra damit nicht getroffen habe, als ich das Bild mit dem Messer anging.«
Keiner von uns wußte eine Antwort. Bis ich schließlich sagte: »Wir nehmen es mit. Mehr können wir für Mandra im Augenblick nicht tun…«
ENDE des Dreiteilers
[1] Siehe John Sinclair Taschenbuch Nr. 73 041 »Die Grabräuber«
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