0324 - Die Geliebte des Dämons
auch.«
»Dann hilf uns.«
Shaosgroße Augen wurden noch größer, als sie mich anschaute.
»Du hast gut reden. Habe ich euch nicht schon einmal geholfen und auf gewisse Art und Weise versagt?«
»Nein, das hast du nicht. Denk daran, daß Mandra zuvor schon eingeschlossen war.«
»Was hat das damit zu tun? Wäre das Fratzengesicht noch am Leben, hättet ihr es unter Umständen zwingen können…«
»Wir wußten ja nichts von Mandra«, unterbrach ich sie.
Shao konnte nicht mehr wechseln. Deshalb schwieg sie.
Suko dachte schon weiter. »Es wäre wohl besser, nicht nach London zurückzudüsenund einfach hierzubleiben. Meiner Ansicht nach muß das Fratzengesicht ein Erbe hinterlassen haben. Wir könnten doch bestimmt noch Spuren seiner Tätigkeit finden.«
»Der Meinung bin ich auch.«
Ich stand auf und ging zum Telefon. »Ich werde ein Gespräch nach London anmelden.«
»Weißt du, wie spät es ist. Sir James wird…«
»Ist egal.« Meinetwegen konnte der Superintendent im Bett liegen, das spielte keine Rolle. Er war auch nicht sauer, wenn er hörte, daß ich ihn anrief, denn es gab genügend Probleme. Ich hielt den Hörer bereits in der Hand, als ich das Stöhnen vernahm.
Sofort ließ ich ihn wieder auf die Gabel fallen und drehte mich um.
Weder Shao noch Suko hatten den Laut ausgestoßen, sie schauten ebenso gespannt wie ich. Das war jemand anderer gewesen, und da gab es für mich nur eine Lösung.
Mandra Korab!
Ich trat neben den Tisch und schaute auf sein Gesicht. Auch Suko war nähergetreten. Selbst Shao hatte es nicht mehr in ihrem Sessel gehalten.
Niemand von uns redete. Die Stille innerhalb des Raumes fiel auf.
Nur das Summen der Klimaanlage hörten wir.
»Das war doch Mandra!« hauchte der Inspektor.
Ich hob die Schultern. Am Gesicht unseres indischen Freundes hatte sich nichts verändert. Nach wie vor lag die Qual in seinen Zügen. Hin und wieder zuckten seine Lippen, und auch die Augendeckel bewegte er.
»Mandra!« flüsterte ich. »Was hattest du uns sagen wollen? Was ist geschehen?«
Konnte er mich sehen? Hatte er meine Frage verstanden? Ich war mir nicht sicher. Jedenfalls las ich in seinen Augen einen gequälten Ausdruck, und auch die Lippen zuckten. »Bitte, Mandra, rede! Was hast du gemacht? Was ist passiert?«
»Es ist…«
Wir drei hörten seine Worte und waren blaß geworden. Shao trat einen Schritt zurück, als hätte sie Angst, von Mandra Korab irgendwelche Vorwürfe zu hören. »Mandra!« sagte ich eindringlich. »Wo bist du? Wo hat man deinen Körper hingeschafft?«
»Ich…«
Er quälte sich. Wir sahen es. Er wollte uns einen Hinweis geben, aber er konnte noch nicht.
Es wurden bange, unheimliche Sekunden für uns, und wir fieberten einer Antwort entgegen.
»Er ist da…«
»Wer?«
»Vorsicht…«
»Mandra, bitte…«
»Denkt daran. Es ist geweckt worden. Es durfte nicht sein, aber es kommt jetzt.«
Er wurde nicht deutlicher. Ich hakte nach. Auch Suko fragte. Nur Shao hielt sich zurück. Uns war klar, daß Mandra uns vor irgend etwas warnen wollte. Nur mußten wir nicht, was dies sein konnte.
Eine Gefahr, die geweckt worden war. Da gab es viele. Nur mußte die, die Mandra meinte, sehr bedeutungsvoll sein.
»Von wem sprichst du, Mandra?« wollte ich wissen. »Bitte, rede doch! Welche Gefahr ist es!«
Wir ließen ihn nicht aus den Augen. Unsere Blicke hakten sich an seinem Gesicht fest. Er sollte uns eine Antwort geben, auch wenn es ihm schwer fiel. Vielleicht bekamen wir dann eine Spur. Möglicherweise von dem Fratzengesicht oder dessen Erbe, denn ich war davon überzeugt, daß dieser Dämon noch etwas hinterlassen hatte, mit dem sich Mandra Korab nun herumquälen mußte.
Und er gab die Antwort. Sie bestand aus einem Wort. Wir mußten schon sehr genau hinhören, um es zu verstehen.
»Kataya… Kataya …«
Kaum war der letzte Buchstabe über seine Lippen gedrungen, als Shao aufschrie…
***
Xang hockte vor dem Loch. Auch er hatte die Botschaft verstanden, die nur aus einem Wort bestand, und seiner Kehle entrang sich ein heiseres Stöhnen.
Kataya!
Ihn fröstelte plötzlich. Über seinen Rücken lief ein kalter Schauer.
Am liebsten wäre er geflohen, so weit weggelaufen, wie es nur möglich war, doch er blieb in seiner Haltung sitzen.
Er starrte in die vor ihm liegende Finsternis. Seine Gesichtszüge wirkten dabei wie erstarrt. Sehen konnte er nichts. Es gab weder einen Menschen noch ein Monster, das da vor ihm lauerte. Dennoch hatte er die Stimme
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