0327 - Wer die Blutfrau lockt
kann doch nicht alles gewesen sein!« stammelte die alte Dame fassungslos. Doch da hatte Professor Zamorra schon sein Köfferchen ergriffen und stürmte die Treppe hinab.
»Wir wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie unser Gepäck in Ihre Wohnung bringen könnten. Wir holen es später. Leider bleibt uns keine Zeit für Erklärungen!« rief ihr Nicole Duval zu. Dann lief sie hinter Professor Zamorra her.
Kopfschüttelnd sah ihr die Nachbarin nach.
Seltsame Leute waren diese Franzosen. Man muß doch alles erst bei einer Tasse Tee überdenken, bevor man handelt…
***
»Die gleichen parapsychischen Schwingungen. Es war ihre Handtasche!« stellte Professor Zamorra fest, als das Amulett aufleuchtete. »Wir müssen hinterher und sie finden, bevor es zu spät ist!«
»Sie gestatten, daß ich da nicht ganz mitkomme!« mischte sich der Inspektor ein. »Sagen Sie bloß, Sie glauben an eine Entführung!«
»Ganz richtig!« nickte Professor Zamorra. »Eine Entführung unter dem hypnotischen Zwang eines Dämonenwesens, wie mir mein Amulett zu verstehen gegeben hat!«
»Ich bin Kriminalist!« beharrte George Scandler. »Für mich zählen nur greifbare Tatsache. Dämonen und Teufel gibt es nicht.«
»Ich bitte Sie trotzdem, mir zu vertrauen. Sie müssen mir helfen, Inspektor. Sonst schaffen wir es nicht, sie zu befreien. Jede Sekunde zählt!« preßte Zamorra hervor. »Ihr Wagen mit Blaulicht und Sirene ist schneller und kommt besser durch als ein Taxi !«
»Wenn ich Ihnen nur glauben könnte…!« Die Stimme des Inspektors klang nachdenklich. Die Angelegenheit war mehr als seltsam. Doch dieser französische Professor wußte genau, was er tat. George Scandler hatte nicht den Eindruck, es mit einem Scharlatan oder Wichtigtuer zu tun zu haben.
»Gut. Wir nehmen unseren Wagen!« nickte er dann. »Aber ich komme in Teufels Küche, wenn Ihre Vorahnung nicht stimmt!«
»Sie können meine Identität gern prüfen lassen!« erklärte Zamorra. »Ich habe in verschiedenen Dingen öfter mit Beamten vom Yard zusammengearbeitet. Beispielsweise mit Inspektor Kerr, der jetzt tot ist. Oder mit Oberinspektor John Sinclair…!«
Mit diesen Worten erreichten sie Scandlers Wagen. Nicole quetschte sich mit den beiden Beamten, die Scandlers Assistenten waren, auf die Rückbank, während Professor Zamorra vorn Platz nahm und das Amulett vor sein Gesicht hielt. Er schien in Trance zu versinken.
»Fahren sie. Ich sage Ihnen die Richtung!« befahl der Meister des Übersinnlichen. »Und ich spüre, daß wir uns beeilen müssen. Sonst ist Marenia Melford tot. Und dann ist sie verloren…!«
Als einer der Beamten das Blaulicht aus dem Seitenfenster mit dem Magnet am Wagendach befestigte und die Sirene eingeschaltet wurde, bog der Polizeiwagen bereits mit quietschenden Reifen in die nächste Straße, die Professor Zamorra nannte…
***
Marenia Melford versuchte verzweifelt, um Hilfe zu schreien. Dieses uralte Haus in der heruntergekommenen Gegend jagte ihr fürchterliche Angst ein. Die Menschen, die sie mit Stanley Carter aus dem Taxi steigen sahen, blickten sie teilnahmslos an.
»Hilfe. Ihr müßt mir helfen…!« flüsterte es tonlos von Marenias Lippen. Doch der Dämonenzwang, der sie band, war so stark, daß ihre Worte nicht zu vernehmen waren. Nur das Beben ihrer Lippen konnte man erkennen. Und den unsicheren Schritt, mit dem sie dem Unheimlichen durch den Torbogen des halb verfallenen Hauses folgte.
»Ihr dürft mich nicht mit ihm gehen lassen! Helf mir… bitte!« hauchte Marenia. Niemand reagierte.
»Komm!« Die Stimme des Teufelsdiener klang befehlend. Und Marenia Melford folgte ihm mit schlotterndem Körper. Alles in ihr schrie auf, als er die dunkle Tür öffnete und sie die ausgetretenen Stufen sah, die hinab führten. Dämonischer Zwang riß sie vorwärts.
Tiefer und immer tiefer ging es hinab. Die mit Backsteinen gemauerten Wände gingen über in nackten Fels. Und dann stand Marenia vor einer Tür aus wurmstichigen Eichenbohlen, die vom Alter rissig waren. An den Wänden spendeten schwache Glühbirnen ein trübes Licht.
Marenia kämpfte mit ihrem Körper, der den Dienst versagte. Sie wollte sich umdrehen und die Treppe hinaufstürmen. Fliehen… egal wohin… nur weg von diesem grauenvollen Ort…
Unmöglich. Der Zauberbann des Unheimlichen ließ sie nicht los. Mit schreckgeweiteten Augen und bebenden Lippen mußte Marenia zusehen, wie der Mann, der sich ihr als Stanley Carter vorgestellt hatte, einen unförmigen Schlüssel mit
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