0327 - Wer die Blutfrau lockt
für weitere Jahre Erdenwandelns Kräfte geben. Dein Unsterbliches sinkt hinab in die tiefsten Schlünde der Hölle, wo Satan sich an dir erfreuen wird!«
»Du willst mich mit einem Opferdolch umbringen!« stieß Marenia angstvoll hervor. Der bloße Gedanke an den Schmerz machte sie irre vor Angst.
»Ich werde mich zu dir hinabbeugen und meine Lippen auf die deinen legen. Und dabei werde ich das Leben aus deinem Munde trinken und hinab saugen. Mit deinem Atem entweicht es und ich nehme es in mich auf!« In den Augen des Teufelsdieners wurden die glimmernden Rotpunkte immer intensiver.
»Geh weg von mir. Verschwinde. Du ekelst mich an!« kreischte Marenia, als sich Stanley Carter wie in Zeitlupe über sie beugte. Sie spürte seinen stinkenden Atem, der ihr fast das Bewußtsein nahm. Marenia wand sich in ihren Ketten und versuchte, dem ekelhaften Kuß zu entgehen. Immer näher kam das abstoßend häßliche Gesicht, durch dessen Augen die Gier des Dämonen glühte.
Und dann war es soweit. Die eisigen Lippen Carters berührten ihren Mund.
Irgendwo entstand ein schwarzer Punkt vor ihrem Bewußtsein, der schneller und immer schneller größer wurde. Oder wurde sie von dieser Schwärze angezogen? Marenia riß wieder die Augen auf. Aber da war nur das fratzenhafte Gesicht des Teufelsdieners - und die Schwärze war immer noch da.
»Der Tod!« dachte Marenia. »Das ist der Tod!« Ihr fiel ein, daß man in verschiedenen Büchern über Jenseitsforschung von einem hellen Licht geschrieben hatte, das der Sterbende sieht. Er geht darauf zu und verschmilz mit ihm. Keine Frage, daß mit diesem Licht die ewige Seeligkeit gemeint war.
Und diese Schwärze? Das konnte nur die Verdammnis sein, die sie jetzt zu sich heran riß. Marenia versuchte, sich dagegen zu wehren. Unmöglich. Mit jedem Atemzug, den der Teufelsdiener von ihren Lippen in sich aufnahm, schwanden ihre Kräfte dahin. Und ihr Leben verging mit jedem Hauch.
Immer näher kam die lodernde Schwärze, die Marenia umschlang wie ein nachtfarbenes Leichentuch. Und dann - war es plötzlich vorbei.
»Jetzt… jetzt bin ich tot!« signalisierte Marenia Melfords Bewußtsein.
Doch im gleichen Moment wurde sie zurückgeschickt.
Leben, das kein Leben war, erfüllte ihren erkalteten Körper.
Stanley Carter prallte zurück, als er die spitzen Zähne Marenias auf seinen Lippen verspürte. Und die Bißnarben an ihren Hals, über die er eben noch mit seinen Fingern gestrichen hatte, verschwanden spurlos.
Marenia Melford war jetzt tot. Aber ihr Tod bedeutete für sie das Leben eines Vampirs…
***
Professor Zamorra überblickte die Situation sofort. Er sah den Unheimlichen, der sich über die regunglos liegende Frau beugte. Das Amulett, das er an der Kette in der Hand trug damit Merlins Stern ihm den Weg wies, sirrte durch die Luft -und erreichte sein Ziel.
Der Teufelsdiener heulte auf, als ihn die Silberscheibe im Nacken traf. Er richtete sich hoch auf, und sein Kreischen ließ Inspektor Scandler den Atem stocken.
Im selben Moment, als Zamorras Amulett den Körper des Uralten traf, starb in seinem Inneren der Dämon, der ihn beherrschte.
Stanley Carter brach zusammen. In den hervortretenden Augen glotzte Unverständnis als ihm Inspektor Scandler Handschellen anlegte und ihm die übliche Verhaftungsformel sagte.
Stanley Carter, der Teufelsdiener, lebte und er war dennoch tot. Denn er hatte kein Bewußtsein mehr und würde in einer geschlossenen Anstalt seine letzten Tage verdämmern.
»Ein Wahnsinniger!« stieß der Inspektor hervor. »Ein Wahnsinniger wollte sie töten !«
»Nein, der Mann war von einem Dämon besessen!« beharrte Professor Zamorra. »Als ihn vorhin mein Amulett berührte, starb dieser Dämon in seinem Inneren. Er ist jetzt nur noch eine menschliche Hülle. Die Hölle läßt ihn weiterleben bis zu dem Tage, am dem ihm der Tod als Freund naht. Dieses menschliche Wrack ist für das, was er getan hat, nicht mehr verantwortlich zu machen!«
»Würde einer der Herrschaften vielleicht mal die Güte haben und mich losmachen?« klang die Stimme der Frau auf, die immer noch auf dem Streckbrett angekettet war. »Ich bin Marenia Melford und dieser Irre hat mich entführt um mich…!« Sie brach ab, als könne sie so etwas Gräßliches überhaupt nicht aussprechen.
»Sie bleibt festgekettet!« sagte Professor Zamorra und hielt den Inspektor zurück. »Ich spüre, daß hier etwas nicht stimmt!«
»Was?« stieß Marenia hervor. »Ihr wollt mich hier liegenlassen.
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