0328 - Wir legten einen Köder aus
und das einzige Reservemagazin hinein, das er noch besaß. Seine Hoffnung auf einen nennenswerten Geldbetrag wurde innerhalb einer Woche nun schon zum dritten Mal nicht erfüllt.
In der Tankstelle hatten sie knapp zweihundert Dollar erbeutet.
In der Baubaracke waren es zehn Dollar gewesen.
Bei dem Briefträger fielen Jackson vierundzwanzig Dollar und achtundsiebzig Cent in die Hände.
Enttäuscht hockte er sich neben dem Bewusstlosen auf eine Kiste, stützte den Kopf in die Hände und stellte sich wieder jene Frage, die ihm seit fast zwölf Stunden nicht mehr aus dem Sinn gekommen war: Warum hatte sein Bruder Everich ihn verraten?
All seine Hoffnungen hatte er auf ihn gesetzt, auf den sagenhaft reichen Bruder in New York, der in Hehlerkreisen eine große Rolle gespielt hatte. Dieser Bruder hatte ihn verraten.
Er hatte ihm am Telefon die Baustelle als das idealste Versteck für die Nacht beschrieben. Er hatte versprochen, sie im Morgengrauen an einen anderen, sicheren Ort zu bringen. Und dann hatte er ihnen die Polizei auf den Hals gehetzt.
Wenn er, Thomas, nicht Wachen eingeteilt und selbst die erste Wache übernommen hätte, hätten sie auch ihn geschnappt.
Nur seinem scharfen Gehör hatte er es zu verdanken, dass er die Schritte, das leise Quietschen des Tores und wenig später das leise Trappeln vieler, vieler Männerstiefel gehört hatte.
Die Lage schien aussichtslos. Aber dann hatte der im letzten Augenblick den Bagger entdeckt, den Bagger mit seinem hochhängenden Baggerlöffel, der genug Platz bot, wenn man sich zusammenkauerte. Aber nun war es Tag. Von allen Anschlagsäulen sah sein Steckbrief herab.
Wahrscheinlich zeigten sie auch schon in allen Fernsehprogrammen sein Bild. Gesucht vom FBI! Gesucht wegen Mordes!
In den Zeitungen, auf den Fernsehschirmen, in allen Bahnhöfen und Busstationen - überall sein Bild mit der dicken Schlagzeile des FBI.
Und er besaß nur einen läppischen Betrag, eine Pistole und ein einziges Reservemagazin.
Bis zu einem gewissen Punkt durfte er die Hoffnung nicht aufgeben.
Aber jenseits dieses Punktes wäre es dummgewesen, sich noch Hoffnung zu machen.
Und er fürchtete, dass er diesen Punkt überschritten hatte.
Die Entscheidung war durch den Verrat seines Bruders gefallen. Warum, warum in aller Welt hatte er ihn verraten?
Er, Thomas, war seinem Bruder nicht ins Gehege gekommen, in keiner Weise, also entfiel der einzige Grund, der seiner Überzeugung nach einen Verrat gerechtfertigt hätte. Oder, der junge Jackson stutzte, oder war er seinem Bruder doch in die Quere gekommen? Hatte er, nur durch sein Auftauchen, Gefahr für die großen Geschäfte des Älteren heraufbeschworen? Thomas Jackson fuhr sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen.
Sein Herz klopfte schneller. Dieser Gedanke hatte Gewicht, das spürte er.
Hier musste die Erklärung für den Verrat seines Bruders zu finden sein. Er hatte ihn durch sein Erscheinen absichtslos in Gefahr gebracht. Wobei die Gefahr nicht etwa Bloyds Leben bedrohen musste. Es genügte, wenn sie dem drohte, was er besaß: seinem Geld, einem Mädchen oder irgendetwas anderem, das er gerade in diesem Augenblick schätzte.
Er raffte sich auf, huschte leise die Kellertreppe hinauf, lauschte und verließ unbemerkt das Haus.
Aber in derselben Sekunde regte sich auch im Keller der bewusstlose Briefträger…
»Warum hast du uns verpfiffen, Evy?«, fragte Thomas Jackson und presste den Telefonhörer gegen sein Ohr, dass es schmerzte. »Warum, Evy? Sag mir wenigstens: warum?«
»Weil du ein einfältiger Narr bist! Ein Dummkopf, wie er mir in meinem Leben noch nicht begegnet ist! Knallt einen Mann und eine Frau nieder für nichts und wieder nichts!«
»Sie hätten uns beschreiben können, Evy«, sagte Thomas Jackson. Er sagte es beinahe sanft.
»Ich denke, ihr trugt Masken?«
»Ja. Aber trotzdem. Die Augen, die Frisur, die Kleidung, die Haltung - was weiß ich noch.«
»Oh, was soll man nur dazu sagen!«, stöhnte der Alte. »Ihr habt sie erschossen wie tollwütige Hunde! Und? Was habt ihr erreicht? Schon nach ein paar Stunden hatte das FBI nicht nur eine Beschreibung von euren Klamotten, sondern eure Personalien, eure Fotos, eure Fingerabdrücke und alles, was sich die G-men nur wünschten.«
»Ehrlich, Evy, ich verstehe das nicht. Darüber habe ich die ganzen Tage nachgedacht. Ich weiß nicht, wie sie es gemacht haben.«
»Du verfluchter Narr. Sie machen es, wie sie es immer machen! Sie kämmen die Gegend ab und
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