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ihr passieren konnte, war, dass er ein zweites Mal Nein sagte.
In Windeseile ritt Reina durch die sternenklare Nacht. Vor Aufregung schlug ihr bei der Vorstellung, dass sie Clay wieder sehen und ihm sagen werde, sie liebe ihn, das Herz bis zum Hals. Sie ließ dem Pferd freien Lauf und wusste, sie strengte es sehr an, doch das war ihr gleich. Nur Clay war jetzt von Bedeutung. Nur er war jetzt für sie wichtig.
Sie war entzückt, als sie vor sich die Lichter der Stadt sah. Bald würde sie bei ihm sein. Bald konnte sie ihm die Wahrheit sagen, und dann würde alles in Ordnung kommen.
Vom Vater wusste sie, dass Clay sich im Perdition-Saloon ein Zimmer gemietet hatte.
Daher ritt sie direkt zum Saloon. Ihr war klar, dass sie allen Mut zusammennehmen musste, um das Lokal zu betreten. Damen ihres gesellschaftlichen Standes frequentierten solche Etablissements nicht. Sie wusste jedoch auch, dass der Lohn, der ihrer dort harrte, es wert war, sich über Anstandsregeln hinwegzusetzen.
Sie hielt das Pferd vor der Kneipe an und schwang sich aus dem Sattel. Zitternd strebte sie zum Hauseingang. Vor der Schwingtür blieb sie stehen und wollte erst einen Blick in das Lokal werfen, ehe sie es betrat. Sie lugte über die Kante der halbhohen Tür und schnappte nach Luft, weil Clay mitten im Raum stand und von einem Animiermädchen geküsst wurde.
Wut wallte in ihr auf. Es war jedoch nicht Wut auf ihn, sondern auf sich selbst. Es war nur ihre Schuld, dass er eine andere Frau küsste. Sie hatte ihn dazu getrieben.
Aber verdammt wollte sie sein, wenn sie zuließ, dass diese andere Frau ihn bekam.
Er gehörte ihr!
Jäh kam ihr ein schrecklicher Einfall. Sie mochte Clay für sich beanspruchen, doch was war, wenn er sie nicht haben wollte? Nach all dem Ärger, den sie ihm gemacht hatte, hätte sie ihm das nicht verargen können. Sie hatte jedoch vor, Wiedergutmachung zu leisten, sobald sie mit ihm reden und alles in Ordnung bringen konnte.
Sie hielt sich vor, er habe ihr bei seinem Heiratsantrag gesagt, er liebe sie, und schöpfte neue Zuversicht. Erneut warf sie einen Blick in den Saloon, noch rechtzeitig genug, um Clay allein die Treppe hinaufgehen zu sehen. Das Animiermädchen beobachtete ihn vom Fuß der Treppe her.
Reina war sich nicht sicher, ob es ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war, dass er vor dem Barmädchen die Treppe hinaufging. Sie überlegte, ob er wirklich zu Bett gehen wollte oder damit rechnete, die Frau werde ihm etwas später folgen. Sie war nicht sicher, wie Männer in einer solchen Situation die Dinge zu arrangieren pflegten. Als sie einige Augenblicke später das Animiermädchen hinter ihm die Treppe hinaufgehen sah, beschloss sie, nicht zu warten, um die Antwort auf diese Frage herauszufinden. Wenn Clay eine Frau haben wollte, dann sollte er eine bekommen, und zwar sie selbst. In der Hoffnung, niemand würde wagen, sie aufzuhalten, setzte sie ihre stolzeste, arroganteste Miene auf und betrat den Saloon.
„Welche Nummer hat Mr. Cordells Zimmer?" erkundigte sie sich würdevoll bei George.
Schockiert schaute er auf und sah die vornehme Miss Reina Alvarez mitten im Raum stehen. Er hatte sie schon früher aus der Distanz gesehen, aber noch nie so nah. Er fand, sie sähe sogar noch besser aus, als er bisher gemeint hatte. Sie trug eine weiße Bluse, einen ledernen Reitrock, eine dazu passende Weste und Reitstiefel. Durch die Kleidung wurden ihre weiblichen Rundungen betont. Und ihr Haar! Oh, ihr Haar!
Was würde ein Mann nicht mit diesen seidigen Locken machen wollen! George schluckte zweimal und versuchte, die Sprache wieder zu finden.
„Nun?" fragte Reina und wunderte sich über seine Sprachlosigkeit. Ungeduldig blitzten ihre braunen Augen ihn an.
„Zwanzig", antwortete er schließlich.
„Danke", erwiderte sie knapp.
Kurz vor ihrem Erscheinen im Saloon hatte Frenchie die Treppe betreten, um zu versuchen, Mr. Cordells Sinn zu ändern. Als sie Miss Alvarez bemerkte, wusste sie, dass sie keine Chance hatte. Sie blieb, die Hand auf dem Geländer haltend, stehen und wartete darauf, dass die junge Dame an ihr vorbeikam.
Zielstrebig schritt Reina hoch erhobenen Kopfes, damit niemand wagte, sie aufzuhalten, durch den Raum. Als sie auf der Treppe an dem Animiermädchen vorbeikam, warf sie ihm einen frostigen Blick zu. Die Miene der anderen Frau war jedoch so freundlich und belustigt, dass Reina plötzlich lächelte.
„Das dritte Zimmer rechts", äußerte Frenchie hilfreich.
„Danke", flüsterte
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