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angenehm, sich die eigene Schwäche eingestehen zu müssen. Er trank wieder einen Schluck Whisky und dachte dabei, es sei seltsam, dass er hier saß und seit mehr als einer Stunde Vergessen im Alkohol suchte, ohne die Auswirkungen des Whiskys zu spüren. Seine Gedanken kreisten immer noch um Reina, um sie und seine Liebe zu ihr. Das irritierte ihn, und er füllte das Glas auf.
Frenchie war überrascht gewesen, als sie Mr. Cordell nach einigen Stunden in die Kneipe zurückkehren gesehen hatte. Sie hatte nicht damit gerechnet, ihn schon so schnell wieder zu sehen, sondern angenommen, er habe sich mittlerweile mit der reichen Miss Alvarez verlobt. Unwillkürlich überlegte sie, ob etwas schief gegangen sei. Die Versuchung war groß, sich zu Mr. Cordell zu begeben, doch sein früheres kühles Verhalten hielt sie davon ab. Abwartend blieb sie an der Bar sitzen.
„Was meinst du, George?" wandte sie sich leise an den Barmann. „Sollte ich deiner Meinung nach zu Mr. Cordell gehen und mit ihm reden?"
George wurde blass. „An deiner Stelle, Frenchie, würde ich mich nicht mit ihm abgeben. Er ist gefährlich und wirkt auf mich schlichtweg verrückt."
Sie blickte zu Mr. Cordell, bemerkte den harten Zug um seinen Mund und seine Anspannung, die trotz der Tatsache, dass er zusammengesunken auf dem Stuhl saß, deutlich zu erkennen war.
„Du warst schon immer ein Feigling", erwiderte sie leise lachend. „Ich mag Mr.
Cordell und werde herausfinden, was los ist." Sie nahm ihr Glas, durchquerte den Raum und blieb neben Mr. Cordell stehen. Als er nicht gleich aufschaute, setzte sie sich ihm gegenüber hin. „Hallo, Clay", säuselte sie.
„Hallo, Frenchie", erwiderte er geistesabwesend.
„Sie sehen einsam aus, so ganz allein hier am Tisch. Möchten Sie Gesellschaft haben?"
Clay fühlte sich versucht, die Frage zu verneinen, besann sich jedoch eines anderen.
Frenchie war gutherzig, und er wusste, was sie im Sinn hatte. „Klar! Warum nicht?"
Sie beugte sich vor, so dass er einen guten Blick auf ihr Dekollete hatte. „Ist mit Ihnen alles in Ordnung? Ich dachte, wir würden Sie nie mehr sehen, so wie Sie vorhin mit Mr. Alvarez aus dem Saloon gestürmt sind."
Clay rang sich ein Lächeln ab. „Ja, mit mir ist alles in Ordnung. Wieso willst du das wissen?"
„Sie sehen etwas niedergeschlagen aus. Es freut mich jedoch, dass nichts Sie belastet."
„Nichts", log er. „Möchtest du etwas trinken?"
„Klar!" Sie hielt ihm ihr Glas hin, und er schenkte ihr nach. Sie trank einen Schluck Whisky und lächelte dann kokett Mr. Cordeil an. „In Bezug auf Getränke haben Sie einen guten Geschmack."
„Danke."
„Ich mag Sie, Clay." Sie hielt inne und sah ihm in die Augen, damit er genau erkennen konnte, was sie von ihm wollte. In all den Wochen, die sie vor seiner Abreise aus der Stadt mit ihm zusammen gewesen war, hatten sie viel Spaß miteinander gehabt. Sie war begierig darauf, ihn wieder zu sich ins Bett zu bekommen. „Nehmen Sie doch die Flasche und kommen Sie mit mir in mein Zimmer. Wir können uns etwas amüsieren."
Er wollte in die obere Etage gehen, allerdings in sein eigenes Zimmer, und zwar allein. Er wollte nur mit der Whiskyflasche zusammen sein. Er mochte Frenchie, aber Reina war die einzige Frau, die er begehrte. Er liebte sie noch immer, ganz gleich, was inzwischen geschehen war. Es hatte keinen Sinn, versuchen zu wollen, die Erinnerung an sie durch das Zusammensein mit einer anderen Frau auszulöschen.
Auch ohne den Versuch unternommen zu haben, wusste Clay genau, das half nicht.
„Ich glaube, ich gehe nach oben, aber allein, Frenchie", sagte er zuneigungsvoll. „Du bist ein nettes Mädchen, doch heute Nacht muss ich allein sein." Er schob den Stuhl zurück und stand auf.
„Sie sind sich sicher?"
„Ja, ich bin mir ganz sicher." Er nahm die Flasche und das Glas und wollte sich entfernen.
So leicht wollte Frenchie ihn nicht davonkommen lassen. Auch sie erhob sich und ergriff ihn am Arm, als er an ihr vorbeikam.
„Gute Nacht, Clay", sagte sie, schlag ihm die Arme um den Nacken und drückte ihm einen warmen Kuss auf den Mund.
Er ließ sich von ihr umarmen, empfand jedoch keine Erregung, keine Lust. Als sie ihn losließ, lächelte er sie bittersüß an.
„Gute Nacht, Frenchie", erwiderte er und ging zu seinem Zimmer hinauf.
Das Animiermädchen sah ihn die Treppe hinaufgehen und fand, es sei vielleicht der Mühe wert, einige Minuten
zu warten und dann an seine Tür zu klopfen. Das Schlimmste, was
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