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bekommen kann."
„Vielleicht haben Sie nur deshalb solche Schwierigkeiten, Mr. Cordeil, weil die junge Dame nicht gefunden werden will. Möglicherweise hat sie einen guten Grund dafür, dass sie von zu Hause weggelaufen ist", meinte Reina leichthin.
„Nein", widersprach Clay nachdrücklich. Sein Ton hatte weder mitfühlend noch im Mindesten unsicher geklungen. „Diese Person ist eigenwillig und verzogen und macht nur Ärger."
Nach dieser Kränkung versteifte sie sich unmerklich und fragte sich, wie Mr. Cordell sich fühlen würde, falls er gezwungen wäre, eine Frau zu heiraten, die er nicht ausstehen konnte. „Ich dachte, Sie wären dieser Frau nie begegnet", erwiderte sie kühl.
„Ich kenne sie nicht persönlich, bin indes mit dieser Art Frau sehr wohl vertraut.
Solche Frauen sind nur an sich selbst interessiert."
Nach dieser arroganten Behauptung musste Reina alle Willenskraft aufbringen, um seinen Arm nicht besonders hart zu reiben. „Nun, ich hoffe, die Sache klärt sich."
„Das hoffe auch ich", sagte er. „Wie sieht mein Arm aus?"
„Die Wunde ist verhältnismäßig sauber. Die Kugel hat den Muskel glatt durchschlagen. Es wird nur noch einen Moment dauern, bis ich Ihren Arm verbunden habe. Dann können Sie weiterreiten", fügte sie aufmunternd hinzu, weil sie ihn schnellstens loswerden wollte.
Er nickte, trank noch einen Schluck Whisky und hielt ihr dann die Flasche hin. „Also, machen Sie schon und schütten Sie etwas Whisky auf die Wunde."
Reina ließ sich nicht zweimal bitten und goss eine beträchtliche Menge des Whiskys auf die Wunde. Sie schämte sich etwas, weil sie es genoss, dass Mr. Cordell bei den brennenden Schmerzen zusammenzuckte. „Es tut mir Leid", murmelte sie und biss sich auf die Unterlippe, um nicht zu lächeln. Boshaft fand sie, es geschähe ihm recht, dass er Schmerzen hatte.
„Vielen Dank, Schwester", äußerte er gepresst. „Das musste getan werden.
Verbinden Sie jetzt die Wunde. Dann ist alles in Ordnung."
Reina konnte es kaum erwarten, ihn verschwinden zu sehen, und bandagierte rasch den Arm. Als sie Ruth und den Kutscher aus dem Wagen steigen sah, war sie froh über die Ablenkung.
„Wir können jetzt abfahren", verkündete Fred.
„Auch ich bin fertig", erwiderte sie und verknotete den Verband.
„Da es so spät geworden ist, schlage ich vor, Mr. Cordell, dass Sie mit uns zur nächsten Umspannstelle reiten", sagte Fred. „Das Mindeste, was wir für Sie tun können, ist, dafür zu sorgen, dass Sie ein warmes Essen und ein Bett für die Nacht bekommen."
Zu Reinas Entsetzen nahm Mr. Cordell den Vorschlag an.
„Das klingt gut. Vielen Dank", erwiderte Clay und zog unter Schmerzen das Hemd an.
Reina war sehr darauf bedacht, sich so weit wie möglich von ihm entfernt aufzuhalten. Daher stieg sie eilig in die Kutsche und nahm sich vor, sich um Mr. Poke zu kümmern. Mrs. Hawks und Melissa gesellten sich zu ihr, derweil Fred die Geldkassette holte. Die beiden Männer hoben die Leichen der Verbrecher auf deren Pferde und banden die Tiere dann hinten am Wagen an. Nachdem Clay sein Pferd ebenfalls dort festgemacht hatte, setzte er sich neben den Kutscher.
Die letzten fünf Meilen bis zur Zwischenstation kamen Reina endlos vor. Mr. Poke wachte nicht aus der Bewusstlosigkeit auf, und daher hatte sie nichts, was sie von ihrer Angst ablenken konnte. Sie hoffte, das Gebäude der Zwischenstation möge groß genug sein, um ein eigenes Zimmer bekommen zu können, damit sie sich zurückziehen und so
jeden weiteren Kontakt mit Mr. Cordeil vermeiden konnte. Darauf verlassen konnte sie sich jedoch nicht, denn die anderen Umspannstellen waren nichts weiter als einfache Holzhäuser gewesen, deren einzigen Raum der Poststationsleiter mit Decken abgeteilt hatte, damit die Frauen ungestört waren.
Sie überlegte, wie sie, falls sie die gleichen Gegebenheiten vorfand, dem Kopfgeldjäger bis zum nächsten Morgen ausweichen könne, ohne großes Aufsehen zu erregen. Dieser beunruhigende Gedanke beschäftigte sie noch immer, als der Wagen gleich nach Sonnenuntergang vor der kleinen Postkutschenstation anhielt.
8. Kapitel
Eine Stunde nach der Ankunft in der Postkutschenstation saß man um den großen, grob behauenen Esstisch. Fred hatte sich mit Mr. Cordells Unterstützung um alles gekümmert, das erledigt werden musste. Nun erholte man sich, redete über den Überfall und wartete darauf, dass Mr. Hanley, der ziemlich rundliche, fast kahle und in den besten Jahren stehende
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