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lange verdrängte Gedanken an Dev auf ihn ein. Er war froh, dass er dazu hatte beitragen können, den Raubüberfall zu verhindern, ärgerte sich indes noch immer über den Fehler, die falsche Postkutsche verfolgt zu haben. Er war nicht sicher, warum er sich derart geirrt hatte. Er hatte jedoch einen Irrtum begangen und würde jetzt die Folgen tragen müssen.
Bei diesem Gedanken hätte er beinahe laut und zynisch aufgelacht. Für ihn gab es keine Folgen. Dev war derjenige, der unter den Folgen zu leiden hatte. Er konnte nur hoffen, dass der Freund durchhielt. So, wie die Dinge aussahen, würde er nun den ganzen Weg nach Louisiana reiten müssen, um Miss Alvarez einzuholen. Das ließ sich indes nicht schnell bewerkstelligen. Im Gegenteil, die Sache würde Zeit kosten.
Inständig hoffte er, Mr. Alvarez werde sicherstellen, dass ihm genügend Zeit blieb, um den Auftrag auszuführen.
Mr. Hanley stellte einen Kessel mit Wasser zum Erhitzen auf den Herd und begann dann mit Freds Hilfe, einen Strick quer durch den Raum zu spannen, über den man Decken hängte, damit die Frauen ein abgeteiltes Quartier hatten. Er richtete es ihnen nahe beim Herd ein, damit sie die Nachtkühle nicht so spürten. Dann goss er für Mrs. Hawks und Melissa Wasser in eine Schüssel.
Die Vorstellung, sich vor dem Schlafengehen reinigen zu können, war auch für Clay verlockend. Daher ließ er sich von Mr. Hanley Seife und ein Handtuch geben, holte ein sauberes Hemd und sein Rasierzeug aus den Satteltaschen und begab sich nach draußen zum Wassertrog. Sein Arm war steif und tat ihm ziemlich weh. Es kostete ihn einige Mühe, das zerrissene Hemd auszuziehen. Nachdem er es abgelegt hatte, dehnte er Schultern und Arme, um herauszufinden, wie viel Kraft er im verletzten Arm hatte. Erleichtert stellte er fest, dass er ihn normal bewegen konnte, denn er konnte es sich nicht leisten, Zeit mit Wundpflege zu verlieren. Er musste beim ersten Tageslicht nach New Orleans aufbrechen.
Der Gedanke an Louisiana führte unweigerlich zu Erinnerungen an den Vater und Windown. Seit Jahren war Clay nicht zu Hause gewesen, und es tat ihm Leid, dass die Reise dorthin eine Sache der Notwendigkeit und kein privater Besuch sein würde. Ihm war jedoch klar, dass er sich mit nichts anderem als der Suche nach Miss Alvarez befassen könne. Er konnte daran denken, nach Windown zurückzukehren, sobald er Miss Alvarez zurückgebracht hatte und Dev in Freiheit war. Bis dahin . . .
Er verdrängte das Bedauern und betätigte den Pumpenschwengel. Als das eiskalte Wasser schließlich aus der Pumpe floss, beugte er sich unter den Strahl, achtete indes darauf, den bandagierten Arm nicht nass zu machen.
Reina war auf dem Gelände der Postkutschenstation herumgegangen und hatte sich bemüht, die Panik loszuwerden, die sie zu überwältigen drohte. Immer wieder hatte sie sich ob ihrer Angst getadelt und sehr sachlich vorgehalten, ihr Geheimnis könne nicht aufgedeckt werden. Da Mr. Cordell sie offenbar bis jetzt nicht erkannt hatte, würde das bis zu seinem Aufbruch auch nicht der Fall sein. Wenngleich sie versuchte, sich mit diesem vernünftigen Argument zu beruhigen, konnte sie sich nicht entspannen. Sie kam sich wie ein sich im Wald versteckendes Tier vor, während der Jäger bereits ganz in der Nähe war.
Sie blieb in der Nähe einer nicht allzu weit vom Haus entfernten kleinen Baumgruppe stehen, seufzte schwer und faltete die Hände, um das Zittern zu unterbinden. Sie war jetzt so lange wie möglich im Freien gewesen und wusste, sie musste zu den anderen zurückgehen, äußerlich ruhig wirkend, wenngleich sie alles andere als gelassen war.
Clay hatte sich gewaschen und rasiert und trocknete sich soeben ab, als er die Nonne in einiger Entfernung bemerkte. Mitten in der Bewegung hielt er inne, starrte Schwester Maria Regina an und fand, sie wirke wie ein betender Engel.
So himmlisch sie auch aussehen mochte, war er sich dennoch bewusst, dass er eine Frau vor sich hatte. Seiner Meinung nach vereinte sie in sich alles, was er nie bei einer Frau zu finden erwartet hatte. Sie war die perfekte Kombination aus Schönheit, Demut und Sanftmut, dabei aber auch so mutig, dass er sich nicht vorstellen konnte, sie würde je vor etwas davonlaufen. Vor allem war sie vollkommen ehrlich und ohne jeden Arg. Er bedauerte, dass er nicht das Glück gehabt hatte, sie kennen zu lernen, bevor sie die ewigen Gelübde ablegte und dem Orden beitrat.
Noch ehe sie seiner Anwesenheit gewahr wurde, ahnte sie,
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