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0330 - Der Seelenwächter

0330 - Der Seelenwächter

Titel: 0330 - Der Seelenwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
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Bewegungsabläufe und wurden zu erlebten Alpträumen.
    Doch das wußte Sordales nicht. Denn er dachte nicht, wie Menschen denken. Und er hatte keine Empfindungen. Nur der Auftrag, der ihn zum Wächter dieser Region bestimmte, war das Zentrum seines unbewußten Handelns.
    »Wer immer ihr seid! Hier ist die Grenze, die niemand, der lebt, überschreiten darf!« rief Sordales den Eindringlingen entgegen…
    ***
    Wang Lee Chan riß das schwarze Seelenschwert aus der Scheide. Breitbeinig stellte er sich vor seinen Herrn und Meister Leonardo de Montagne, während Eysenbeiß in Deckung ging.
    Die grauenvollen Formen dieses Wesens, das vor ihnen erstand, war gerade noch zu ertragen. In den Höllentiefen waren ihre Sinne gegen den Anblick von Kreaturen mit abnormen Körpern gestählt. Doch dieser grauenvolle Schrei klirrte wie Eis in ihren Adern.
    »Weiche zurück, Bestie, oder kämpfe mit mir!« schrie Wang…
    ***
    Sordales war verwirrt. Er hatte diese Wesen angerufen – und jeder andere, der auf diesem Wege kam, hatte ihm geantwortet. Doch wer immer ihm hier entgegen trat – er verstand sie nicht, die Sprache der Toten.
    Wie war es diesen drei Sterblichen gelungen, hier herabzukommen?
    Er mußte sie aufhalten. Sie durften nicht an ihm vorbei.
    »Zurück mit euch! Oder ich verlösche euer Leben!« brüllte sie Sordales an. Aber er versuchte, die Worte so zu betonen, daß sie seiner Meinung nach für jeden verständlich waren.
    ***
    »Töte die Bestie, Wang!« stieß Leonardo de Montagne aus. »Was immer das Biest will – wir müssen den Wächter finden!«
    Der gewaltige Mongole grunzte und ließ mit graziösen Bewegungen die tödliche Klinge wirbeln. Mit einem wilden Kreischen sprang er die Bestie an, die ihnen den Weg versperrte und schlug mit dem Schwert zu.
    Der schwarze Seelenfresser verbiß sich in der gallertartigen, halbfesten Substanz dieses wabbeligen Ungeheuers…
    ***
    Sordales begriff nicht, warum auch seine zweite Warnung nicht gehört wurde. Er hatte doch alles so klar formuliert. Jeder Magier, der so verwegen war, den Weg hier herabzusuchen, wäre vor Grauen zurückgewichen.
    Nur die Schatten der Toten, die herab – oder heraufgestoßen wurden, wehten vorbei. Hier, wo es kein oben und kein unten gab, fanden sie ihre Heimat in der Ewigkeit.
    Der Wächter schreckte sie nicht – denn sie sahen Sordales in einer anderen Existenzebene. Und sie verstanden seine Worte – denn es waren die lautlosen Schreie, in der sich die Toten in der Scheol verständigen.
    Wieder vernahm Sordales Geräusche aus dem Mund des Wesens, dessen Arm sich plötzlich unnatürlich verlängerte. Dann nahm Sordales wahr, daß sich dieser Arm auf ihn zubewegte und in seine Körpersubstanz hineinglitt.
    Der Wächter der Seelen spürte, daß hinter der festen Substanz etwas Warmes und Lebendiges pulsierte. Erinnerungen wurden wach. Sordales hatte kein Gefühl für Mengen und Zahlen – auch nicht für die Zeit. Doch es war geschehen, daß er Wärme dieser Art in sich aufgenommen hatte.
    Und das war angenehm gewesen. Ein angenehmes Gefühl für eine lange Zeit.
    Was wußte Sordales von Zauberern vieler Epochen, die es mit echtem oder halben Wissen geschafft hatten, den Weg hinabzufinden. Einige waren vor der Stimme des Sordales zurückgewichen – eine Stimme, die sie als grauenvolles Geräusch vernahmen. Anderen verging der Mut, wenn sie nur diese wabbelige, blaugrüne Masse sahen, die sich vor ihnen ringelte und in der sich die Konturen einer noch abscheulicheren Kreatur andeuteten.
    Aber einige Zauberer waren so verwegen gewesen, sich zu stellen. Sie versuchten dieses Wesen, das in ihren Augen ein gräßliches Ungeheuer darstellte, zu vernichten. Mit ihren Zauberstäben, Dolchen oder Ritualschwertern griffen sie Sordales an.
    Aber kaum versenkte sich etwas in die Substanz, aus der Sordales gebildet war, haftete es darin fest. Die Verwegenen vermochten nicht mehr die Hände vom Zauberstab oder der Waffe zu lösen.
    Sie waren gefangen. Gefesselt mit einem Bann, der stärker war als fingerdicke Ketten aus Stahl. Das Ende dauerte lange… sehr lange.
    Für Sordales gab es keine Zeit. Er tastete sich langsam vor und nahm die Wärme, die er spürte, nur allmählich in sich auf. Schmerz verspürte er nicht. Empfindungen dieser Art waren ihm fremd. Ebenso war das, was er tat, nicht von Haß oder Rache bestimmt. Mit den Erkenntnissen des menschlichen Geistes ist seine Art erklärbar mit der Reaktion einer Amöbe, eines einzelligen Lebewesens, das

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