0332 - Die Pest aus den Slums
ihr mich in Verbindung bringen wollt, habe ich nichts zu schaffen. Ich bin nicht der Mann, der euren Kollegen hat umbringen lassen. Ich halte nicht die Leute von Hunts-Point in Angst und Schrecken. Irgendwer versucht immer wieder, mir diese Geschichten anzuhängen.«
Ich zog nur die Augenbrauen hoch.
Der Kellner brachte das Essen.
»Du hast nichts dagegen, wenn ich zugreife«, sagte ich. »Ich vertrage deine Geschichten dann besser, Lescort.«
Er schluckte seine aufsteigende Wut herunter.
»Hör zu, G-man, ich habe mich nie ernsthaft gegen eure Verdächtigungen gewehrt. Sie erschienen mir einfach unsinnig. Ich weiß ja, daß ich ’ne reine Weste habe.«
Er sah mein Grinsen und setzte hinzu:
»Ich habe ’ne reine Weste in allen Dingen, die mit dem Mord an dem G-man, dem Brand der Duchman-Fabrik, dem Mordversuch an dir Zusammenhängen, aber irgendwer versucht, mir diese Verbrechen anzuhängen. Ich habe das nie ernst genommen, aber als ich mich plötzlich hinter Gittern wiederfand, und als ich nur wieder ‘rauskam, weil ich zufällig ein einwandfreies Alibi hatte, da packte mich die Angst, daß es beim nächsten Male nicht so gut abgehen könnte.«
Ich glaubte ihm kein Wort, und ich hatte ein Dutzend Gründe, ihm nicht zu glauben. Ich hätte ihn fragen können, wer die fünfzigtausend Dollar für ihn hinterlegte; warum er Raven zusammenschlagen ließ; warum seine Leute auftauchten, wo ich ging und stand. Ich schwieg, schob ein Stück Fleisch in den Mund und ließ ihn reden.
»Ihr habt mich verhaftet, weil Pal Luck zu meinem Verein gehörte, aber ihr seid nie auf den Gedanken gekommen, daß der Bursche, der mich ’reinlegen will, Luck mit Absicht unter meine Leute geschmuggelt hat. Einen besseren Beweis dafür, daß ich der Schuldige bin, konnte er euch nicht liefern.«
»Der Beweis hat nicht ausgereicht, dich hinter Gittern zu halten«, knurrte ich.
»Okay, G-man, ich werde dir einen besseren Beweis meiner Unschuld bringen.«
Er beugte sich über den Tisch und flüsterte:
»Der Mann, der deinen Kollegen erschoß, hieß Roger Scash.«
»Genau! Den Namen habe ich dir oft genug genannt.«
»Ich liefere euch diesen Mann.«
»Tot oder lebendig?«
»Ich hoffe… lebendig.«
Ich legte Messer und Gabel hin. »Lescort, allein schon deine Behauptung, du könntest uns Allan Surths Mörder bringen, wäre ein Grund, dich wieder festzunehmen.«
»Du mißverstehst mich schon wieder, G-man. Ich habe nichts mit dem Mord zu schaffen. Wie oft soll ich das noch sagen. — Aber ich bin in Hunts-Point zu Hause. Bei mir öffnen die Leute den Mund. Ich kann herausfinden, mit wem Pal Luck umging, wo er sich herumtrieb, und ich glaube, ich werde schließlich erfahren, wo sich Roger Scash verborgen hält… oder hielt.«
»Warum… oder?«
Harry Lescort zuckte die Achsel.
»Hast du nicht selbst gesagt, Lucks Aufgabe wäre es gewesen, Scash umzubringen? Weißt du, ob es ihm gelungen ist oder nicht? Außerdem hast du Scash angeschossen. Mag sein, er hat deine Kugeln nicht verdaut.«
»Ein toter Scash würde dich nicht entlasten, Lescort.«
»Darum hoffe ich, daß ihr ihn lebendig bekommt. Er wird euch den Namen des Mannes nennen, der ihn für den Mord gekauft hat.«
Lescorts Vorschlag begann, überraschende Ausmaße anzunehmen. Ich glaubte immer noch, daß er log, aber ich witterte, daß der Gangster nach einem Weg suchte, aus einem Job, der ihm zu gefährlich geworden war, auszusteigen.
»Einverstanden, Lescort!« sagte ich. »Wo also finde ich Scash?«
»Zu einfach darfst du dir die Sache nicht vorstellen, G-man. Mag sein, daß ich Tage brauche, um es herauszufinden. Du wirst von mir hören. Vielleicht habe ich auch Pech, und es gelingt mir nicht.« Die Tür des Drugstores öffnete sich. Richard Warren kam herein, sah sich suchend um, entdeckte seinen Chef und kam an unseren Tisch.
Er lächelte sein Filmheld-Lächeln.
»Sieh da«, sagte er. »Jäger und Hase an einem Tisch. Fragt sich nur, wer der Jäger und wer der Hase ist.«
»Wie hast du mich gefunden?« fragte Lescort. Sein Gesicht verfinsterte sich.
»Reden wir später darüber! Möchtest du noch länger mit dem G-man plaudern, oder können wir gehen?«
Harry Lescort stand auf.
»Ich rufe dich an, G-man«, sagte er.
Die beiden Gangster gingen nebeneinander zur Tür. Als Lescort das Lokal verließ, sah er sich rasch noch einmal um, und es sah so aus, als blinzele er mir zu.
Ich konnte mir keinen Reim auf Lescorts Gefasel machen.
Ich saß eine
Weitere Kostenlose Bücher