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0332 - Die Pest aus den Slums

0332 - Die Pest aus den Slums

Titel: 0332 - Die Pest aus den Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Pest aus den Slums
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ist deine Schwester?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete er. »Ich sah sie heute morgen zum letztenmal, aber ich war auch den ganzen Tag über nicht zu Hause.«
    »Aber deine Schwester war nicht in der Wohnung. Hast du nicht versucht, sie zu finden?«
    »Ich suchte sie nicht, Mr. Cotton! Ich dachte, Sie wären der einzige, der uns helfen könnte.«
    »Wo kann deine Schwester sein?«
    »Vielleicht bei einer Freundin«, stammelte er. Dann begriff er.
    »Halten Sie an!« schrie er. »Wir müssen umkehren! Ann! Sie haben Ann…« Er warf sich gegen mich und wollte ins Steuerrad greifen. Ich stieß ihn zurück und preßte ihn mit dem rechten Arm auf seinen Sitz.
    »Sei vernünftig, Tom! Es hat keinen Sinn, umzukehren!«
    ***
    Der Ford heulte die Brückenauffahrt hoch. Ich hob langsam den Fuß vom Gaspedal. Der Wagen verlor an Geschwindigkeit.
    Von links glühten die Lichter der Landebahn des International Airports, aber unter uns lagen dunkel das Wasser und die zahllosen Inseln der Jamaica-Bay.
    Rulers Hassock Island ist die größte von ihnen, an die sechs Meilen lang. Als einzige ist sie im südlichen Teil bebaut, aber weite Gebiete sind sumpfiges Wiesen- und Waldgelände, wie auf allen anderen Inseln der Bucht. An Wochenenden tummeln sich die Boote der erholungssuchenden New Yorker in der Bay, und reihenweise stehen die Angler an den Ufern, aber werktags und nachts ist das weite Gebiet — obwohl nur ein Dutzend Meilen von Brooklyn entfernt — wie ausgestorben, nur überdröhnt von den landenden und startenden Maschinen des Flughafens.
    Ich spürte, daß Toms Körper erschlaffte. Ich sah ihn an.
    »Es ist nichts verloren, mein Junge! Deine Schwester lebt, und wir werden sie retten. Nimm dich zusammen! Jetzt geht es um deinen Vater.«
    Ich zog die Hand zurück. Er stemmte sich auf dem Sitz hoch. Ein Wort brachte er nicht heraus.
    Der Ford rollte auf das Ende der Brücke zu.
    Tom und ich sahen den Wagen gleichzeitig.
    »Da!« schrie der Junge.
    Ich schaltete die Lichter aus und brachte den Ford unmittelbar hinter dem Auto zum Stehen.
    Mit einem Satz sprang ich heraus. Niemand befand sich in dem Wagen. Als ich die Tür aufriß, schaltete sich die Innenbeleuchtung ein.
    Die Straße verläuft auf einem aufgeschütteten Damm.
    Ich schlug die Tür ins Schloß.
    »Bleib zurück, Tom!« rief ich dem Jungen zu.
    »Nein«, stammelte er. »Befindet sich meine Schwester auch hier?«
    Ich war sicher, daß sie Ann Raven nicht hergebracht hatten, aber ich wußte, wenn ich das dem Boy jetzt sagen würde, würde er sich nicht zurückhalten lassen. Ich wich der Antwort aus.
    »Also, komm mit! Schnell!«
    Ich packte seinen Arm und zog ihn zum Fahrbahnrand. Dunkel wie ein Teich lag das Gelände der Insel unter uns.
    Ohne Tom loszulassen, schlitterte ich mit ihm den Damm hinunter. Büsche und Sträucher schlugen uns ihre Zweige um die Ohren.
    Als wir den ebenen Boden erreicht hatten, glitzerte keine zwanzig Yard von uns entfernt Wasser.
    »'ne Meile am Ufer entlang, sagte er?« fragte ich. »Kannst du laufen? Los! Bleib auf jeden Fall bei mir. Wenn geschossen wird, läßt du dich fallen.«
    Ich rannte los. Das Gelände war sumpfig, mit Gras und einzelnen Sträuehern bewachsen. Ich sah keinen Weg, und falls es überhaupt einen gab, so hatten wir doch keine Chance, ihn in der Dunkelheit zu erwischen.
    Hinter mir hörte ich das Atmen des Jungen. Als einziger Wegweiser blieb mir das Glitzern des Wasserspiegels.
    Einmal rannte ich in einen schmalen Wassergraben. Wasser und Schlamm spritzten mir bis ins Gesicht, aber ich blieb auf den Füßen.
    Tom stolperte in dem Graben und fiel klatschend in den Dreck.
    »Auf, Tom!« schrie ich.
    Er richtete sich auf, keuchte:
    »Da steht ein Haus!«
    Ich ging in die Knie. Jetzt sah ich gegen den helleren Himmel die Umrisse einer primitiven kleinen Hütte.
    Ich war im Begriff, dem Jungen zu sagen, er solle Zurückbleiben, als er zu rufen begann:
    »Vater! Vater!«
    Ich stürzte mich auf ihn, versuchte ihm die Hand auf den Mund zu pressen. Er wehrte sich und schrie weiter.
    Dann, aus einer Entfernung von höchstens zwanzig Yard, rief John Raven den Namen seines Sohnes:
    »Tom! Wo bist du? Um Himmels willen…« Peitschende Schüsse zerrissen die Rufe Ravens.
    Ich zog die 38er aus der Halfter und hetzte in langen Sprüngen auf die Hütte zu.
    Ich glaubte, hastige Schritte zu hören.
    Ich duckte mich tief, versuchte gegen den Himmel etwas ausmachen zu können, aber ich sah nichts als die Umrisse der Hütte und

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