0333 - Drei Herzen aus Eis
sondern früher bei seiner Freundin erscheinen und sie überraschen. Deshalb dachte er auch nicht daran, sie vorher anzurufen. Er wollte in der Wohnung stehen und ihr Gesicht sehen. In einer schwachen Stunde hatte sie ihm mal einen Schlüssel übergeben. Bisher hatte er ihn noch nie benötigt, jetzt würde er ihn gebrauchen.
Er wechselte vom Taxi in seinen eigenen Wagen. Es war ein alter Sunbeam, der im Winter stets seine Schwierigkeiten hatte anzuspringen, im Sommer jedoch glatt fuhr.
Karen Lockhead wohnte in der Nähe des berühmten Odeon-Kinos, an der nordöstlichen Seite des Hyde Parks. Eine Gegend, die auch Ralph gefiel. Irgendwann würde er aus seiner verstaubten Bude ausziehen und bei Karen leben. Wobei er jetzt schon die Hälfte seiner Kleidungsstücke bei ihr untergebracht hatte.
Ralph konnte nicht ahnen, was ihn erwartete, während er mit einem frohen Lächeln auf den Lippen in den etwas kühler gewordenen Sommernachmittag hineinfuhr, um seine geliebte Karen zu überraschen.
Einen Parkplatz fand er auch. Zwei Nachbarn grüßten ihn freundlich, und er betrat nichtsahnend das Mietshaus, um die Treppen zum zweiten Stock hochzulaufen.
Bald stand er vor der Wohnungstür, holte die Schlüssel hervor, ließ einen, den passenden, im Schloß verschwinden und dachte erst jetzt daran, daß er eigentlich hätte Blumen mitbringen können.
Er stieß die Tür auf – und sah das Messer!
Ralph Gern glaubte, einen Traum zu erleben. Seine sonnenbraune Haut wurde blaß. Er stand auf dem Fleck wie eine Figur, hielt mit der rechten Hand noch den Türschlüssel fest und sah im Halbdunkel des Flurs das bleiche, verzerrte Gesicht.
Die Klinge raste nach unten. Daß Ralph so reagierte, wie er es in diesen gefährlichen Augenblicken tat, damit hatte er selbst nicht gerechnet. Es war wohl der reine Überlebensinstinkt, der ihn leitete, denn er rammte, ohne dabei den Schlüssel loszulassen, die Tür nach vorn, und die lange Klinge, auf ihn gezielt, traf nicht schräg von oben seinen Hals, sondern das dicke Holz der Tür.
Es entstand ein dumpfes Geräusch, aus dem der andere sogar das Singen der Klinge heraushörte.
Durch die Wucht der nach innen schnellenden Tür war auch der Killer aus dem Konzept gebracht worden, denn die Kraft trieb ihn schräg zurück, und er rammte mit dem Kreuz gegen die Wand, wo sich auch der Garderobenständer befand.
Der Mörder spürte einen scharfen Schmerz im Nacken. Sein Gesicht verzerrte sich, er wurde noch wütender und schüttelte den Kopf, während er gleichzeitig seine Klinge aus dem Holz zog. Es durfte keinen Zeugen geben, nicht in diesem Fall.
Ralph konnte nur mehr ahnen, was möglicherweise in der Wohnung geschehen war. Er befürchtete das Schlimmste. Anstatt zu fliehen, tat er genau das Gegenteil, er stürmte vor und erreichte die Diele der Wohnung, wo der Mörder einen zweiten Angriff startete.
Wie ein Schatten kam er.
Bevor Ralph Gern seinen Job als Taxifahrer angenommen hatte, war er zwei Monate lang bei einem Freund in einen Judokursus gegangen und hatte dort fleißig trainiert.
Diese Ausbildung, so hart sie auch gewesen war, und so sehr er auf sie geschimpft hatte, kam ihm nun zugute.
Er wehrte die erste Attacke ab.
Durch ein gedankenschnelles Abducken konnte er der Klinge ausweichen und konterte selbst. Seinen rechten Fuß riß er hoch, traf den anderen irgendwo an der Hüfte und schleuderte den Mann zurück.
Dann riß er ein Bild von der Wand. Es zeigte ein Blumenstilleben, und Karen hatte es geerbt. Er hob es hoch und schleuderte es dem anderen entgegen. Der Rahmen war ziemlich stabil, und als er gegen die Brust des Killers hämmerte, wurde dieser aus dem Konzept gebracht.
Ralph setzte nach.
Der Mörder hatte noch immer damit zu tun, sich zu fangen, deshalb gelang es Ralph, einen Treffer zu landen. Wieder hatte er den Fuß genommen. Er sah, wie die Sohle flach vor die Brust des anderen prallte und dieser zurückgedrängt wurde.
Der Stich mit dem Messer verfehlte den Taxifahrer, weil er zu überhastet gestoßen war.
Ralph geriet in einen Rausch. Er hörte seine Freundin nicht schreien, er sah sie auch nicht und befürchtete das Allerschlimmste. Es war wie ein roter Vorhang, der sich vor seine Augen legte. Ein Durchbruch der Wut, des Schmerzes und des Hasses.
Ralph vergaß das Messer des anderen, und er rechnete auch nicht mit dessen eiskalter Cleverneß.
Der Stahl war da. Wie eine huschende Schlange geriet er in Ralphs Nähe, und das Feuer, das der junge Mann
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