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0336 - Nachts sind alle Gangster grau

0336 - Nachts sind alle Gangster grau

Titel: 0336 - Nachts sind alle Gangster grau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nachts sind alle Gangster grau
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wo die Bombe versteckt war, wie sie aussah oder welchen Sprengstoff sie enthielt.
    Diesmal gingen wir systematisch vor und durchsuchten jedes Zimmer, jedes Möbelstück und jede Schublade.
    Wir krabbelten unter die Tische, krochen um die Schränke herum, rollten die Teppiche zurück und ließen keinen Winkel aus. Sogar die Blumenvase entging Phils Aufmerksamkeit nicht.
    Es war zwanzig vor zwölf, als wir die Suche ohne Ergebnis abbrachen.
    Wir hatten keine Bombe gefunden, und nicht einmal das Ticken eines Uhrwerks gehört.
    Vielleicht hatten wir unsere Zeit vergeudet, vielleicht gab es gar keine Zeitbombe, vielleicht hatte sich mein Mörder etwas anderes ausgedacht, womit er mich ein letztes Mal überraschen sollte?
    Auch Phil waren Zweifel gekommen, er starrte mich düster an.
    »Warum bleiben wir überhaupt hier in deiner Wohnung wie zwei hypnotisierte Hasen?«, fragte er. »Wenn es wirklich eine Bombe gibt, dann sind wir außerhalb dieser Wohnung davor sicher.«
    »Ich stimme dir zu«, erwiderte ich. »Aber gerade weil unsere Suche keine Bombe ans Licht gefördert hat, scheint es mir am sichersten, hier zu bleiben. Vielleicht will der Verbrecher gerade erreichen, dass wir aus dieser Wohnung türmen, damit er uns aus irgendeinem Hinterhalt in Seelenruhe abknallen kann? Vielleicht unternimmt er auch überhaupt nichts, um uns nervlich fertigzumachen, und dann bei einer anderen Gelegenheit zuzuschlagen, wenn wir es am wenigsten erwarten? Es gibt so viele Möglichkeiten, und jeder Schritt, den wir tun, kann der falsche sein.«
    Phil nickte.
    »Gut, dann bleiben wir hier. Meint er seine Drohung ernst, dann muss er etwas unternehmen und läuft uns in die Hände. Spielt er allerdings nur Nervenkrieg, dann können wir in einer halben Stunde schlafen gehen. Er kann ja nicht vierundzwanzig Stunden am Tag hinter dir herjagen.«
    Das allés beruhigte mich keineswegs. Bald würden wir wissen, wie ernst die Drohung gemeint war, und so lange mussten wir es noch aushalten.
    ***
    Es war fünf Minuten vor zwölf, und auch eine zweite Durchsuchung der Wohnung hatte weder eine Bombe noch etwas Ungewöhnliches ans Licht gebracht Phil ging zum Lichtschalter, knipste das Licht aus und lauschte angestrengt.
    »Horch genau in die Dunkelheit, Jerry«, sagte er. Ich gehorchte mit angehaltenem Atem.
    Einen Augenblick lang vernahm ich ein schwaches Ticken, aber das war meine Armbanduhr.
    Ich streifte sie ab und steckte sie in die Tasche, und dann waren nur noch die Atemzüge Phils zu hören.
    »Komm hierher, Jerry!«, unterbrach er aufgeregt die Stille. »Vielleicht spielt mir nur meine Einbildung einen Streich?«
    Aber als ich neben ihm am Fenster stand, wusste ich, dass er sich nicht getäuscht hatte.
    Ganz in der Nähe konnte ich ein metallisches Ticken hören.
    Ganz vorsichtig schob ich die Vorhänge zur Seite und öffnete einen Fensterflügel.
    Der metallische Laut verstärkte sich, und wenige Sekunden später berührten meine Fingerspitzen die glatte, metallene Walze, die an einer Kordel an der Außenwand des Fensters unter dem Rahmen hing.
    Ich fühlte das leichte Vibrieren darin. Jetzt standen mir Schweißperlen auf der Stirn, und ich dachte daran, dass dieses Ding in jedem Augenblick explodieren konnte.
    »Ich hab’s!«, flüsterte ich in die Dunkelheit.
    »Wir haben keine drei Minuten mehr, bevor es losgeht. Vielleicht nicht einmal so viel, wenn der Mechanismus defekt ist oder der Bursche einen Fehler gemacht hat.«
    Ich blickte auf die Straße hinunter und auf die Häuser auf der Gegenseite.
    Wenn das Ding losging, konnte es allerhand Schaden anrichten.
    »Dreh das Licht an!«, knurrte ich entschlossen. »Und mach die Tür auf.«
    Phil fand den Schalter.
    Dann blendete mich das Licht sekundenlang, und Phil starrte auf die Aluminiumröhre in meiner Hand.
    »Bist du verrückt geworden?«, knurrte er, aber die Worte hörte ich schon fast nicht mehr, denn ich rannte an ihm vorbei durch die Tür und sprang mit langen Sätzen die Treppe hinunter.
    Die Röhre in meiner Hand fühlte sich an, als sei sie glühend heiß.
    Keine hundert Meter vor der Ecke sah ich die dunklen Schatten der Bäume am Mill Stream, einem kleinen, engen Kanal, der im Sommer fast vollkommen austrocknet. Jetzt war er allerdings zum Bersten voll und trug eine schmutzig graue Flut zum Hudson.
    Ich sprintete wie ein Kurzstreckenläufer darauf zu, und dann ließ ich die Walze über meinen Kopf segeln. Sie sauste im hohen Bogen durch die Luft, und dann hörte ich nur das

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