0336 - Nachts sind alle Gangster grau
mir, eine neue Tür so schnell wie möglich einbauen zu lassen, aber ich konnte seinen Augen ablesen, dass er meiner Geschichte mit dem Gasherd wenig Glauben schenkte.
Das war mir’allerdings im Augenblick egal. Ich hatte andere Probleme.
***
Fünf Minuten später war das Treppenhaus wieder leer, und ich kehrte nachdenklich in meine Wohnung zurück, wo mich Phil mit gerunzelter Stirn erwartete.
Er hielt ein rundes Bleigewicht in der Hand.
»Dein Besucher muss etwas von Bomben verstehen«, meinte er ernst. »Ich bin darauf gekommen, wie das alles hier funktioniert hat. Es ist denkbar einfach.«
Ich lachte.
»Lenk nicht ab, Phil. Du solltest dir lieber überlegen, wie es dem Burschen gelang, an dir vorbeizuschlüpfen und in meiner Wohnung einzubrechen. Wir können von Glück sagen, dass er sich diesmal nur einen Spaß erlaubte, auch wenn das nicht gerade meiner Vorstellung eines gelungenen Scherzes entspricht. Aber kläre mich lieber auf. Ich möchte wenigstens wissen, wie es mir beinahe an den Kragen ging.«
Phil grinste verlegen und spielte mit dem Bleigewicht in seiner Hand.
»Das Ding hier ist die Antwort. Die Bleischeibe lag so auf dem Schloss, dass sie herunterrollen musste, wenn du den Schlüssel drehtest. Durch ihr Gewicht riss sie den Zündzapfen aus der Sprengladung, und die Bombe ging los. Denkbar einfach und wirksam.«
Ich schob ihn in das Wohnzimmer und fischte die Whiskyflasche aus dem Schrank.
Nach diesem Schreck hatten wir beide einen Drink verdient.
»Du hast ein sonniges Gemüt, Phil«, knurrte ich. »Und wie steht es mit der Schallplatte? Die ließ er wahrscheinlich anlaufen, bevor er sich wie eine Fledermaus aus dem Fenster schwang und davon flatterte?«
Phil schüttelte den Kopf und starrte betrübt auf sein leeres Glas.
Ich füllte es ein zweites Mal.
»Darin zeigte dein Verehrer seine Intelligenz. Wenn du das Gewicht genauer betrachtest, dann siehst du dort zwei Fadenenden. Eins davon führte zur Bombe, das andere zum Schalthebel des Plattenspielers. Das Gewicht löste also nicht nur die Explosion aus, sondern auch den Plattenspieler. Der Bursche hat ein erfinderisches Gehirn.«
»Zu schade, dass er es benützt, um mich in meine sämtlichen Bestandteile zu zerlegen. Und wie ist es ihm gelungen, in meine Wohnung zu kommen, ohne dir in die Finger zu laufen? Noch wichtiger, wie kam er heraus, nachdem er die Tür so bearbeitet hatte?«
Phil schob mir die Zigaretten hin.
»Er muss die Feuerleiter benutzt haben«, meinte er nachdenklich. »Das Fenster in deinem Schlafzimmer ist noch immer offen. Von einem Nebenhaus aus musste es einfach sein, über das Dach her einzusteigen. Ich hätte in der Wohnung bleiben sollen, statt mich unten herumzudrücken. Vielleicht wäre dann das alles nicht geschehen, oder wir hätten den Burschen schon längst auf Eis gelegt!«
Ich zuckte die Schultern.
»Nimm dir’s nicht zu Herzen, Phil«, sagte ich mitfühlend. »Wir können nur von Glück sagen, dass die ganze Angelegenheit so harmlos abgelaufen ist.«
Phil nickte.
»Der Bursche hat anscheinend eine furchtbare Wut auf dich. Wir werden erneut seine Bekanntschaft machen, dessen bin ich mir sicher. Aber beim nächsten Mal werden wir vorsichtiger sein, beim nächsten Mal geht es ihm selbst an den Kragen, das verspreche ich dir.«
Ich antwortete nicht.
Nachdenklich schraubte ich den Verschluss der Whiskyflasche zu und verstaute sie im Schrank.
Dabei warf mir Phil zwar einen wehmütigen Blick zu, aber darum kümmerte ich mich jetzt nicht.
»Langsam geht mir die Aufdringlichkeit dieses Burschens auf die Nerven, Phil«, knurrte ich. »Am ärgerlichsten ist, dass wir keine Ahnung haben, welche neue Heimtücke er im Augenblick ausheckt.«
»Vielleicht hat er jetzt das Ende seines Repertoire erreicht?«, meinte Phil ohne viel Überzeugung.
Ich zuckte die Schultern und ging zur Küche.
Phil folgte mir und sah mir zu, als ich den Kaffeekessel füllte. Dann drehte ich mich zu ihm um.
»Was machen wir nun, Phil?«, fragte ich ihn. »Die achtundvierzig Stunden Frist sind beinahe vorbei. Und der Bursche hat keine Zweifel darüber gelassen, dass er es mit seiner Drohung wirklich ernst meint.«
Phil nickte, er musste zu der gleichen Überlegung gekommen sein.
»Wir können nichts anderes tun; als hier zu warten, bis er zuschlägt. Ich bleibe hier, und wir rühren uns nicht aus dem Wohnzimmer. Wir werden jetzt mitten in der Nacht dem Halunken nicht so leicht auf die Pelle rücken können, selbst wenn wir
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