0339 - Walpurgisnacht
schaffte er es, sich taumelnd aufzurichten und zu laufen.
Der Wagen mußte doch jeden Moment explodieren!
Aber er explodierte nicht.
Hoffach stand am Straßenrand, faßte sich an den Kopf und konnte noch gar nicht so recht begreifen, wie der Unfall überhaupt zustandegekommen war, und wie er ihn so unversehrt überlebt hatte. Er hatte allenfalls ein paar Prellungen und blaue Flecke davongetragen.
Just in diesem Moment rollte aus Richtung Oker ein Polizeiwagen heran.
Die beiden Insassen sahen den zertrümmerten Mercedes am Straßenrand und den einsamen, ratlos wirkenden Mann in der Nähe. Sie hielten zwischen dem Wrack und Hoffach an.
»Passen Sie auf!« schrie Hoffach. »Der explodiert gleich! Die Benzinleitung leckt…«
Die beiden aussteigenden Beamten sahen zum Wagen hinüber und lauschten. Dann schüttelte der Beifahrer den Kopf.
»Der explodiert wohl nicht. Da ist kein Funkenknistern zu hören. Explodierende Wagen gibt’s nur in schlechten Filmen… sind Sie der Fahrer?«
»Ja«, sagte Hoffach matt und ging auf die Beamten zu. Er fühlte sich unsicher und krank. Seine Schritte waren nicht sicher.
»Sie kommen aus Frankfurt, Herr…«
»Hoffach«, sagte er. »Erwin Hoffach. Nein… ich wohne seit kurzem in Schulenberg, habe den Wagen bisher noch nicht umgemeldet. Aber ich glaube, das erübrigt sich jetzt wohl… das sieht nach einem Totalschaden aus.«
»Bei Daimler-Benz gibt es keinen Totalschaden«, informierte der Beifahrer des Streifenwagens. »Die finden immer noch was zum Reparieren. Es gibt höchstens eine Restwert-Kalkulation oder so was. Ich bin Hauptwachmeister Weissenbach. Mein Kollege, Wachtmeister Unkatz. Sagen Sie mal, wie ist das denn passiert? Mußten Sie ausweichen, oder haben Sie die Geschwindigkeit der Kurve falsch eingeschätzt?«
Hoffach schüttelte den Kopf. Ihm wurde übel. Er glaubte Rauch zu riechen, aber das mußte eine Täuschung sein. Hier brannte nichts.
»Weder – noch. Mir wurde einfach schwarz vor Augen. Ich weiß nicht, wie es gekommen ist.«
»Sind Sie verletzt, Herr…«
»Hoffach«, wiederholte Hoffach. »Nein, mir geht es relativ gut…« Er hustete und griff sich an den Hals. Die Übelkeit wurde stärker.
»Ihren Führerschein und die Fahrzeugzulassung bitte«, verlangte Unkatz.
Mit mechanischen Bewegungen reichte Hoffach dem höchstens neunzehnjährigen Beamten das Lederetui mit den Papieren. Im letzten Moment wollte er zurückzucken, weil ihn ein böser Verdacht beschlich.
Aber da hatte Unkatz das Etui bereits an sich gebracht.
»Haben Sie getrunken, Herr Hoffach?« wollte Weissenbach wissen.
»Nein«, sagte Hoffach erschrocken. »Natürlich nicht.« Das fehlte ihm gerade noch, daß er jetzt auch noch den Führerschein loswurde! Nahm die Pechsträhne denn überhaupt kein Ende mehr? Er hätte die beiden Polizisten erwürgen können. Unkatz marschierte zum Streifenwagen und klemmte sich ans Funkgerät. Unfallmeldung und routinemäßige Überprüfung der Papiere. Hoffach sah sich verstohlen nach einer Fluchtmöglichkeit um. Ein Rest von Verstand sagte ihm, daß dadurch alles nur noch schlimmer werden würde.
Unkatz kam zurück, das Etui zugeklappt.
»Liegt nichts vor«, sagte er zu Weissenbach. »Aber vielleicht sollten wir mal einen Alko-Test machen, Fritz. – Natürlich nur routinemäßig, Herr Hoffach. Es muß ja alles seine Ordnung haben.«
»Ja«, sagte Hoffach düster. »Nein! Was soll das überhaupt? Wieso Alko-Test? Ich habe nicht getrunken! Keinen Tropfen!«
»Entschuldigung«, sagte Unkatz. »Aber nüchtern kann man hier eigentlich gar nicht vor den Felsen knallen. Es gibt eine deutlich angekündigte Geschwindigkeitsbegrenzung. Wer sich daran hält, dem passiert nichts. Sie sagten, Ihnen sei schwarz vor Augen geworden. Und Ihr Gang ist auch nicht gerade sicher. Ich glaube, das reicht für…«
Hoffach drehte durch.
Er trat Weissenbach blitzschnell vors Schienbein, und als der sich im Reflex bückte, um nach der schmerzenden Stelle zu greifen, flog ihm Hoffachs Ellenbogen unters Kinn. Gleichzeitig warf sich Hoffach vorwärts gegen Unkatz und rempelte ihn kräftig an. Er versuchte, ihm das Etui zu entreißen, was ihm aber nicht gelang. Der junge Beamte hielt es wie mit Stahlklammern fest. Mit der anderen Hand griff er nach Hoffachs Mantel.
Hoffach riß sich los, versetzte dem jungen Mann einen Schwinger und rannte zum Polizeiwagen.
»Stehenbleiben, Mann!« hörte er Weissenbach schreien. »Bleiben Sie sofort stehen!«
Unkatz lag halb
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