034 - Der Weg nach Westen
Bruder und eine Schwester.« Langsam näherte er sich der Frau. Die Situation verunsicherte ihn ein wenig. Sie verstanden sich prächtig, sie vertrauten sich und manchmal die Initiative ging meist von ihr aus umarmten sie sich. Doch viel mehr war bisher nicht ge- schehen. Dave seufzte. »Mickey fehlt mir. Ohne ihn hätte ich den Tod meines Vaters nicht verkraftet.« Er ging vor Daanah in die Hocke.
»Du redest mit ihm, obwohl er nicht hier ist?«
»Tja was soll ich sagen, Daanah? Er ist ja da. Ein Teil von ihm ist immer da, weißt du?« Sie hörte ihm aufmerksam zu. »Als mich die Menen gefangen hielten ich weiß gar nicht, wie ich das ohne die Gespräche mit Mickey überlebt hätte. Ich rede oft mit ihm in brenzligen Situationen vor allem. Während meiner ersten Luftkampfübungen. Oder während meiner Astronautenausbildung im Flugsimulator…«
»Luftkampf…?« Verständnislos blickte sie ihn an. »Astronauten…? Si-mu-mu…?«
»Vergiss es.« Dave winkte ab. »Du musst dir Mickey wie einen guten Geist vorstellen. Ich spüre ihn, verstehst du? Und dann sage ich ihm, was ich gerade denke.«
Daanah nickte langsam. Dann klopfte sie mit der flachen Hand auf die Felle neben sich.
»Komm zu mir.« Zögernd rutschte Dave näher.
Er setzte sich neben sie. Daanah kramte unter ihrem Oberteil herum und zauberte schließlich zwei Früchte hervor. »Da, iss.« Dave nahm ihr die faustgroße Frucht ab und biss hinein. Sie war ziemlich weich und schmeckte wie eine Mischung aus Pfirsich und Apfel.
Daanah schmatzte genüsslich, während sie die Frucht verspeiste. Sie schob sich an Dave heran und lehnte sich gegen ihn. Er spürte die Hitze ihres Körpers. Ein ganzer Vogelschwarm begann unter seinem Zwerchfell mit den Flügeln zu schlagen.
Eine Zeitlang saßen sie so aneinander gelehnt, aßen und schwiegen.
Dave betrachtete die nackten Sesselrahmen an der gegenüberliegenden Seite des Passa- gierraums. Modrige Fetzen hingen zwischen den rostigen Spiralfedern, darüber die blinden Fenster. Und über ihnen die stumpfe Metallwand mit ihren Nieten, ihrer zerbröselnden Verkleidung und ihren herabhängenden Kabelsträngen. Das war mal ein Flugzeug, dachte er, und jetzt ist es ein Schlafzimmer…
Plötzlich meinte er den Atem der un- vorstellbar langen Zeit zu spüren, die über dieses Flugzeug hinweg gezogen war, die vielen Jahrhunderte, deren Spuren sich in dem Wrack eingenistet hatten. Und gleichzeitig hörte er Daanah schmatzen, spürte die Wärme aus ihren Schultern, ihren Schenkeln und ihren Knien in seinen Körper strömen.
Und er roch ihren Duft ein Duft nach feuchter Kiefernrinde und überreifem Pfirsich und alles, was er in den vergangenen Wochen in ihrer Nähe empfunden hatte und was tief in seiner Brust vor sich hin glühte, explodierte und erfüllte ihn mit Leichtigkeit und Wärme.
Ein selten empfundenes Gefühl strömte durch seine Glieder und füllte seine Brust und sein Hirn Glück. Nicht einmal an dem Tag, als sein Traum wahr wurde und er in Cape Canaveral zur Astronautenausbildung antrat, hatte er es so intensiv empfunden.
McKenzie neben einer Frau in einem Flugzeugwrack, dachte er, McKenzie im Wunderland…
»Mein Herz brennt für dich.« Daanah warf den Fruchtkern in das Halbdunkel des Passagierraums.
Dave musste schlucken. »Wie bitte?«
»Es brennt für dich, seit es dich dort unten zwischen den Fluggeräten zum ersten Mal sah.« Sie wischte sich die Hände an ihrem roten Oberteil ab.
»Es will nicht länger warten.«
Dave legte den Arm um sie. Er wusste wirklich nicht, was er sagen sollte. Am liebsten hätte er sie geküsst.
Daanah nahm seinen Arm von ihrer Schulter.
»Du bist nicht schön, McKenzie, aber du hast einen starken Geist.« Sie drehte sich um und setzte sich so, dass sie ihm ins Gesicht blicken konnte. »Obwohl du ein Mann bist. Dein Geist macht sich ein Bild, und dann lässt er das Bild Wirklichkeit werden. Und nichts kann ihn aufhalten. Was du dir vornimmst, gelingt dir.«
»Ich…« Sein Mund wurde trocken. Er versuchte zu lächeln. »Danke…«
»Mein Herz brennt für dich, McKenzie.«
Daanah richtete sich auf den Knien auf. »Hast du verstanden?« Sie nahm ihm die Reste der Frucht aus der Hand und warf sie in den Heckteil des Flugzeugs. »Das habe ich noch niemanden gesagt.« Mit beiden Händen fasste sie seinen Kopf. »Ich küsse dich jetzt.« Einen Augenblick zögerte sie. Doch als Dave nicht widersprach selbst wenn er es gewollt hätte, ihm fehlte einfach der Atem, um
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