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034 - Die toten Augen

034 - Die toten Augen

Titel: 034 - Die toten Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Agapit
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Matt zunichte, etwas über seine Herkunft zu erfahren. Er verbrachte die Tage in seinem Zimmer oder in der Bibliothek und sah den Grafen nur während der Mahlzeiten im Eßzimmer. Die beiden speisten stillschweigend oder wechselten nur ein paar höfliche Worte über das Wetter.
    Etwas lag in der Luft. Alle warteten, daß etwas geschehen sollte, denn der Graf mußte ja einen Grund gehabt haben, den jungen Mann aus Paris zu holen.
    Eines Morgens verschickte der Graf verschiedene Einladungen. Aber es kamen nicht viele Gäste. Die meisten Schloßbesitzer der Umgebung waren schon gestorben oder lebten anderswo. Nur vier Ehepaare folgten der Einladung.
    Mit Rücksicht auf den Gesundheitszustand der Gräfin wurde kein großes Essen gegeben. Man reichte nur Tee, und man stellte den jungen Mann mit den grünen Augen vor. Er war höflich und zuvorkommend und machte einen guten Eindruck. Aber er sprach wenig, weil er, wie er sagte, fast sein ganzes Leben lang in Frankreich gelebt hatte und seine Englischkenntnisse sehr mangelhaft waren. Und das stimmte auch.
    Bevor sie gingen, wurde den Gästen die Gräfin gezeigt, die in ihrem verdunkelten Zimmer lag, eine Augenbinde trug und nur undeutlich zu sehen war.
    „Guten Tag, wie geht es Ihnen?“ sagte sie leise.
    Die Besucher warfen mitleidige Blicke auf sie, und der Graf beeilte sich, den Besuch rasch zu beenden. „Ich habe in der Ehe kein Glück gehabt“, sagte er zu den Besuchern, als er sie zum Tor begleitete. „Meine erste Frau wurde, wie Sie wissen, gleich nach der Hochzeit krank. Sie mußte mehrmals operiert werden und starb dann auch bald. Unser Kind ist der junge Mann, den Sie eben kennenlernten. Er war damals fünf Jahre alt. In Frankreich habe ich wieder geheiratet, und meine zweite Frau ist nun auch gleich nach unserer Rückkehr krank geworden. Sie wird wahrscheinlich ihr Augenlicht verlieren. Aber ich denke, daß wir nach Frankreich fahren werden, sobald die Gräfin wieder reisefähig ist. Dort gibt es nämlich einen hervorragenden Spezialisten.“ Er seufzte. „Ja, das Leben hat mich wirklich nicht verwöhnt. Zum Glück habe ich meinen Sohn, ihm geht es gut. Er will Medizin studieren. Er hat es nicht nötig zu arbeiten, aber es ist besser, wenn er eine Beschäftigung hat. Er macht mir wirklich viel Freude.“
    All diese Lügen und Halbwahrheiten machten sehr bald die Runde. Und kurz darauf brachte Jane das Gerücht in Umlauf, daß die Familie bald nach Frankreich aufbrechen würde.
    Es tauchten keine Besucher mehr im Schloß auf, und Matthew merkte mit Besorgnis, daß der Graf sich nun wieder mit den beiden Gefangenen befaßte. So begann er von neuem, Tag und Nacht auf der Hut zu sein.
    Und eines Nachts, als Matthew endlich eingeschlafen war, erwachte er vom Summton der Klingel unter seinem Kissen. Er hatte sich vollständig angekleidet zu Bett gelegt, und sprang sofort erschrocken auf.
    Ferdinand C. hatte inzwischen ungeduldig auf eine Nachricht aus England gewartet. Er wird nun selbst erzählen, auf welch merkwürdige Weise diese Antwort erfolgte, wie der Graf ihn mit auf das Schloß nahm, was er dort beobachtete, was in ihm vorging. Und er wird berichten, welch schrecklichen Fortgang die Ereignisse dort nahmen, nachdem der Graf sich entschlossen hatte, seinen grausamen Plan zur Vollendung zu bringen, von dem ihn selbst Matthew und Ferdinand nicht abhalten konnten.
     

     
    Drei Wochen mußte ich warten, bis ich endlich eine Antwort auf meinen Brief an Tante Claire erhielt. Aber diese Antwort kam nicht in Form eines Briefes, sie war viel merkwürdiger.
    Eines Morgens warf ich beim Rasieren einen flüchtigen Blick aus dem Fenster. Auf dem Gehsteig gegenüber entdeckte ich einen Mann, der zu mir herauf starrte. Das kam mir merkwürdig vor. Ich zuckte mit den Schultern und zog mich an. Als ich nach einer Weile auf den Balkon ging, um eine Decke auszuschütteln, sah ich, daß der Mann immer noch dastand. Er sah sehr vornehm aus und blickte unbeweglich zu mir herauf. Was wollte er nur? Ich hatte ihn noch nie gesehen. Ich gab ihm ein Zeichen mit der Hand, aber er reagierte nicht darauf. Also wollte er doch nichts von mir. Ich schloß das Fenster und ging hinunter, um irgendwo Kaffee zu trinken. Auf der Treppe traf ich den Hausmeister, der mir erzählte, daß ein Herr nach mir gefragt habe. Seltsam, dachte ich mir, daß er dann nicht zu mir gekommen ist.
    Als ich eine Tasse Kaffee getrunken hatte, ging ich zu Roses Blumengeschäft. Sie saß wieder an ihrem Platz hinter

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