0340 - In der Häuserschlucht des Grauens
letzten Meldung etwas getan?«
Phil schüttelte den Kopf- »Nein«, brummte er. »Eines kann ich dir verraten. Sonja Kronen weiß von dieser Sache nichts. Keine Frau schläft ungestört, wenn sie weiß, daß ihre Zimmergenossin zur gleichen Zeit umgebracht wird.«
»Keine Anrufe?« forschte ich weiter. Phil schüttelte den Kopf.
»Wie ist das mit Sheila Masters passiert, und wie bist du hierhergekommen?«
Ich klärte ihn über beide Tatsachen ziemlich rasch auf. Dann gingen wir zum Tatort hinüber. Auch Phil war erschüttert.
Den weißen Alfa Romeo fanden wir erst eine gute Weile später. Sheila Masters hatte ihn in einer Nebenstraße abgestellt. Das erklärte auch, warum wir keine Handtasche bei ihr gefunden hatten. Die lag nämlich noch immer auf dem Beifahrersitz.
Ich fuhr den kleinen Wagen in die Morgan Street zurück und machte mich über den Inhalt der Handtasche her. Sie war ziemlich groß und schwer und enthielt das, was Frauen gewöhnlich mit sich herumschleppen: Puderdose, Lippenstift, Maniküregarnitur, eine Geldbörse mit Kleingeld, ihren Paß, ein Notizbuch und ganz unten einen kleinen Derringer.
Ich legte ihn vorsichtig auf den Schreibtisch und starrte ihn düster an.
Was hatte ein junges, hübsches Mädchen mit einem Revolver zu tun? Und wenn sie schon einen besaß, warum hatte sie ihn dann nicht mit hierhergebracht, in dieses dunkle Loch, in eine finstere Gegend, wo eine Frau mitten in der Nacht nicht sicher war?
Aber damit war meine Überraschung noch lange nicht zu Ende. Als ich mir nämlich die Handtasche genauer betrachtete, sah ich ganz oben am Verschluß im Seidenfutter noch ein kleines Fach. Um das zu finden, mußte man allerdings ziemlich scharfe Augen haben.
Ich nahm ein langes, flaches Lederetui heraus, und dabei verfinsterte sich Phils Gesicht ganz beträchtlich. Wir beide trugen ähnliche Etuis.
Erst als ich die Hülle auseinanderschlug, erkannte ich, daß Sheila Masters keine FBI-Agentin gewesen war. Ganz oben stand drauf:
US Customs Agent No. 27 — Dorothy Keefe.
Ich blickte Phil überrascht an.
»Die kleine Sheila Masters hat für die amerikanischen Zollbehörden gearbeitet, Phil«, sagte ich erstaunt. »Kein Wunder, daß sie sich an Joe Maggio herangemacht hat. Geht dir jetzt langsam ein Licht auf?«
Phil nickte.
»Sie war hinter den Diamanten her, die Raoul Boulanger nach New York brachte. Aber irgend jemand muß darauf gekommen sein, daß sie nicht das harmlose Mädchen ist, als das sie sich ausgab. Deshalb wurde sie hierhergelockt und ermordet.«
Ich nickte.
»Und wem konnte sie die größte Gefahr bedeuten?« half ich ihm weiter.
»Joe Maggio.«
»Vielleicht«, gab ich zu. »Vielleicht aber auch nicht. Am gefährlichsten mußte sie dem Mörder Raoul Boulangers sein, und das ist nicht unbedingt Joe Maggio.«
***
Wir warteten nicht, bis die Mordkommission ihre Untersuchungen beendet hatte, bevor wir uns dazu entschlossen, Joe Maggio einen zweiten Besuch abzustatten.
Wir fanden einen Streifenwagen mit zwei gähnenden Cops vor der ziegelbedachten, mannshohen Mauer. Sie waren froh, uns zu sehen. Maggio schien schon seit Mitternacht zu schlafen, und seitdem war niemand hier aufgetaucht, um ihn dabei zu stören.
Joe Maggio fluchte ganz gehörig, als wir ihn aus dem Bett getrommelt hatten. Wir hörten seiner Brummelei eine Weile lang zu.
»Wie hieß die Dame, die heute abend in Ihrem Haus war?« fuhr ich ihn ziemlich unfreundlich an.
»Das geht Sie gar nichts an«, antwortete er ebenso unfreundlich. »Glauben Sie nur nicht, Sie könnten…«
»Sie hieß Sheila Masters, nicht wahr?« unterbrach ihn Phil.
Maggio starrte Phil überrascht an, aber sofort blitzte ich dazwischen.
»Wußten Sie, daß Miß Masters eine Agentin der Zollbehörden war?« knurrte ich.
Das Erstaunen vertiefte sich zum Entsetzen. '
»Miß Masters wurde vor einer Stunde tot in Ihrem Büro in der Morgan Street aufgefunden:« Das war wieder Phil.
»Wo waren Sie in den letzten Stunden?«
Die Fragen verwirrten Maggio, und seine Blicke irrten über unsere Gesichter.
»Wo waren Sie in den letzten Stunden?«
»Was hatte Miß Masters in Ihrem Büro zu suchen?«
Maggio schüttelte den Kopf und hielt sich beide Hände an die Ohren.
»Ich war hier in meinem Bett!« schrie er wütend. »Und was soll das ganze Theater?«
Wieder die Fragen, und mit jeder wurde Maggio ratloser. Schließlich war er so weit, daß er in den nächsten Stuhl sank, den Kopf in die Hände nahm und uns anstarrte.
»Miß
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