0340 - In der Häuserschlucht des Grauens
Als Sheila zwanzig Minuten zu früh ihre Wohnung verließ, folgten Sie ihr lautlos, daß Sie dabei sogar meinen Kollegen hereinlegen konnten. Sheila Masters wollte sich allerdings nur Joe Maggios Laden in der Morgan Street genauer betrachten, aber das gab Ihnen die erhoffte Gelegenheit, sie aus dem Weg zu räumen.«
»Das ist nicht wahr«, erwiderte Sonja Kronen rasch. »Ich war es nicht, die sie ermordete.«
»Doch, Sie waren es, Miß Kronen«, sagte ich hart. »Sie haben sich durch das Halstuch verraten, mit dem Sie Sheila Masters erwürgten. Es stammte aus Holland, und Sheila Masters ist nie in Holland gewesen. Maggio ließ sie nämlich in Brüssel zurück, während er seine Geschäfte mit Kuiper ordnete. Das Halstuch stammte von Ihnen.«
»Ich wollte sie ja nicht umbringen!« schrie Sonja Kronen. »Aber sie merkte, daß ich ihr nachspionierte, und ich glaubte, sie hätte die Diamanten im Wandsafe gefunden.«
Ich stieß erleichtert den Atem aus. Die Sache mit dem Halstuch hatte ich geraten, aber ich hatte das Richtige getroffen.
»Sie hatten Glück und konnten mir gerade noch entkommen. Jetzt kehrten Sie also wieder in die Wohnung zurück und stellten sie auf den Kopf. Warum?«
»Ich war es nicht«, sagte sie leise. »Es war dieser Chet Fenner, der wahrscheinlich noch immer nach den Diamanten suchte. Ich wäre ihm beinahe in die Arme gelaufen.«
Phil schaltete sich ein. »Sie wußten jetzt also, daß in der Wohnung nichts mehr zu holen war. Verschwinden mußten Sie ohnehin, weil Sie uns wahrscheinlich nicht ewig täuschen konnten. Deshalb verfolgten Sie Chet Fenner, und er führte Sie zu Dutch Winkel.«
Sie nickte.
»Dann bekam ich es mit der Angst zu tun, als ich sah, wie rücksichtslos Winkel vorging.«
»Damit meinen Sie wohl den Mord an Fenner?« warf ich ein.
Sonja Kronen nickte schweigend.
»Sie verschwanden also von der Szene und verwandelten sich in eine Surinamesin?« forschte ich weiter. »Aber warum tauchten Sie dann nicht sofort unter? Wir hätten Sie wohl kaum wiedergefunden?«
»Ich hatte kein Geld«, sagte sie kläglich. »In Holland hätten Sie mich bestimmt schnell entdeckt. Aber ich wußte, daß Dutch Winkel ein reicher Mann war und daß Sie durch Chet Fenner auf ihn aufmerksam würden.«
Ich fuhr fort.
»Sie warteten also ab, bis wir an Ort und Stelle erschienen und Ihnen den Gefallen taten, Dutch Winkel aus seiner Wohnung zu locken. Inzwischen nutzten Sie die Gelegenheit, sich dort nach den Safeschlüsseln zu seinem Safe und nach der Adresse seines Geschäfts umzusehen.«
Sie nickte schweigend.
»Sie glaubten, Dutch Winkel sei anderweitig beschäftigt, als Sie in seinen Laden eindrangen. Aber wahrscheinlich hatten Sie die falschen Schlüssel, die zum Hintereingang und nicht die zum Safe. Sie warteten also auf ihn und erstachen ihn dann?«
»Nein«, keuchte sie aufgeregt. »So war es nicht. Die Schlüssel zum Safe waren auch dabei, aber als ich mit dem Safe beschäftigt war, erschien plötzlich Dutch Winkel und drohte, mich zu erschießen. Ich mußte ihn aus Notwehr erstechen.«
Phil schüttelte energisch den Kopf. »Daran stimmt einiges nicht. Erstens hatte Dutch Winkel die tödliche Wunde im Rücken. Er hätte Ihnen aber nie den Rücken zugewandt, wenn er Sie erschießen wollte. Zweitens hatten Sie den Safeschlüssel nicht, denn Winkel war nicht so dumm, ein Duplikat davon in seiner Wohnung herumliegen zu lassen. Es gab nur einen Schlüssel, und der steckte in seiner Tasche, als er sich in seinem Laden sein Geld und die wertvollen Stücke abholen wollte, die; er für seine Flucht benötigte. Es war nämlich so, daß Sie mit dem Safe beschäftigt waren, als Dutch Winkel in den Laden platzte. In seiner Aufregung wurde ihm nicht sofort bewußt, daß Sie sich schon dort befanden. Sie haben sich wahrscheinlich unter dem Schreibtisch versteckt, und als er an den Wandsafe trat, stießen Sie ihm von hinten den Brieföffner in den Rücken und leerten danach kaltblütig den Tresor. Jetzt ging es darum, irgendwo zu verschwinden, bis die Luft rein war. Geld hatten Sie ja genug, um so lange zu warten, und dieses Geld brauchten Sie nicht einmal mit Raoul Boulanger zu teilen. Daher die Idee mit Surinam.«
»Das ist nicht wahr!« schrie sie wieder. »Dutch Winkel überraschte mich in seinem Arbeitszimmer und drohte, mich zu erschießen.«
»Falsch!« sagte ich ruhig. »Dutch Winkel kam eben von einer Schießerei mit uns. Sein Revolver war noch immer warm, und er war zweifellos so nervös,
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