0342 - Schädeltanz
Zeitungsmeldung, so aufgebauscht sie auch ist, etwas dran ist.«
Er beschloß, bei der Polizei von -wie hieß das Kaff? Cuernavaca? -nachzufragen. Die Leute würden dort mit Sicherheit mehr wissen.
Bis Cuernavaca waren es immerhin nur etwa fünfzig Kilometer. Und das Telefon sollte Gerüchten zufolge in Mexiko auch schon vor ein paar Tagen erfunden worden sein.
***
Gryf hatte es sich gemütlich gemacht. Den Stuhl leicht zurückgekippt, einen Fuß auf die Querstrebe des Nachbarstuhls gesetzt, balancierte er sich gemächlich aus und verfolgte das bunte Treiben um ihn herum. Er saß vor einem Straßencafé im Zentrum der Stadt, nahe dem Nationalpalast. Er betrachtete ungeniert die hübschen Señoritas in ihren bunten Kleidern, die an dem Café vorüberflanierten.
Von der Hauptstraße zogen die Abgase aus den Auspuffrohren der unzähligen Autos herüber - Gryf schätzte, daß es in Mexico City wenigstens ebensoviele Autos wie Einwohner gab. Anders war das unglaubliche Gedränge nur schwer zu erklären. Chromblitzende Ami-Straßenkreuzer, wendige VW-Käfer, Vehikel, die nur noch von Rost und einigen Farbflecken zusammengehalten wurden - das Dröhnen der Motoren und Gellen der Hupen übertönte nahezu jedes andere Geräusch. Taxifahrer bemühten sich im Kampf um Fahrgäste, andere Fahrer nahezu von der Straße abzudrängen und die am Straßenrand entdeckten potentiellen Gäste nicht niederzufahren im Eifer des Gefechtes. Riesige Palmen überschatteten weiträumige Grünanlagen, und im Hintergrund ragten die schneebedeckten Gipfel der umliegenden Berge um die Stadt herum auf.
Gryf nippte an einem undefinierbaren Getränk, das angeblich keinen Tropfen Alkohol enthalten und recht erfrischend sein sollte - aber er war sich dieser Sache gar nicht so sicher. Allerdings war das Getränk recht teuer gewesen wie alles in diesem Teil der Stadt.
Gryf störte es nicht. Geld war für ihn recht unbedeutend. Er hatte immer gerade das, was er eben brauchte. Braucht er viel, griff er auf Merlins Reserven zurück, brauchte er wenig, war es auch gut. Gryf lebte sehr bescheiden. Wer ihn sah, traüte ihm nicht einmal den Besitz eines Kammes zu, zu wild und ungebändigt leuchtete sein blonder Haarschopf in der Sonne. Gryf spielte mit dem Gedanken, sich für die Dauer seines Aufenthaltes hier einen Sombrero zu beschaffen, um nicht einen Sonnenstich zu bekommen. Noch war es Vormittag. Aber je höher die Sonne stieg, desto schlimmer würde es werden, auch hier oben in der Höhenlage.
Er drehte Däumchen.
Wie er den Dhyarra-Kristall und seinen Besitzer nun aufspüren sollte, war ihm nicht völlig klar. Daß er nach Cuernavaca mußte, war ihm klar. Aber dann? Drüben in England hatte sich das alles recht einfach angehört. Gryf hatte sich die Landkarte angesehen, und sich dann mittels des zeitlosen Sprunges nach Mexiko versetzt. Mexico City war seine erste Etappe geworden. Von hier aus wollte er weitersehen.
Aber wie?
Schließlich besaß er keine Möglichkeit, einen Kristall aufzuspüren. Besäße er selbst einen, in Ordnung. Aber so… ? Er stellte fest, daß er sein Versprechen recht leichtfertig abgegeben hatte. Schließlich konnte er sich kaum auf die Straße stellen und nach dem Dhyarra-Träger rufen. Er konnte nur überlegen, wie er als EWIGER handeln würde, wo er seine Basis einrichten würde…
Aber unter der mexikanischen Sonne fällt das Denken schwer, vor allem, wenn man Gryf heißt und schlanken Mädchenbeinen nachschaut.
Ich müßte mir dieses Cuernavaca einmal näher ansehen, dachte Gryf. Ich hätte Teri bitten sollen, mitzukommen - dann hätte ich wenigstens einen Dialogpartner. Und nicht nur für den Dialog.
Er leerte das Glas und stellte es auf den runden Tisch. Fünf Meter von ihm entfernt erhob sich eine junge Frau, die dort eine Tasse Kaffee getrunken hatte. Das Mädchen mit dem schulterlangen schwarzen Haar war recht modisch und teuer gekleidet. Aber das störte Gryf nicht. Er sah ein hübsches Gesicht und fröhliche Augen. Er legte eine Münze auf den Tisch, erhob sich und war mit dem Mädchen zugleich an der Staße, wo Auto an Auto geparkt stand. Die Schwarzhaarige steuerte auf ein betagtes, aber außerordentlich gepflegtes Cabrio zu.
»Buenos dias, Señorita Dolores«, sagte Gryf. »Darf ich Sie nach Hause fahren?« fragte er und öffnete ihr die Beifahrertür ihres Wagens.
Die Schwarzhaarige, höchtstens zwanzig Jahre jung, sah ihn irritiert an.
»Sind Sie nicht ganz bei Trost, junger Freund?«
»Schon,
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