0342 - Schnee und schwarze Diamanten
ein Bild von Harthy in der Tasche. Er hatte sich das Gesicht genau eingeprägt - samt des Vorstrafenregisters aus früheren Jahren.
Das große Zimmer war leer. An einer Wand klebten große Spiegel wie in Pariser Restaurants. Phil betrachtete sein Ebenbild und zog die Krawatte zurecht.
»Seit wann sind Sie eitel, Mister Decker?«, fragte eine Stimme. Phil drehte sich um. Aber in der Richtung, aus der die Worte kamen, war niemand zu sehen.
»Hallo, hier bin ich, Mister Decker«, wiederholte die Stimme. Ein hagerer Mann kam auf meinen Freund zu. Harthy musste eine radikale Abmagerungskur durchgemacht haben, denn der Anzug schlotterte um seine Glieder.
»Nehmen Sie doch Platz.« Die Aufforderung war höflich.
»Na, haben Sie das Geschäft schon gemacht, Diamond-Harthy? Der Schmuck von Morrison muss sich doch gut verkaufen lassen, oder?«
»Sind Sie immer noch G-man?«, umschiffte Harthy Phils Frage. »Ich habe nie eine Vorliebe für diese Gattung Menschen gehabt, erst recht nicht wenn sie mir nachspionieren.« Harthys Augen verschwanden hinter zusammengekniffenen Lidern.
»Das kann ich Ihnen nachfühlen, Harthy. Aber leider gehört Erpressung zu den Kapitalverbrechen, die in unseren Aufgabenbereich fallen. Und Sie haben doch gewiss von einem Erpressungsversuch an Morrison gehört. Nicht? Dann muss ich Ihnen davon erzählen!«
Phil beobachtete sein Gegenüber, das unruhig mit seinen Händen über die Schreibtischplatte fuhr. Phil wusste, dass sich in diesem Raum der Tresor befand.
»Dann erzählen Sie schon, Decker, und halten Sie sich nicht so lange bei der Vorrede auf.« Nervös nagte Harthy an der Unterlippe. Sein geheucheltes Interesse warnte meinen Freund Phil. Als der Gangster Bruchteile von Sekunden seinen Blick von Phils Gesicht in Richtung Tür blinzelte, wurde Alarmstufe eins in Phils Gehirn ausgelöst.
Mein Freund saß mit dem Rücken zur Tür. Er konnte den Eintretenden trotz der Spiegelwand nicht erkennen. Jedenfalls bedeutete diese Verstärkung nichts Gutes.
Instinktiv kippte Phil mit seinem Stuhl nach hinten.
***
Mein Plan war ganz simpel. Ich wollte mit einer fahrplanmäßigen Maschine nach Chicago fliegen, mit einer Kassette unter dem Arm, in der sich eine Buddhafigur befand.
Die Leute würden mich in Chicago mit offenen Armen empfangen. Und damit hätten wir alle Beweise in der Hand, um das Nest der Rauschgiftschmuggler auszuheben.
»Und wenn diese Heroingangster Sie als Zielscheibe ansehen, ehe Sie überhaupt Ihr Sprüchlein aufgesagt haben, Jerry«, wandte Mister High ein, »dann bin ich einen G-man los.«
»Also, Sie meinen, Sir, dass ich die nächste Maschine nehmen soll?«, fragte ich mit einem verschmitzten Lächeln.
»Well«, sagte Mister High, »hier ist Ihr Flugschein.« Er öffnete eine Schreibtischschublade und zog das Ticket heraus. »Die Adresse des Chicagoer Kunden habe ich auch«, fuhr er fort. »Und im Übrigen lasse ich das Haus an der Ecke Monroe und La Salle Street überwachen.«
Jetzt war das Erstaunen an mir. Unser Chef hatte also schon lange mit dem gleichen Gedanken gespielt.
Ich nahm das Ticket und verabschiedete mich von Mister High.
In unserem Office wartete noch eine unangenehme Tätigkeit auf mich. Ich musste den Buddha bruchsicher in eine Stahlkassette verpacken. Mit viel Geduld und noch mehr Zeitungspapier gelang es mir schließlich. Für uns gab es keinen Zweifel mehr: Diese Buddhafiguren mit ihren dicken Bäuchen, die innen präpariert und gegen Röntgenaugen gefeit waren, boten sich geradezu zum Heroinschmuggel an.
Ich war überzeugt, den Boss der Rauschgiftbande in Chicago zu treffen.
***
Phils Stuhlbeine schlugen einem Mann gegen die Schienbeine, der in wenig freundlicher Absicht hinter meinen Freund getreten war. Der Getroffene schrie auf und setzte sich vor Schreck auf den Boden.
Jetzt nahte Harthy mit einer schweren Blumenvase in den erhobenen Händen. Phil zog die Beine an die Brust. Harthy zögerte und wich einen Schritt zurück. Phil sprang auf und unterlief den Gangster, der noch immer die Zehn-Kilo-Vase über seinem Kopf hielt.
Vorsichtshalber zückte Phil seine Dienstpistole und richtete sie auf den Kellner, der noch verdutzt auf dem Boden saß, nun aber einen Gummiknüppel in der Hand hielt. Er schien darauf zu warten, von seinem Boss weitere Befehle zu erhalten.
»Jetzt wird die Unterhaltung hoffentlich etwas gemütlicher«, sagte Phil zu dem Kellner, der ein Kreuz wie ein Kleiderschrank hatte, »los, steh auf, leg deinen Taktstock
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