0343 - Kampf um Lady X
Petrila haue ich mich aufs Ohr«, erklärte ich meinem rumänischen Freund. »Ich bin hundemüde, diese Nacht hat mich geschlaucht.«
»Da sagst du was.«
Unnatürlich und geisterhaft floß das Licht der Scheinwerfer vor uns her. Es berührte auch das Unterholz zu beiden Seiten des Wegs und auch die Baumstämme. Dabei sahen sie aus wie kahle Gerippe.
Ich schüttelte mich.
»Was hast du?« fragte Marek.
»Ideal für Vampire«, sagte ich. »Diese ganze Umgebung, dieses…«
Ich sprach nicht mehr weiter. Als hätte unser Gegner meine Worte verstanden, so stand er plötzlich mitten auf der Fahrbahn und wurde vom Lichtkegel der Scheinwerfer erfaßt.
Viel gesehen hatten wir beide nicht.
Vielleicht einen huschenden Schatten, der aus den Wolken gekommen war, mehr nicht.
Der Blutsauger hielt sich genau an der Stelle auf, wo eine Rechtskurve begann. Er stand da und starrte in das grelle, unnatürliche Licht der Scheinwerfer.
»Halt drauf!« sagte Marek und beugte sich vor.
Das tat ich nicht, sondern genau das Gegenteil von dem.
Ich bremste!
Der Wagen schaukelte nach, stand, und ich öffnete mit einem heftigen Ruck die Tür.
Dann sprang ich nach draußen…
***
Die Beretta hatte ich schon während des Sprungs gezogen, drehte den Arm, zielte auf die Gestalt, doch die Mündung stach ins Leere.
Boris Bogdanowich war verschwunden!
Ich zerbiß einen Fluch und sah Marek, der um den Wagen herumkam. Der Alte hatte seinen Pflock gezogen und schaute sich suchend um, wobei er den Mund verzog.
»Verdammt, er ist weg.«
»Leider.«
»Komm, wir suchen ihn.«
Frantisek wollte schon vorlaufen. Ich hielt ihn fest. »Nein, du bleibst am Wagen und bei den anderen. Vielleicht will er uns nur weglocken.«
Der Pfähler hatte verstanden. »Gut, John, ich bleibe hier.«
Als ich ging, hörte ich Dragans Stimme. Er wußte nicht, was geschehen war und stellte dementsprechende Fragen.
Ich kam von der schmalen Fahrbahn ab und tauchte in das Unterholz. Unter meinen Tritten zerbrach es. Da zerknackte Holz, ich wühlte mich durch hohes Gras und Farnkraut, schlug Äste zur Seite, damit ich schneller vorankam.
Von mir aus gesehen war der Blutsauger zur linken Seite hin in den Wald getaucht. Schnell wie ein Schatten, nicht mehr zu sehen und auch nicht zu hören.
Da man nicht geräuschlos durch den Wald laufen konnte, mußte er irgendwo stehen und auf mich lauern.
Ich wurde an eine Szene erinnert, die ich vor Jahren, bei meinem ersten Besuch in Petrila, erlebt hatte. Auch damals waren Suko und ich auf der Fahrt zum Ziel überfallen worden, von Wölfen.
Der Wald hatte mich geschluckt. Eine seltsame graue Finsternis umgab mich. Erkennen konnte ich so gut wie nichts. Die Dunkelheit hüllte mich sackähnlich ein.
Zweige und Äste wirkten wie lange Schatten. Die Bäume wuchsen dicht, sie waren für den Vampir ein ebenso großes Hindernis wie für mich.
Zudem war es nie still. Irgendwo knackte und raschelte immer etwas. Nur ging ich davon aus, daß diese Geräusche nicht von dem Blutsauger stammten, sondern von den Tieren, die ebenfalls den Wald bevölkerten.
Vorsichtig ging ich weiter. Obwohl ich mich langsam bewegte, konnte ich Geräusche nicht vermeiden. Immer wieder trat ich auf alte Äste oder dünne Zweige, die mein Gewicht nicht aushalten konnten.
Konnte ich den Blutsauger überhaupt erwischen?
Da hörte ich die Schritte!
Nicht sehr weit entfernt, das nahm ich jedenfalls an, aber in der Dunkelheit konnten Entfernungen täuschen.
Mein Kopf ruckte nach rechts. Von dort hatte ich die Geräusche vernommen, und im nächsten Moment hallte mir das hohle Lachen entgegen. Es war wirklich schaurig. Allein im nachtdunklen Wald, das Lachen des anderen, die Gänsehaut blieb nicht aus.
Ich schaute zurück.
Den Wagen sah ich nicht, dafür das Licht der Scheinwerfer, die einen hellen Streifen auf den Asphalt malten, der nur einmal unterbrochen wurde, weil Marek in den Lichtkreis geriet, als er seine Runde um den Wagen drehte.
Für einen Moment blieb er stehen. Er schaute auch zu mir, konnte mich aber nicht sehen, dafür den anderen. Einen Schatten, der plötzlich da war und an meiner Seite aus dem Wald erschien.
Etwas flog durch die Luft.
Die Falle war raffinierter, als ich angenommen hatte. Im ersten Augenblick dachte ich daran, daß Marek es geschafft hatte, denn er riß beide Arme in die Höhe.
Vielleicht wollte er pfählen, so wirkte seine Haltung auf mich.
Noch in derselben Sekunde sah ich den wahren Grund. Er hatte einem
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