0343 - Kampf um Lady X
Wurfgeschoß ausweichen wollen, und das war ihm nicht gelungen. Der hart geschleuderte Stein hatte voll getroffen.
An seinen Armen und auch an seinem Pflock vorbei war er gegen den Kopf des Pfählers geprallt. Marek bekam den Schlag, taumelte zurück, geriet außerhalb des Lichtscheins und fiel zu Boden.
Jetzt hatte der Blutsauger freie Bahn!
Und die nutzte er aus. Er hetzte auf den Wagen zu. Ich sah die Riesenschritte, seine geduckte Gestalt, aber er wollte nicht Marek, sondern die anderen beiden Personen.
Dragan war durch seine Verletzung gehandicapt, und das Mädchen konnte sich auch nicht gegen die Kräfte dieses Blutsaugers stemmen. Ich hatte Erfahrung im Umgang mit Vampiren. Sie benötigten oft nur Sekunden, um ihre grausamen Pläne in die Tat umzusetzen. Ein Biß, ein Saugen, das reichte.
Ich rannte los.
Rennen wollte ich vielleicht, doch der Wald war verflucht tückisch. Zwar wollte ich ihn nicht als einzige große Falle bezeichnen, dennoch stellte er mir Fußangeln, griff nach mir, schlug gegen Körper und Gesicht, brachte mich zum Stolpern, und im seichten, durch das hohe Gras nicht zu erkennenden Straßengraben wäre ich fast noch umgeknickt.
Ich sah nur Marek, der wie tot im Licht der bleichen Scheinwerfer lag, sich nicht rührte und den Pflock wie einen letzten Rettungsanker umklammert hielt.
Die anderen beiden hörte ich nur.
Ihre Schreie zitterten durch den Wagen, ich hörte dumpfe Geräusche, meine Angst steigerte sich ins Unermeßliche, und Dragan brüllte: »Verfluchter Blutsauger!«
Endlich war ich an der Hintertür. Sie war wieder ins Schloß gefallen, und ich riß sie wütend auf. Fast wäre sie mir noch aus der Hand gerutscht, so viel Kraft hatte ich hinter diesen Ruck gelegt.
Mein Blick war frei.
Eine hohe, grauhaarige, wuchtige Gestalt wütete innerhalb des Wohnmobils. Die Sekunden des Vorsprungs hatten Boris gereicht.
Dragan lag über dem Tisch und stöhnte. Blut lief aus seiner Nase.
Ein mörderischer Schlag mußte ihn dorthin katapultiert haben.
Der Vampir beschäftigte sich mit dem Mädchen. Er hatte Bianca Schwarz schon von ihrem Lager hochgerissen und hielt die sich Wehrende so, daß er in ihren Hals beißen konnte.
Dragan wälzte sich mühsam herum und war dabei, sich wieder in die Höhe zu stemmen.
Genau in dem Moment stand ich mit schußbereiter Beretta im Wohnmobil.
Weder Menschen noch Vampire haben auf dem Rücken Augen.
Dennoch mußte Boris Bogdanowich etwas geahnt haben, denn er fuhr plötzlich herum, bevor ich noch abdrücken konnte.
Dann durfte ich nicht mehr schießen, denn er benutzte Bianca als Deckung.
Sie war ein zappelndes Bündel Mensch in seinen Armen. Der Griff des Blutsaugers erinnerte an eine Klammer, und einen Herzschlag später flog mir das Bündel entgegen.
Normalerweise hätte ich ausweichen können, nicht in dem engen Wohnwagen.
So mußte ich sie nehmen.
Wuchtig prallte sie gegen mich. Ich drückte meinen Kopf noch zur Seite, so stieß ihr Gesicht nicht gegen meine Stirn, sondern vor die Schulter. Die starke Kraft konnte ich nicht mehr ausgleichen. Zusammen mit Bianca flog ich zurück und krachte mit dem Rücken gegen die schmale Wohnwagentür am Heck.
Es war ein stabiles Gefährt. Die Tür brach nicht ein, sie splitterte auch nicht. Ich bekam dennoch weiche Knie, zudem klammerte sich Bianca in ihrer Panik an mich, so daß es mir schwerfiel, sie wegzustemmen.
Als ich dies erreicht hatte, war es bereits zu spät. Boris Bogdanowich hatte die Gunst der Sekunde genutzt und war bereits aus dem Wohnbereich des Wagens verschwunden.
Ich sah ihn nicht mehr und hörte nur noch, wie er durch die Fahrertür nach draußen sprang.
Den gleichen Weg zu nehmen, hätte mich zuviel Zeit gekostet.
Also drehte ich mich herum, riß die Hintertür auf und sprang aus dem Wagen.
Ich war ebenso schnell wie der Vampir, dennoch nicht schnell genug. Abermals vernahm ich sein hohles Lachen, das sich mit dem Knacken und Brechen des Unterholzes mischte.
Dann war er weg.
Eingetaucht in den düsteren Wald, der ihn umschlang wie schützende Arme. Ich rannte noch bis zum Rand der Straße, stoppte dort und schaute dorthin, wo er verschwunden war.
Da gab es nur die Finsternis.
Wütend trat ich den Rückzug an. Wieder einmal hatte uns der Blutsauger geleimt.
Die Bilanz war erschreckend. Nicht nur Dragan war durch die Umstände außer Gefecht gesetzt worden, auch Marek, der Pfähler.
So blieb ich praktisch als einziger übrig.
Ich hatte große Angst um den Freund,
Weitere Kostenlose Bücher