0346 - In der Nachbarschaft des Todes
Ich denke, da können wir allerlei Verstärkungen ziusammentrommeln.«
»Bringen Sie den Leuten bei, daß sie sich beeilen sollen, Chef. Uns läuft die Zeit unter den Fingern davon.«
»Natürlich werde ich auf Eile dringen. Noch etwas, Jerry?«
Phil stand so dicht neben mir, daß er mithören konnte. An meiner Stelle sagte er plötzlich in den Hörer:
»Chef, hier spricht wieder Phil. Angenommen, ein G-man findet im Zuge irgendwelcher Ermittlungen ein geheimnisvolles Zeichen, ein unverständliches Wort oder eine Zahlenkombination, mit der er nichts anfangen kann. Was würde er logischerweise tun?«
»Ihre Frage überrascht mich, Phil. Sie wissen doch genau, was wir tun würden: Wir würden dieses Wort oder diese Zahlenkombination nach Washington weitergeben. In der FBI-Zentrale gibt es eine sehr gut arbeitende Dechiffrier-Abteilumg, die so ziemlich alles herausfindet, was änderte Leute verschlüsselt haben.«
»Dann sind wir einer Meinung, Chef. Und dann möchte ich Sie bitten, an die Dechiffrier-Abteilung nach Washington den Satz durch zugeben: ›Das Clenners-Building fliegt um 13.59 Uhr in die Luft.‹ So lautete ja wohl der Anruf.« Mr. High schien ebenso verblüfft zu sein wie ich, denn es dauerte ein paar Sekunden, bis er fragte:
»Warum soll das an die Dechiffrier-Abteilung gehen, Phil?«
»Weil es nicht unsere Art ist, die Zeit anzugeben«, sagte Phil. »Dreizehn Uhr, Chef, das sagt man in einigen europäischen Ländern, nicht in den USA. Wir sagen ja jede Zeit so, daß sie auf die Mittagsstunde bezogen ist: Zwei Uhr vor der Mittagsstunde bedeutet bei uns eben zwei Uhr früh, also in der Nacht. Und zwei Uhr nach der Mittagsstunde wäre zwei Uhr nachmittags. Dreizehn Uhr wird kein Amerikaner sagen.«
»Ja, da gebe ich Ihnen uneingeschränkt recht, Phil. Amerikanisch ist das nicht. Das geht sofort per Fernschreiben und Dringlichkeitsstufe Ems nach Washington an die Dechiffrier-Abteilung«, sagte Mr. High schnell. »Sie haben mich überzeugt, Phil. Hoffen wir, daß die Herren in Washington schnell genug herausfinden, was diese merkwürdige Formulierung bedeuten soll.«
»Danke, Chef«, sagte Phil. »Hoffentlich bedeutet es nicht, daß die Bombe schon in zehn Minuten hochgeht. Dann können sich die Leute in Washington nämlich die Arbeit sparen.«
Phil legte den Hörer auf und sah mich vorwurfsvoll an.
»Wenn ich nicht über alles nachdenke«, brummte er und grinste hinterhältig, »von dir kann man das wohl nicht verlangen, wie?«
***
Das ganze Clenners-Building glich in einer gewissen Weise einem Zuchthaus: die Bewohner waren von der Außenwelt weitgehend abgeschnitten. Alle Telefonverbindungen außer denen, die wir brauchten, waren von der New.. Yorker Telefongesellschaft lahmgelegt worden.
Ein dichter Ring von Polizisten umgab das Gebäude und verriegelte alle Zugänge. Und aus Gründen der Verkehrssicherheit zerbrachen sich im Hauptquartier der Stadtpolizei die Experten schon den Kopf darüber, wie man den Autoverkehr auf den angrenzenden Straßen umleiten könnte.
Alle diese Maßnahmen konnten verständlicherweise der Öffentlichkeit nicht verborgen bleiben, und aus diesem Grunde entschloß sich die Presse-Abteilung des New Yorker FBI, die Wahrheit bekanntzugeben, nämlich, daß ein Bombenanschlag autf das Clenners-Building durch einen anonymen Anruf angekündigt worden sei.
Zwei Minuten nach dieser Verlautbarung brachte die erste Rundfunkstation diese alarmierende Meldung mitten in einem Unterhaltungsprogramm.
»Achtung! Achtung!« sagte der Sprecher: »Wir unterbrechen unser Programm zur Durchgabe einer wichtigen Meldung. Wie das FBI, New York Distrikt, vor wenigen Minuten bekanntgab, ist auf das Clenners-Building — das zu den größten Wolkenkratzern Manhattans gehört — ein Bombenanschlag geplant. Dies geht aus einem anonymen Anruf hervor, dessen Herkunft nicht ermittelt werden konnte. Es steht nicht fest, ob tatsächlich ein solcher Anschlag erfolgen wird, oder ob es sich bei dem Anruf um die erfundene Sensation eines Hysterikers handelt. FBI, Staats- und Stadtpolizei haben jedoch alle Maßnahmen ergriffen, um das angekündigte Attentat zu verhindern. Die Bevölkerung wird dringend ersucht, in den nächsten Stunden die Nähe des Clenners-Buildings zu meiden, um der Polizei eine reibungslose Arbeit zu ermöglichen. Wir werden in regelmäßigen Abständen weitere Meldungen bringen.«
Nach Schätzungen von Fachleuten wurde diese erste Meldung von annähernd fünfhunderttausend
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