0346 - In der Nachbarschaft des Todes
stellt, ergibt sich eine Polizeitruppe, die den Personalbestand mancher Polizei in einer mittelgroßen Stadt übertrifft. Ich war mit der Nachricht, daß innerhalb weniger Minuten sechzehn Detektive aus dem Hauptquartier der Stadtpolizei und binnen dreißig Minuten per Flugzeug sechzig G-men aus den Nachbarstaaten zusätzlich eintreffen würden, sehr zufrieden, bis der glatzköpfige Bursche, den uns die Stadtpolizei als Sprengstoffexperten geschickt hatte, von seinem Sessel her nüchtern erklärte:
»Das ist doch alles nur ein Tropfen au! dem heißen Stein! Sobald Sie diese vierundsiebzig —«
»Sechsundsiebzig«, sagte Phil. »Meinetwegen sechsundsiebzig! Also, wenn Sie diese sechsundsiebzig Leute erst einmal hier haben, können Sie noch zwei Etagen mehr durchsuchen lassen. Aber ich will Ihnen mal etwas vorrechnen: Bei der Weitläufigkeit jedes Stockwerks brauchen die einzelnen Gruppen wenigstens neunzig Minuten, bis sie eine Etage durchsucht haben. Das bedeutet: Es wird zwei Uhr mittags sein, und wir werden im allergünstigsten Falle die untersten zwölf Etagen dieses Gebäudes abgesucht haben! Zwölf Stockwerke von vierundsiebzig! Kapieren Sie endlich, daß es ausichtslos ist?«
Phil sah mich ernst an. Ich senkte den Kopf, starrte auf die Pläne und mußte dem Kahlköpfigen recht geben. Aber alles in mir sträubte sich gegen seinen fatalistischen Gleichmut. Sollten wir wegen der offenbaren Aussichtslosigkeit gar nichts unternehmen?
»Okay, okay«, knurrte ich. »Er hat recht. Aber was sollen wir tun? Kartenspielen, bis es endlich knallt?«
»Man merkt, daß Sie keine Erfahrung mit solchen Dingen haben«, erklärte der Bursche ein bißchen hochnäsig, »Ich würde alle Leute darauf an setzen, herauszufinden, wem dieser Bombenanschlag gelten soll. Wenn Sie das erfahren, wissen Sie auch, in wessen Umgebung die Bombe zu finden sein muß.« Dieser Bursche konnte kritisieren und kritisieren, aber einen brauchbaren Vorschlag brachte auch er nicht zustande.
»Erstens«, schnaufte ich ärgerlich, »erstens gibt es keinerlei Garantie dafür, daß der Bombenanschlag tatsächlich einer bestimmten Person gelten soll. Ebensogut kann der Attentäter einen Spleen haben und nur mal groß in die Zeitungen kommen wollen. Jedes Jahr verüben auf der Welt einige Tausende nur deshalb die fürchterlichsten Verbrechen, weil sie einmal in, den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten wollen. Zweitem, Mister Experte, zweitens gibt es in diesem Hause insgesamt rund fünfzehntausend Menschen! Wenn Sie bei jeder einzelnen Person innerhalb von drei Stunden einigermaßen zuverlässig harausfinden wollen, ob sie aus diesem oder jenem Grunde so haßerfüllte Feinde haben könnte, daß ein Bombenanschlag eben auf diese Person möglich erscheint, dann brauchen Sie wegen der kurzen Zeit pro Person wenigstens sechs Detektive, das macht bei fünfzehntausend Fällen ein Heer von neunzigtausend Detektiven! Ich weiß nicht, ob es in den ganzen Vereinigten Staaten so viele Detektive gibt.«
»Himmel und ewiges Wetter!« gestand der Glatzköpfige betroffen. »So viele Leute hausen in diesem Bau? Damit hatte ich nicht gerechnet.«
Ich griff nach den Zigaretten. Während Phil und ich uns bedienten, der Sprengstoffexperte dagegen ablehnte, sagte ich:- »Wir bleiben bei der bisherigen Taktik. Es wird Stockwerk für Stockwerk durchsucht.«
Phil nahm den Telefonhörer, der jetzt bereits die direkte Verbindung mit dem FBI-Distriktsgebäude hatte.
»Den Chef, bitte«, sagte er, als unsere Zentrale sich meldete.
»High«, sagte gleich darauf die ruhige Stimme unseres Chefs.
»Hier ist Phil«, erwiderte mein Freund und rechnete dem Chef vor, wie viele Leute pro Stockwerk nötig seien, um innerhalb der uns zur Verfügung stehenden Zeit die Etage nach der Bombe abzusuchen. »Diese Zahl müssen wir mit vierundsiebzig multiplizieren, Chef, denn so viele Etagen hat der Bau! Können Sie uns sagen, wo wir diese Leute hernehmen sollen?«
»Nein, Phil, das kann ich nicht. Es ist absolut unmöglich, so viele Leute aufzutreiben. Keine Polizei in der ganzen Umgebung kann so foele Leute hergeben, ganz einfach, weil keine Dienststelle so viele Leute hat.«
Ich gab Phil ein Zeichen und ließ mir den Telefonhörer aushändigen.
»Hallo, Chef«, sagte ich. »Alarmieren Sie die Feuerwehr! Fragen Sie bei der Armee an! Und bei der Kriegsmarine im Hafen. So gemütlich, wie es jetzt läuft, kann es jedenfalls nicht weitergehen.«
»Das sind drei gute Vorschläge, Jerry.
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