0348 - Henker der Hölle
hatte er nur einen verächtlichen Blick übrig. Die Eröffnung, daß für die Übermittlung der Kraft ein Mensch geopfert worden war, hatte ihn geschockt… nun, er würde sich bald daran gewöhnt haben. Er war Eysenbeißens Werkzeug, das dieser nicht mehr aus den Krallen lassen würde.
Er hatte Fleming so weit im Griff.
Diesmal mochte er sich noch gesträubt haben. Aber der letzte Widerstand würde zerbrechen.
Aber Eysenbeiß war ungeduldig. Er wollte es hinter sich bringen, jetzt und hier. Nie war die Zeitlose ungefährlicher und hilfloser gewesen als in diesem Moment. Und wenn sie starb, war eine große Gefahr beseitigt.
Eysenbeiß hob das langschäftige Henkersbeil mit der leicht gerundeten Klinge. Er wuchtete es hoch, nahm Maß. Die Zeitlose lag günstig. Er konnte sie mit einem kräftigen Schlag enthaupten.
Früher hatte er das als Hexenjäger und Inquisitor immer dem Henker überlassen. Er hatte nur die Beweise gesammelt und das Urteil gesprochen.
Anschließend waren seine Opfer verbrannt worden.
Aber jetzt war es an der Zeit, daß er sein Urteil selbst vollstreckte.
Als Herr der Hölle war er nicht nur Richter, sondern auch Henker. Er wartete nicht, bis Bill Fleming wieder erwachte, um ihn unter seinen Willen zu zwingen.
Er ließ das Henkersbeil hochwirbeln, als hätte er nie etwas anderes getan. Die schwere Klinge beschrieb einen weiten Bogen durch die Luft und raste pfeifend auf den Hals der Zeitlosen herab.
***
Der Lift trug Gryf und Zamorra zur fünften Etage hinauf. Inzwischen wußten sie, daß der Mann, der Fleming genannt worden war, aber eigentlich nicht wie Bill aussah, nicht im Hause war. Zamorra war unsicher.
Wenn sie sich irrten, verletzten sie die Privatsphäre eines Fremden, und das gefiel ihm gar nicht. Er war kein Einbrecher. Bei Bill selbst sah er das etwas anders. Sie waren immer noch Freunde – zumindest von Zamorras Perspektive aus. Und sie hatten; immer gegenseitig uneingeschränktes Hausrecht gehabt.
Der Lift spie sie aus. Langsam schlenderten sie über den breiten Korridor mit den schweren, schalldämpfenden Teppichen. Kostbare Gemälde hingen an den Wänden, in Fensternischen blühten kleineWintergärtchen um Sitzgruppen herum. Zamorra zählte die Türen.
»Elf… dreizehn… fünfzehn…«
Die Tür zu Nummer fünfzehn war nur angelehnt. Dahinter rumorte ein Staubsauger irgendwo in der Suite. Das Zimmermädchen war bei der Arbeit.
»Das wird ja noch einfacher«, sagte Gryf. »Komm, Alter.«
Er zog Zamorra am Ärmel hinter sich her, in die Suite hinein. Schon als sie den Wohnbereich betraten, wußte Zamorra Bescheid.
Hier wohnte Bill Fleming.
Ganz gleich, unter welchem Namen er sich eingetragen hatte, ganz gleich, wie er sein Äußeres verändert hatte. Zamorra erkannte genug der privaten Dinge wieder, die er bei Bill so oft gesehen hatte.
Das Brummen des Staubsaugers verstummte. Im Schlafraum wandte das Mädchen sich um und sah durch den Durchgang Zamorra und Gryf.
»Was machen Sie denn hier?«
»Einen guten Eindruck, hoffe ich«, versicherte Gryf und zog Zamorra mit sich in den zeitlosen Sprung, um ellenlange Erklärungen zu vermeiden.
Was sie wissen wollten, wußten sie.
Gryf war mit Zamorra vor die Lift-Tür im Empfang gesprungen… Dort fiel ihre Ankunft am wenigsten auf. »Kommst du noch mit nach draußen, Mädchen anschauen und einen Erfrischungstrunk nehmen?« fragte der Druide. »Immerhin können wir jetzt doch nichts anderes tun, als auf Bills Rückkehr zu warten.«
»Hast du nichts anderes im Kopf als die Mädchen? Die haben doch sowieso nahezu alle ihre festen Begleiter…«
»Glaubst du. Und wenn schon. Auch die Begleitung kann man wechseln, wenn man etwas Besseres sichtet«, verkündete Gryf selbstbewußt.
»Wie ist es nun? Da draußen über dem Pool scheint die Sonne.«
»Wir müssen Bill finden«, wandte Zamorra ein.
»Aber, Mann, wir haben ihn doch gefunden! Der kommt ja auch mal wieder nach Hause und…«
»Ich meine das andere«, sagte Zamorra unruhig. »Ich habe das dumpfe Gefühl, daß etwas nicht in Ordnung ist. Ich will wissen, wo er jetzt steckt, verstehst du? Falls die Vermutungen stimmen und es tatsächlich 67 Bill ist, der der Zeitlosen ans Leder will… dann ist irgendwo eine Hexenküche am Dampfen. Ich spür’s einfach.«
»Und wie willst du ihn nun aufspüren?« fragte Gryf. »Gut, er wohnt hier, aber Tampico ist trotzdem groß. Vielleicht ist er sogar irgendwo draußen auf einer Yacht und feiert Parties…«
»Ich hoffe,
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