0349 - Das Dyarra-Inferno
blitzschnellen Bewegung fing er den Arm des Unheimlichen ab, Sekundenbruchteile bevor der Keil die Glasscheibe zerstören und damit das Chaos auslösen konnte. Die andere Faust zuckte vor und schleuderte den Unheimlichen in seine Sitzreihe zurück. Er taumelte gegen die Lehne des nächsten Sitzes und stöhnte auf.
Währenddessen hatte seine andere Erscheinung sich nicht bewegt. Nach wie vor saß das Abbild da, den Kopf leicht geneigt, und döste vor sich hin!
Und genau das - sahen auch die anderen Fluggäste!
Und sie sahen einen Mann in Lederkleidung, der aufsprang, nach etwas griff und eine Schlagbewegung ins Nichts durchführte, sie sahen, wie eine Sitzlehne erzitterte. Der Passagier da vorn drehte empört den Kopf, weil er sich zu Recht in seiner Ruhe gestört fühlte.
Im nächsten Moment verschmolzen die beiden Erscheinungen wieder miteinander. Der Unheimliche, der an seinem Attentat gehindert worden war, glitt auf seinen Sitz zurück und in sich hinein. Ruhig saß er wieder da, als ginge ihn die ganze Sache nichts an. Der metallene Keil in seiner Faust war verschwunden.
Nur Rob Tendyke stand noch aufrecht.
Andere Fluggäste sahen ihn überrascht an. Ein Mann, der plötzlich aufsprang und Schattenboxen machte - konnte der noch ganz richtig im Kopf sein? Zumal er aussah wie ein wilder Cowboy aus der amerikanischen Pionierzeit in seinem ledernen Fransen--hemd, das weit offen stand, in ledernen Jeans, hochhackigen Stiefeln und mit dem ledernen Stetson, der jetzt etwas verrutscht war.
Tendyke überlegte blitzschnell.
Niemand hatte gesehen, was sein Vordermann wirklich getan hatte. Die Illusion hatte alle getäuscht. Nur er selbst hatte sie durchschauen können.
Wenn er jetzt gegen diesen Unheimlichen vorging, hatte er das ganze Flugzeug gegen sich. Er würde der Böse sein, der einen friedlichen Passagier angriff.
Denn er konnte ja nichts beweisen…
So entschied er sich, sich diesen Burschen nach der Landung, nach dem Verlassen der Concorde, vorzuknöpfen. Bis dahin aber wollte er ihn aufmerksam beobachten.
Er ließ sich wortlos wieder in seinen Sessel fallen und tat, als sei überhaupt nichts passiert. Die verwunderten, fragenden Blicke der anderen ignorierte er einfach. Er war dickfellig genug, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen - das einzig Vernünftige, was er tun konnte. Denn wenn er sich auf eine Diskussion über sein seltsames Verhalten eingelassen hätte, eine Rechtfertigung versucht hätte, wäre er erst recht für verrückt erklärt worden.
Statt dessen versuchte er sich über seinen Vordermann klar zu werden. Der mußte ein Magier sein, oder gar ein dämonischer Geist. Und er mußte es gezielt auf Tendyke abgesehen haben. Denn wenn es ihm nur darum gegangen wäre, Zerstörungen im Flugzeug hervorzurufen, hätte er leichter und unauffälliger die Fensterscheibe neben sich zerschlagen können. Und dann hätte Tendyke vielleicht nicht schnell genug eingreifen können.
Und kaum einer der anderen Passagiere würde einem Dämonengeschöpf mehr Grund geben, anzugreifen, als ausgerechnet Tendyke. Er gehörte zu jener kleinen Gruppe von Menschen, die sich aktiv gegen die Höllenmächte wandten, ihre Diener immer und überall bekämpften, und die den Dämonen daher auch ziemlich bekannt waren. Ein Anschlag konnte überall und jederzeit erfolgen. Es mußte keinen besonderen Grund haben, daß Tendyke hier aus dem Flugzeug geschleudert werden sollte.
Und, bei Avalons Macht, es wäre fast gelungen, mich zu töten! durchfuhr es ihn. Ich war nicht darauf vorbereitet, jetzt gehen zu müssen, und so hätte ich es nicht gekonnt… Ich hätte Avalon nicht erreicht. …
Dabei war er sich nicht einmal sicher, ob seine Gegner tatsächlich von diesem kleinen Geheimnis wußten, das ihn schon einige Male gerettet hatte. Nicht einmal seinen besten Freunden war es bekannt. Und das allein war Tendykes Überlebensgarantie, die er sich niemals entreißen lassen wollte.
Sie würden es nicht bedacht haben, daß er unvorbereitet war, daß der Kälteschock und die Dekompression nach der Ausschleuderung aus dem Flugzeug ihn daran gehindert hätten, schnell genug das Ritual zu vollziehen, den Schlüssel zu benutzen. Diesmal hätte es ihn erwischt.
Nicht sö wie vor Wochen, als Bill Fleming auf ihn schoß, als er Zeit genug hatte, sterbend den Schlüssel einzusetzen und…
Er riß sich aus seinen Gedanken. Das war Vergangenheit. Gegenwart war der dämonische Attentäter, der relativ unangreifbar vor Tendyke saß und
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