035 - Das Wachsfigurenkabinett
Eingangstür, und zwei Gestalten verließen das Wachsfigurenkabinett. Ihre Bewegungen waren seltsam ungelenk. Sie überquerten die Straße. Eine der Gestalten setzte sich in Murrays Wagen, die andere sperrte Shorters VW auf und kroch hinters Steuer. Dann fuhren die Wagen los.
Collins versuchte, die Wagentür zu öffnen, doch es war, als würde eine unsichtbare Kraft dagegen pressen. Das Fenster ließ sich auch nicht herunterkurbeln.
»Wir sind gefangen«, keuchte Collins.
Coco nickte.
»Wenn wir die Fenster einschlagen, können wir vielleicht entkommen«, meinte Chapman.
»Das ist sinnlos«, sagte das Mädchen. »Ich weiß, wie man so einer Falle entfliehen kann, aber ich weiß nicht, ob ich die Kraft aufbringe, die dazu notwendig ist.«
»Versuchen Sie es!« drängte Collins.
»Natürlich werde ich es versuchen.«
Coco ‚kramte in ihrer Handtasche herum, holte ein Stück
Wachs heraus und knetete es zwischen ihren Fingern, bis es weich geworden war. Dann brach sie ein Stück ab und reichte es Collins; Chapman gab sie ein kleineres Stückchen.
»Verstopft euch die Ohren damit!« sagte Coco. »Möglichst tief reinstecken. Aber vorher tauschen wir noch den Platz«, sagte sie zu Collins. Sie kletterte über ihn rüber und klemmte sich hinters Steuer. »Sobald ihr das Wachs in den Ohren habt, schließt die Augen und öffnet sie erst, wieder, wenn ich euch das Wachs aus den Ohren hole! Verstanden?«
Collins nickte, und Coco warf dem kleinen Chapman einen Blick zu. Das Mädchen stopfte sich das Wachs so tief es nur ging in die Ohren.
Chapman schloß die Augen, und Collins folgte seinem Beispiel.
Die Falle war nicht besonders stark, aber kein normaler Mensch hätte sich daraus befreien können; und der Dämon rechnete wahrscheinlich nicht damit, daß irgend jemand, der mit Magie vertraut war, in so eine plumpe Falle gehen würde. Hätte Coco ihre Fähigkeiten von früher besessen, hätte sie über diese Falle nur mitleidig gelächelt, doch jetzt war ihr nicht zum Lachen zumute. Mit ihren beschränkten Fähigkeiten konnte sich diese Falle als unüberwindbar entpuppen und dann waren sie verloren.
Coco holte ein Stück Kreide aus der Tasche. Die Kreide hatte bei magischen Beschwörungen eigentlich keine besondere Bedeutung, sie diente nur als Konzentrationshilfe.
Es gab verschiedene Möglichkeiten, dieser Falle zu entfliehen. Sie entschied sich für einen Spruch, der von Albertus Magnus aus dem dreizehnten Jahrhundert stammte. Mit Kreide schrieb sie in Blockbuchstaben auf die Windschutzscheibe: Ofano, Oblamo, Opsergo. Dazu schloß sie die Augen und wiederholte laut die drei Namen. Dann löschte sie sie wieder aus, wozu sie ein weißes Stofftuch nahm. Anschließend schrieb sie: Hola noa massa. Und dann: Light, Bef, Cletemati, Adonai auf die Scheibe.
Sie merkte bald, daß ihre Beschwörung etwas nützte. Die Luft vor dem Auto begann zu flimmern. Rotes Licht strahlte aus dem Boden. Dann war ein seltsames Sausen zu hören, das immer stärker wurde. Die Luft über dem Auto kochte.
Coco startete, und der Motor sprang an. Sie raste auf die rotglühende Wand zu und durchdrang sie. Im Rückblickspiegel sah sie, daß die flimmernde Luft in sich zusammenfiel. Der Spuk war vorbei. Rasch fuhr sie weiter, denn sie fürchtete in eine neue Falle zu geraten; doch ihre Befürchtung bewahrheitete sich nicht. Sie erreichte den Ort, fuhr am Marktplatz vorbei und dann die Landstraße entlang. Schließlich blieb sie stehen und gab dem neben ihr sitzenden Collins einen Schubs und griff nach Chapman.
Es war ziemlich schwierig, das Wachs aus den Ohren herauszubekommen.
»Wir hatten Glück«, sagte Coco, als sie wieder hören konnten. »Aber der Dämon ist jetzt gewarnt. Es wird schwierig sein, sich unbemerkt an ihn heranzumachen. Ich schlage vor, wir suchen uns ein Hotel am Stadtrand und fahren morgen zeitig hierher zurück.«
»Ihr Vorschlag hat etwas für sich«, sagte Collins. »Wir wissen jetzt, daß sich der Dämon ständig hier aufhält, sonst hätte er sicherlich nicht die magischen Fallen errichtet.«
Coco nickte. Es war nach Mitternacht, und sie dachte daran, daß ihre Bemühungen, Madame Picard in die Gewalt zu bekommen, vergeblich gewesen waren, da sie nicht den zweiten Teil der Beschwörung hatte durchführen können.
Das Mädchen fuhr langsam weiter. Sie hatte Angst, denn sie wußte über die Gefährlichkeit des Dämons Bescheid. Da er ein Schattenbeherrscher war, verfügte er über einige unglaubliche
Weitere Kostenlose Bücher