0355 - Die Bande der Nachzehrer
In diesem Fall aber kam er seinen Plänen zugute, der Schnee verdeckte sehr viel, und er würde auch den in seinem Schutz heranschleichenden Nachzehrern Deckung geben.
Marco zündete sich eine Zigarette an. Er nahm sich fest vor, wenn er die Zigarette aufgeraucht hatte und sein Helfer wieder zurückgekommen war, im Wohnwagen nachzuschauen.
Dort konnte es einfach nicht mit rechten Dingen zugehen. Jetzt ärgerte er sich, daß er den Jungen hatte gehenlassen.
Marco deckte seinen Glimmstengel nicht weit mit der Hand ab und hörte das Zischen, als Schneeflocken zischend die Glut auslöschten.
Er warf die Kippe weg, drehte sich dabei um und sah die beiden Männer vor sich stehen.
***
Die Besucher waren Marek und ich!
Es war uns gelungen, von Marco unbemerkt, das Gelände zu betreten und von ihm erst im allerletzten Moment entdeckt zu werden.
Ich fühlte mich wieder einigermaßen passabel, zwar war da noch der Druck im Kopf, aber der ließ sich ertragen.
Frantisek Marek hatte da mehr Schwierigkeiten, doch er biß die Zähne zusammen. Nicht ein Wort der Klage kam über seine Lippen.
Wir aber standen ihm gegenüber, und Marco mußte den Schreck seines Lebens bekommen haben, wenn ich seinem Gesichtsausdruck Glauben schenken wollte.
Wahrscheinlich rechnete er damit, lebende Tote vor sich zu sehen, anders konnte ich den Ausdruck nicht deuten.
Wir standen da und schauten ihn an.
Ich bewegte mich zuerst. Den rechten Arm drückte ich zur Seite.
Das Zeichen galt Marek. Er verstand es auch und blieb zurück, während ich langsam vorschritt.
Unter meinen Sohlen knirschte der Schnee. Von rechts her kam der Wind und wehte mir zahlreiche Flocken ins Gesicht.
Ich ging vor, und Marco, der sich noch immer nicht gefangen hatte, bewegte sich zurück. Im selben Tempo wie ich, so daß die Distanz zwischen uns unverändert blieb. Weit konnte er nicht zurück. Das Grundstück war bald zu Ende.
Er sagte kein Wort. Die Schneeflocken auf seinem bleichen Gesicht schmolzen weg. Der Mund stand offen, unter seinen Sohlen knirschte ebenfalls der Schnee. Sehr bald schon würde er mit dem Rücken gegen die Tannenbäume stoßen, und dann war es vorbei.
Noch zwei Schritte.
Er merkte kaum, daß die Zweige bereits in seinen Rücken stachen.
Erst als das Hindernis zu stark wurde, drehte er sich um. Bei dieser Bewegung schnellten die gebogenen Zweige zurück.
»Und jetzt?« fragte ich.
Er gab mir keine Antwort. Dafür hörte ich Marek näherkommen.
Hinter mir blieb er stehen.
»Ich will etwas von dir wissen!«
Marco schüttelte den Kopf. Allmählich überwand er seine Überraschung, das sah ich ihm deutlich an.
»Wo ist Stani?« Die erste flüsternde Frage drang mir entgegen.
»Im Wagen«, erwiderte ich.
»Tot?«
»Nein, er lebt noch. Ich habe ihn festgebunden. Von allein wird er nicht freikommen.«
»Aber ihr habt es geschafft.«
»Sicher…«
»Und wie?«
Wieder lächelte ich kalt. »Es war gar nicht so schwer«, untertrieb ich. »Es gibt einfach gewisse Tricks, die muß man kennen, dann kann man jede Fessel lösen. Stani kennt sie nicht.«
Meine Sicherheit erschütterte ihn. Er senkte den Kopf, schüttelte ihn und drehte sich dabei ab.
»Kommen wir zu deinen Freunden, den Nachzehrern«, erklärte ich. »Gern möchte ich von dir wissen, wie alles entstanden ist. Wie kann es möglich sein, daß die Nachzehrer…«
Er lachte und zog sein Messer.
Zuerst sah ich es nicht, bis die Klinge plötzlich aus dem Heft und gleichzeitig aus seiner Faust schoß, so daß ich auf den langen, gefährlich blitzenden Stahl schaute.
Marco griff sofort an. Er ließ mir überhaupt keine Zeit mehr und wollte die Klinge in meinen Leib stoßen.
Doch er hatte Pech. Der Schnee machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Auch wenn die Unterlage nicht aus Glatteis bestand, so war sie doch rutschig, und er hatte große Mühe, sich überhaupt vorwuchten zu können.
Der Stoß fehlte. Ich hatte meinen Oberkörper nur mehr ein wenig zur Seite zu biegen brauchen, um dem Stahl zu entgehen. Aber Marco war gewandt, seine Hand zuckte sofort wieder zurück, und mein Tritt verpuffte ins Leere. Dafür rutschte ich mit dem Standbein weg.
Mir erging es nicht so gut wie Marco, ich verlor das Gleichgewicht und fiel auf den Rücken. Hinter mir hörte ich Marek reden. Ich wußte nicht, mit wem er sprach, es konnten Kunden sein, aber das mußte mir in diesen Augenblicken egal sein, da der Messerstecher meine volle Konzentration erforderte.
Er triumphierte. Sein Maul
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