0355 - Die Bande der Nachzehrer
hatte er aufgerissen, als ein Schrei über seine Lippen drang und er sich auf mich stürzte. Er hatte den Arm hochgerissen, die Hand raste nach unten, und auch seinen Oberkörper warf er dabei vor.
Ich zog im gleichen Moment die Beine an, ließ sie auch wieder vorschnellen, aber ich war noch zu langsam. Er fiel schwer auf mich und wollte seinen rechten Arm nach unten stoßen.
Meiner fuhr ihm entgegen.
Diesmal war ich schneller. Bevor die Spitze der langen Klinge auch nur meine Haut ritzen konnte, gelang es mir, sein Gelenk zu umklammern und es herumzudrehen.
Gleichzeitig wuchtete ich seinen Körper nach rechts, so daß er zur Seite kippte, in den Schnee fiel, ich gleichzeitig meinen Unterkörper drehte und es mir gelang, meine Beine auf den anderen zu pressen.
Ich drückte ihm die Knie in den Magen, während ich weiterhin das Messergelenk festhielt und auch seinen Arm auf die Seite wuchtete, so daß die Hand im Schnee zu liegen kam.
Aufgeben wollte ich nicht.
Wenn ein Mensch kämpfen konnte wie ein kleines Raubtier, traf das bei Marco zu. Er besaß eine so große Geschmeidigkeit, daß es mir nicht gelang, ihn festzuhalten. Er glitt unter meinem Körper hinweg und rutschte zur Seite.
Noch hielt ich sein rechtes Gelenk umklammert. Lange würde das nicht gutgehen, ich spürte schon, wie seine ruckartigen Bewegungen immer heftiger wurden. Er keuchte und spie mir ins Gesicht, während um uns herum der Schnee zu kleinen Wolken hochstob.
Urplötzlich ließ ich ihn los, rollte mich sofort zur Seite und kam wieder hoch.
Leider auch Marco, und er warf sich mit dem Messer in der Hand vor, wobei ein Arm sehr lang wurde.
Ich trat blitzschnell in den Schnee und hatte Glück, daß die Ladung über seinen Messerarm hinweggeschleudert wurde und sein Gesicht traf, so daß er blind wurde.
Das hatte ich erreichen wollen.
Vielleicht ahnte er mich, erkennen konnte er mich mit seinen verklebten Augen nicht. Er fuchtelte zwar noch mit einem gefährlichen Messer herum, aber ich konnte der Klinge leicht ausweichen. Mein knallhart angesetzter Hieb trieb ihn zurück, bis in die aufgestellten Tannenbäume hinein, wo er gegenfiel und dort zusammenbrach.
Die Zweige schlugen über ihm zusammen.
Bewußtlos war er nicht, dafür schwer angeschlagen. Er kroch zwischen den Zweigen hervor, der Schnee in seinen Augen schmolz allmählich, und er hatte die messerlose Hand gehoben, um die Flüssigkeit aus seinen Augen zu reiben.
Somit hatte er es mir leicht gemacht. Mit einer raschen Bewegung entwand ich ihm das Messer, ließ die Klinge in den Griff zurückschnappen und steckte die Waffe weg.
Dann riß ich ihn hoch. Den Arm drehte ich ihm auf den Rücken, nahm ihn in den Polizeigriff, wuchtete ihn herum und wieder gegen die Tannen, wobei ich ihn mit meiner freien Hand blitzschnell abklopfte.
Ich fand weder ein zweites Messer noch ein Schießeisen. Jetzt erst ließ ich Marco los und baute mich einen Schritt von ihm entfernt auf. Dabei zeigte ich ihm die Beretta.
Die Geste verstand er, denn er zuckte zusammen, als er das dunkle, kleine Loch sah.
»Alles klar?« fragte ich ihn.
Er nickte.
Wir beide hatten uns auf dem Boden umhergewälzt und sahen aus wie die Schneemänner. Ich spürte die Anstrengung des Kampfes und atmete schwerer als sonst.
Frantisek Marek kam. »Ich habe die Kunden weggeschickt und auch einen Halbwüchsigen, der hier angeblich verkauft.«
»Und?«
»Sie haben natürlich etwas mitbekommen, aber ich konnte sie noch beruhigen. Hoffentlich holen sie nicht die Miliz, dann werden wir zunächst einmal vernommen und verlieren Zeit.«
Das wäre mehr als schlecht gewesen. So blieb uns Marco und das, was er uns zu sagen hatte. Ich hoffte stark, daß es eine ganze Menge sein würde.
Ich nahm den Gesprächsfaden dort wieder auf, wo ich abgebrochen hatte. »Wie gesagt«, erklärte ich ihm. »Deinem Partner geht es den Umständen entsprechend. Er hat uns schon einiges verraten«, bluffte ich. »Da war die Sache mit der Steinplatte. Ihr habt den Friedhof geöffnet und ihn wieder verschlossen.«
Marco stierte mich an. In den Augenbrauen hingen noch ein paar Schneereste, die allmählich wegtauten und als Tropfen an seinen Wangen entlangrannen. Mit der Hand wischte er sie weg. »Ja«, bestätigte er mich. »Wir haben dafür gesorgt, daß unsere Sippe freikommt. Zirka wird sich rächen, ich schwöre es euch.«
»Dann kommt er also frei?«
Marco lachte schrill. »Freikommen?« höhnte er. »Nein, er ist schon frei. Wir haben dafür
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