0356 - Am Schleppseil hing der Tod
nicht an das Geländer herangefahren. Dennoch war Alby imstande, den Sack mit Moore vom Wagen aus über die eineinhalb Yards direkt ins Wasser zu werfen.
Das hatte ich nicht bedacht.
Mir klopfte das Herz bis zum Hals.
So vorsichtig wie möglich machte ich einen Klimmzug und versuchte in den Laderaum hineinzukommen.
Ich kam auch hinein. Sogar lautlos. Alby hatte Mühe sein Bündel flottzumachen.
Als er den länglichen Sack mit Moore zur Lücke vorschob, schlich ich zur Mitte des Trucks.
Dann stand Geierschnabel plötzlich in der Lücke und wollte Moore hinauswerfen.
Ich holte aus und sprang ihn an.
Leider traf ich zu ungenau.
Alby torkelte, aber er fing sich an einer Seitenstrebe auf und verschwand wieder ins Innere des Trucks.
Der Sack mit Moore lag vor der Lücke.
Mir lief es eiskalt über den Rücken. Da knallte es schon.
Alby feuerte dreimal. Die Geschosse zischten an meinem Kopf vorbei.
Ich hatte meine Pistole längst in der Hand, aber ich schoss nicht. Ich wollte ihm nicht durch das Mündungsfeuer meinen Standort zeigen, außerdem sollte er sein Magazin leer schießen. Trotzdem musste ich einen Trick erfinden, denn Albys Schüsse konnten - gewollt oder ungewollt - Moores Körper treffen.
Nach seinem fünften Schuss schrie ich auf und röchelte.
Es vergingen Nerven zerreißende Minuten.
Alby rührte sich nicht. Anscheinend fürchtete er eine Falle.
Plötzlich bewegte er sich wieder. Er brüllte »He… Haller, wo bist du?«
In seinem Brüllen war Angst.
Nun wurde Alby, als ich schwieg, wieder aktiv. Und als er sich vorsichtig der Leinwandlücke näherte, wurde ich lebendig.
***
Um es kurz zu machen: Alby wollte den Sack mit Moore mühsam hochstemmen. Da war ich mit einem Satz heran und gab dem Gangster einen harten Schlag ins Genick. Während Alby zusammenbrach, rutschte ihm der Sack aus den Händen und glitt langsam aus dem Truck.
Ich hatte gar keine Zeit zu erschrecken. Ich erwischte das Ende des Sackes noch und versuchte, ihn festzuhalten. Aber er war so schwer, dass er mir entglitt. Zum Glück konnte ich wenigstens soviel erreichen, dass der Sack zwischen dem Truck und dem Geländer auf die Straße fiel.
Als ich mich wieder aufrichtete, regte sich Alby. Er war allerdings noch sehr benommen. Zuerst wollte ich mich um Jack Moore kümmern.
Ich sprang vom Truck, zog mein Taschenmesser, um den Sack sofort aufzuschneiden. Bei der Dunkelheit war das schwierig.
Da fiel mir Albys Stablaterne ein. Als ich sie geholt hatte und den starken Strahl auf den Sack richtete, erstarrte ich.
Ich hatte die Rechnung ohne Alby gemacht.
Er stand in der Lücke der Leinwand, hielt sich mit der Linken fest. In der Rechten hielt er seine Pistole.
»Ich habe es gleich gewusst, dass du ein Schnüffler bist!«, schrie er. »Aber Clarke hat es ja nicht glauben wollen. Loy hat es auch gewusst, mein Junge. So…und jetzt kannst du gleich baden.«
Im selben Moment ließ ich mich fallen.
Albys Pistole schickte mir zwei Kugeln direkt am linken Ohr vorbei.
Da hatte ich meine Berrit bereits in der Hand. Ich duckte mich dicht am Rand des Aufbaues.
Alby konnte mich nicht mehr sehen.
Die achte Kugel schlug dicht vor mir in den Asphalt ein.
Jetzt konnte er höchstens noch eine Kugel im Lauf haben.
Da vernahm ich leises Knacken und Schaben.
Alby lud sein Magazin nach.
Sofort war ich auf den Beinen, zielte und drückte ab.
Sein Körper löste sich langsam aus der Lücke, die Pistole rutschte ihm aus der Hand, polterte auf den Asphalt, und Alby fiel hinterher.
Ich zog den bewusstlosen Gangster zur Seite.
Jetzt musste ich so schnell wie möglich wissen, ob Moore noch lebte.
***
Loy fuhr langsam von dem Inn in Richtung Port Morris zurück. Der Nebel war so dicht geworden, dass Loy mit der Nase fast an der Windschutzscheibe klebte. Er kaute nervös auf einem Streichholz. Wie ich später erfuhr, war dieser rücksichtslose Gangster Nichtraucher. Loy hatte vor sechs Jahren während einer Bandenschießerei einen bösen Lungensteckschuss abbekommen. Weil er das Rauchen aufgeben musste, stellte er sich aufs Streichholzkauen um. Zwischen Morrisiana und Melrose ist die Abzweigung nach Port Morris. Bevor Loy abbog, hielt er an einer Telefonzelle. Er warf zwei Nickel in den Automaten und rief Conny Clarke an. Als er den Hörer auflegte, war sein glattes Gesicht verkrampft.
Er hatte die letzte Order des Point B übermittelt bekommen.
***
Mein Freund Phil Decker fuhr, so schnell es der Nebel zuließ, mit meinem Jaguar in
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