0356 - Am Schleppseil hing der Tod
und richtete den Strahl der Stablampe auf Albys reglosen Körper.
Alby war nicht tot, das konnte ich sofort erkennen. Eine Kugel hatte sein rechtes Handgelenk getroffen, während die zweite ihm die Stirn angeschrammt hatte. Zur Ohnmacht reichten beide Verletzungen kaum aus. Er hatte sich den vorübergehenden Schlaf gewiss vom Anprall auf das Brückengeländer eingehandelt.
Zunächst suchte ich seine Waffe und steckte sie in meine Jackentasche, dann hob ich Alby hoch und brachte ihn ebenfalls in das Führerhaus des Trucks.
Als ich den Truck startete, summte das Sprechfunkgerät. Nach einem Knopfdruck fuhr es langsam aus der Armatur heraus. Ich drückte die Empfangstaste und hörte Clarkes Stimme: »Hier CG… TH… kommen!«
Ich meldete mich.
Conny Clarkes rief zurück: »Hallo, TH, wo seid ihr?«
»Kurz hinter der Brücke«, log ich.
»Gib mir Alby«, forderte Clarke.
Ich schaltete um.
»Alby kann ich dir nicht geben, Boss. Der Kerl ist auf der Brücke ausgestiegen und hat etwas in den Sound befördert. Danach ist er heimlich verschwunden.«
Clarkes Stimme bellte wütend zurück: »Verschwunden, sagst du? Wieso, hat euch jemand gesehen?«
Ich log: »Ja, drei Trucks kamen uns entgegen und zwei von hinten.«
»Dann müssen dich die Fahrer doch im Führerhaus gesehen haben? Oder bist du etwa auch ausgestiegen?«, wollte der Gangster wissen.
»Natürlich blieb ich drin. Ich hatte sogar die Innenbeleuchtung an.«
Eine Weile schwieg Clarke, dann sagte er: »Dann ist es richtig, dass sich Alby schnell verdrückt hat. Er wird versuchen, dich wieder einzuholen. Wahrscheinlich per Anhalter. Warte aber noch eine Weile, bevor du weiterfährst. Er hat ein Walkie-Talkie-Gerät 38 bei sich. Du hältst spätestens in New Rochelle, denn von deinem Standpunkt aus bis dort reicht sein Gerät. Bis zu mir kann er nicht mehr durchkommen.«
Ich fragte zurück: »Boss, falls ich aus irgendeinem Grund dringend zurückrufen muss, wie weit reicht denn mein Gerät? Doch nicht bis zu dir oder bis Point B?«
Clarke ging auf meine extra dumm gestellte Frage ärgerlich ein: »Hat dir Loy denn nicht gesagt, dass unsere Geräte Verstärker haben?«
»Ach ja, hatte ich doch ganz vergessen…na ja, zum ersten Mal…« Dann fragte ich schnell: »Und wo soll ich meine Ladung abliefern?«
»Warte auf Alby, der hat die Weisungen in seiner Brieftasche. Falls er nicht wieder auftauchen sollte, ruf mich an. Dann sage ich dir schon, was du machen sollst. Im übrigen schicke ich Loy, sobald er fertig ist, auf die Strecke. Vielleicht findet er Alby. Ende.« Fieberhaft wollte ich umstellen und das FBI anrufen. Aber es ging nicht. Die Skala war blockiert. Ich schaltete das Gerät ab, ließ es aber draußen vor den Armaturen.
Meine Inspektion in Albys Taschen war erfolgreich. Über tausend Dollar und einige kitschige Fotos fand ich. Dann die Frachtpapiere, aber kein Stück Papier, auf dem nähere Informationen vermerkt waren.
Der Empfänger hieß Norbert Memphis, Boston, Pier 16, Halle neun.
Bevor ich startete, überzeugte ich mich vom Zustand meiner ungleichen Patienten. Beide atmeten zwar flach, doch nicht so beängstigend, dass ich sofort zu einem Arzt fahren musste.
Zunächst wollte ich den Truck wegen der Unfallgefahr von der Brücke haben. Nach etwa zehn Minuten fand ich direkt neben der Straße einen großen Parkplatz. Kaum stand der Truck, als ich bereits wieder an den Knöpfen des Sprechfunkgerätes drehte. Jetzt schaffte ich es.
***
Mr. High war gerade ins Büro gekommen. Während ich ihm die Lage in knappen Sätzen schilderte, rauchte ich seit Stunden die erste Zigarette.
Mein Chef hörte mir zu, ohne mich auch nur einmal zu unterbrechen. Er war stets ein guter Zuhörer, ein Musterbeispiel von Ruhe und Besonnenheit.
Zum Schluss bat ich ihn, er möge den Sheriff von New Rochelle sofort alarmieren, der mir von dort Wagen und Cops und einen Arzt entgegenschicken sollte. Mr. High versprach es und meinte dann ruhig »Gut gemacht, Jerry. Rufen Sie mich von der Sheriff-Station aus New Rochelle telefonisch an. Ende.«
Nach etwa drei Meilen erwachte Alby wieder. Er legte seinen sicher stark schmerzenden Kopf zurück und krächzte mich an »Das wirst du mir büßen, du elender Schnüffler! Halt sofort an und rufe…« Er unterbrach sich und tastete mit der Linken hoch zum Sprechfunkgerät. »Warte, bald wird Loy dir im Genick sitzen.«
Meine Rechte fuhr vom Steuerrad auf seine Hand. Sie hatte tatsächlich den Rufknopf gefunden und
Weitere Kostenlose Bücher