Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
036 - Der Wolfsmensch im Blutrausch

036 - Der Wolfsmensch im Blutrausch

Titel: 036 - Der Wolfsmensch im Blutrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
Vom Netzwerk:
erste Halteplatz. Dalquist fuhr in die
Straßenausbuchtung. Sieben Personen stiegen aus. Sie wünschten dem Fahrer eine
gute Nacht, und er antwortete leise und mechanisch darauf, oftmals nur mit
einem Kopfnicken.
    Dann ging es weiter, zur zweiten Sammelstelle. Diese lag rund
sieben Kilometer entfernt. Dalquist konnte auf der leeren Straße schnell
fahren. Fünf Minuten nach zehn hielt er an der zweiten Sammelstelle an. Diesmal
stiegen zehn Menschen aus. Zurück im Bus blieb eine junge Frau, schlank,
mädchenhaft, mit großen, ernsten Augen und einem schmalen, blassen Gesicht.
    »Dann sind also nur Sie noch an der Reihe«, sagte Dalquist, und er
versuchte seiner Stimme nicht anmerken zu lassen, daß er sich gar nicht
wohlfühlte. »Diesmal ohne die Mutter?«
    Der Fahrer kannte das junge Mädchen. Es nahm regelmäßig an den
Theater- und Konzertfahrten teil. Dalquist, der schon mehr Besucher gefahren
hatte, wußte, daß dieses scheue Geschöpf, normalerweise in Begleitung einer
zweiten Person, immer an der letzten Haltestelle ausstieg.
    Die Flachsblonde erhob sich vom Sitz, kam ein paar Reihen näher
und nahm schräg gegenüber dem Fahrer Platz. »Nein, leider ging das diesmal
nicht.« Sie sprach sehr leise, sehr fein, gab auch durch diverse Gesten zu
erkennen, daß in dem Haus, aus dem sie kam, wahrscheinlich nie ein lautes Wort
gesprochen wurde. »Großvater ging es sehr schlecht, und sie konnte ihn heute
unmöglich alleinlassen. Da bin ich eben allein gefahren.«
    »Aber da habt ihr ja die Karte verfallen lassen?« warf Dirk
Dalquist ein. Er wandte kurz den Kopf auf die Seite und musterte das grazile,
zerbrechliche Geschöpf von Kopf bis Fuß. Das Mädchen sah nicht schlecht aus,
aber man hatte es noch nie mit einem jungen Mann gesehen.
    »Das war leider nicht zu umgehen. Vom Personal wollte niemand mit.
Das Stück war ihnen zu ernst, wissen Sie?«
    Dalquist nickte. Er steuerte den Bus in eine enge Kurve und zog
ihn sanft wieder heraus, so daß man den Wechsel in der Richtung gar nicht
bemerkte.
    »Aber Ihnen hat es gefallen?«
    »Ja ...« Die junge Dame lächelte still. Ihre schlanken Finger
lagen auf ihrem Schoß und hielten die kleine silberfarbene Abendtasche umfaßt.
    »Jetzt haben wir's gleich geschafft«, machte sich Dalquist wieder
bemerkbar. Er wollte das Gespräch nicht einschlafen lassen, und es tat ihm
sogar gut, mit jemandem zu reden. Dann mußte er nicht dauernd an seine
Schmerzen denken - und auch nicht an Täle, der sich jetzt wahrscheinlich
irgendwo mit einem Mädchen vergnügte ...
    Seine aufmerksamen Augen beobachteten die Straße. Links lagen ein
paar dunkle Bauernhäuser.
    »Ich finde es besser, wenn die Vorstellungen so frühzeitig beendet
sind«, antwortete sie darauf. »Man ist dann früher zu Hause ...«
    Er nickte. »Vielleicht hat die Direktion das wegen dem
unheimlichen Mörder getan, der hier zur Zeit sein Unwesen treibt. Sicher haben
Sie davon in der Zeitung gelesen.«
    »Ja. Es ist furchtbar. Hoffentlich wird man ihn bald fassen,
nachdem er gestern Nacht wieder aufgetaucht ist.«
    »Die Polizei vermutet ihn hier am See. Aber das Gebiet ist sehr
groß. Es gibt zahllose Versteckmöglichkeiten...« Während Dalquist sprach, ließ
er unwillkürlich seine Augen von links nach rechts schweifen und beobachtete
die Umgebung genau. »Vielleicht stößt man durch Zufall auf ihn«, murmelte er.
»Man sollte die Augen offenhalten. Die Polizei hat die Bevölkerung um Mithilfe
in diesen mysteriösen Mordfällen gebeten ...«
    »Dann wird man ihn hoffentlich auch bald fassen. Ich glaube
übrigens nicht, daß er sich hier so nahe an der Straße aufhält...«
    »Wie kommen Sie darauf?« wunderte sich Dalquist. Die Stimme des
schlanken Mädchens zeigte ein Interesse, das ihn überraschte.
    »Weil Sie ständig die Umgebung beobachten«, lachte sie leise.
»Glauben Sie, ihn auf diese Weise ausfindig zu machen? Dann müßten Sie schon
mehr die Waldgrenzen absuchen. Aber dazu haben Sie nicht den Mut, nicht wahr?«
Etwas Lauerndes lag in ihrer Stimme. Dalquist mußte sich im Stillen
eingestehen, daß er sich in diesem bleichen, grazilen, zerbrechlichen Geschöpf
offenbar gründlich getäuscht hatte.
    Stille Wasser gründen tief, kam es ihm in den Sinn. Was hinter der
glatten, weißen Stirn dieses vornehmen Geschöpfes vorging, ließ sich nicht
einmal erahnen. War ihr geziertes Wesen nur Maske? War sie wesentlich zäher
und widerstandsfähiger, als ihre äußere Erscheinung es erwarten ließ?
    Er antwortete

Weitere Kostenlose Bücher