0364 - Mongolenfluch
einen von ihnen unterwegs treffen, brauchen wir lediglich dran zu bleiben. Sie werden uns ans Ziel führen. Oder - wir schließen uns ihnen dann ganz hochoffiziell an.«
»Wang Lee?« fragte Nicole spöttisch.
Zamorra grinste. »Das könnte allerdings etwas problematisch werden. Ich rechne eher damit, daß wir zuerst auf Su Ling treffen.«
Nach kurzer Zeit erreichten sie das Ölcamp, gaben den Jeep ab, baten aber, ihn zur Verfügung zu halten. Unter Umständen kehrten sie so zeitig zurück, daß sie wieder in die Stadt fahren und die Hotelzimmer in Anspruch nehmen konnten. Immerhin hatten sie sie vorausbezahlt. Das war zwar eine lächerlich geringe Summe im Land der Billig-Löhne und Niedrig-Preise für nichttechnische Artikel, aber warum sollten sie darauf verzichten?
Sie wußten nicht, wie lange der Flug dauern würde. Wenn sie Pech hatten, konnten sie natürlich die ganze Nacht über unterwegs sein…
Sie fanden Ti-Lai in einem Aufenthaltsraum einer großen Baracke.
»Wir bitten Sie, uns in nördlicher Richtung zu fliegen«, sagte Zamorra. »Wir suchen jemanden, Frau Ti-Lai.«
Die Pilotin sah auf ihre Armbanduhr. »Es ist später Nachmittag. Eine Suche, sagten sie? Wen suchen sie? Ich dachte, sie wollten sich das Gelände ringsum ansehen.«
»Wir suchen zwei Personen, die auf dem Weg nach Norden sind«, sagte Zamorra. Tendyke nickte dazu.
»Im Norden ist nur die Grenze zur Mongolei. Werden wir sie überfliegen müssen?«
»Es ist möglich«, gestand Tendyke.
»Das ist nicht gut. Wer sind Sie wirklich? Polizisten, die jemanden verfolgen, der illegal über die Grenze will? Aber das ist nicht möglich, dann hätten sie nicht mich als Pilot…«
»Fliegen Sie uns?« fragte Tendyke eindringlich.
Ti-Lai Mikou zögerte. »Wie lange wird der Flug dauern? Ich mag nicht bei Dunkelheit unterwegs sein. Es war früh heute morgen, und meine Arbeitszeit ist bald beendet…«
»Es kann sein, daß es darüber dunkel wird«, gestand Zamorra. »Wir wissen nicht, wie weit die beiden Gesuchten mittlerweile gekommen sind. Es hängt davon ab, wie schnell sich ihre Fahrzeuge bewegen lassen.«
»Nein.« Ti-Lai lehnte sich zurück. »Ich werde nicht… oder doch.« Der Ausdruck ihrer Augen veränderte sich ein wenig, schien glanzloser, aber härter zu werden. »Wir fliegen«, sagte sie. »So schnell wie möglich, und so weit, wie es nötig ist.«
Sie erhob sich und verließ den Aufenthaltsraum.
Die drei Gefährten sahen ihr nach.
»Seltsam, nicht?« sagte Nicole. »Dieser plötzliche Meinungsumschwung. Erst will sie nicht, weil sie bald Feierabend hat, und dann will sie doch wieder… komisch, nicht wahr?«
»Wir werden ein Auge auf sie halten«, sagte Tendyke.
Zamorra hob den Kopf. Nicole schien es, als habe er sekundenlang so etwas wie eine geistige Zwiesprache mit irgend etwas oder jemandem gehalten. Ihr war nicht die Bewegung seiner Hand entgangen, die in Richtung Amulett zuckte.
»Was ist los?« fragte sie.
Tendyke spitzte die Ohren.
»Einer von uns sollte bereit sein, den Hubschrauber kurzfristig zu übernehmen«, sagte Zamorra. »Ich habe ein ungutes Gefühl. Das Amulett spürt etwas, kann es aber nicht erfassen. Es ist irgendwie… ähnlich wie in Alaska, im Camp Eisbär. Da war doch dieses magische Feld und eine Kraft, die von überall her kam und sich nicht lokalisieren ließ. Es ist, als schwebte etwas über der Gegend und beobachtete…«
»Uns?« fragte Tendyke.
»Uns und andere. Etwas ist falsch«, sagte Zamorra. Er wie auch Nicole dachten an die plötzliche Sinnesänderung der Pilotin.
Zamorra beschloß, sie zu überprüfen, wenn sie gleich im Hubschrauber saßen und losflogen.
***
Auch Wang Lee Chan vermied es, den offiziellen Grenzübergang zu benutzen, der in der Karte eingezeichnet war. Er nahm zwar an, daß sich dort höchstens drei bis vier Beamte oder Grenzsoldaten aufhielten, aber er wollte sich einfach nicht kontrollieren und überprüfen lassen. Nicht in einem Land, das einst ihm gehört hatte…
Wang Lee wich also ebenfalls von der Piste ab, die hier übertrieben als Straße bezeichnet wurde. Während aber Ten Piao, der weit hinter ihm fuhr, ohne von Wang Lee zu wissen, später nach links abbog, hatte Wang Lee seinen Wagen nach rechts gezogen. Er fuhr durch Steppe und Grasland, während die Gegend auf der anderen Seite mehr Wüstencharakter hatte.
Einmal warnte ihn ein Instinkt. Wang Lee fand eine Ansammlung von Büschen, zwischen die er den Geländewagen lenkte. Er schaltete den
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