0367 - Der Boß läßt seine Meute los
da war. Ich sagte zu Phil: »Lass sein. Auch wenn er uns jetzt entkommt, wir kriegen ihn schon. Hauen Sie ab, Craigh. Wir werden uns bald Wiedersehen.«
»Wart’s ab, du verdammter Schnüffler«, knurrte Craigh und tat die letzten beiden Schritte.
Jetzt befand er sich vor der Tür. Und wenn er sie auf ziehen wollte, musste er entweder die Frau loslassen oder die Hand nehmen, mit der er den Colt hielt. Totenstille herrschte. Alles sah gebannt zu dem kleinen, dicken Gauner, der jetzt seinen linken Arm von der Taille der Frau zurückzog und hinter seinem Rücken damit nach der Türklinke tastete. Die Tür war abgeschlossen, seine linke Hand kam wieder zum Vorschein und suchte in den Taschen seines zweireihigen Anzugs, um schließlich mit einem Schlüssel wieder nach hinten zu fahren.
Die Frau hätte eine reelle Chance gehabt, sich von Craigh zu entfernen, wenn sie einfach zur Seite gesprungen wäre. Natürlich hätte niemand Voraussagen können, ob er im Schreck nicht hinter ihr hergeschossen hätte. Vielleicht fürchtete sie das, oder sie war einfach unfähig, sich zu bewegen, jedenfalls blieb sie reglos stehen, auch als Craigh sie nicht mehr gepackt hielt.
Die Tür ging nach außen auf. Mit einem leisen, in der Stille überdeutlich zu hörenden Quietschen schwang sie auf. Craigh schwenkte seinen Colt ein wenig von der Frau weg und mehr zu uns hin.
»Rührt euch nicht!«, warnte er.
Er setzte den rechten Fuß zurück.
Und dann stand auf einmal Steve Dillaggio in dem schwarzen Ausschnitt der nächtlichen Finsternis, den die offene Tür zeigte. Sein rechter Arm fuhr hart herab, Craigh zuckte zusammen und schrie etwas, und zugleich polterte der kurzläufige Colt auf den Boden.
»Vorbei, Craigh!«, rief einer der Kollegen und sprang vor.
Zehn Sekunden später war er überwältigt.
Eine Viertelstunde hatten wir damit zu tun, die Spreu vom Weizen zu trennen. Wer sich ausweisen konnte - durch einen Führerschein oder die Sozialversicherungskarte oder etwas anderes wurde nach Hause geschickt, nachdem man seine Anschrift notiert hatte.
Acht Männer von den Gästen nahmen wir mit. Zwei konnten sich angeblich durch nichts ausweisen, zwei besaßen Schusswaffen ohne gültigen Waffenschein, drei waren minderjährig, und einer stand im Fahndungsbuch des Staates New York.
Dazu kamen die sechs Männer, die als Angestellte der Spielhölle gearbeitet hatten. Wenn man die vier Burschen aus der Snackbar und Craigh mitzählte, kamen wir auf die stattliche Zahl von insgesamt neunzehn Festgenommenen.
***
Als wir im Jaguar zurückfuhren, rief Phil über Sprechfunk die Mordabteilung der Stadtpolizei von Jersey City an. Er erkundigte sich nach dem Befinden von Mrs. Peabody.
»Zustand unverändert«, hieß es. »Weiterhin akute Lebensgefahr.«
Eine knappe halbe Stunde später saß Craigh auf dem Stuhl, auf dem vorher der von ihm bezahlte Killer Leasy gesessen hatte. Im Licht der Schreibtischlampe sah Craigh nicht mehr wie ein gemütlicher Spießer aus. Aus der Nähe verlor er viel. Unter seinen Augen hingen Tränensäcke, seine Haut erschien grau.
»Ich protestiere gegen diese Behandlung!«, war das erste, was er sagte.
Ich legte ihm den Haftbefehl vor.
»Robert Stewart Craigh«, sagte ich feierlich, »Sie sind aufgrund dieses rechtsgültigen Haftbefehls von uns verhaftet worden. Das FBI wird über den Distrikt-Staatsanwalt Anklage gegen Sie erheben wegen des vollendeten Tatbestandes der Anstiftung zum Mord, zum Mordversuch und einer Reihe anderer Delikte.«
»Da bin ich aber gespannt, wie ihr mir davon auch nur ein Tüpfelchen beweisen wollt«, sagte er mit unsicherem Grinsen.
Ich drückte die Taste an einer Sprechanlage und bat: »Schickt Leasy herauf!«
Craigh blieb der Mund offenstehen. Dann fing er an zu toben. Er sah seine Felle davonschwimmen und geriet in Wut. Nachdem er uns mit einem Sturzbach von Schimpfwörtern eingedeckt hatte, fuhr er auf Leasy los, der gerade hereingebracht wurde.
Leasy zahlte mit gleicher Münze zurück, und wir brauchten nur das Tonbandgerät einzuschalten und zuzuhören. Sie warfen sich gegenseitig ihre Verbrechen vor. Phil und ich schauten uns staunend an. Vernehmungen, bei denen einem sogar das Fragen erspart wird, sind selten. Leider währte unser Glück nicht lange. Das Telefon schrillte in die Auseinandersetzung zwischen Craigh und Leasy hinein.
Ich nahm den Hörer. Kaum hatte ich mich gemeldet, da rief eine aufgeregte Stimme aus unserer Vermittlung: »Es ist dringend, Jerry! Ich
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