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037 - Klinik der Verlorenen

037 - Klinik der Verlorenen

Titel: 037 - Klinik der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jose Michel
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Wohl der armen Mädchen und Frauen geschaffen worden war, nahm man also nur solche auf, die ganz allein auf der Welt waren, um an ihnen ein Serum auszuprobieren, mit dem man dann, wenn es perfekt war, Millionen verdienen wollte … Der Traum von der ewigen Jugend sollte also an uns erprobt werden.
    Und dank Maria Ferats war ich eine dieser Unglücklichen. Wer war sie, die die jungen Mädchen zusammen trieb und in die Arme dieses Wahnsinnigen warf? Ich hatte so großes Vertrauen zu ihr gehabt, hatte die ganze Komödie der besorgten älteren Freundin für echt gehalten. Ich schwor mir, mich zu rächen, wenn ich jemals noch die Gelegenheit dazu haben sollte.
    Mein Herz tat mir weh, wenn ich daran dachte, daß Eric Flamants ein Scharlatan war, ein Schmierenkomödiant, der nur eine Rolle meisterhaft beherrschte: die des aufopferungsvollen Arztes. Seine zärtlichen Worte, seine Blicke, das Versprechen, mit mir einen kleinen Ausflug zu machen – alles nur Lügen, um mich gefügig zu machen.
    Wenn Ariane die Wahrheit herausfinden wollte, würde ich ihr helfen. Gemeinsam würden wir dahinter kommen, was in dieser Klinik vorging. Und, bei Gott, wir wollten es in die Welt hinausschreien.
    Ich war wütend. Das Blut pochte in meinen Adern, aber mit der Zeit beruhigte ich mich, und ich bekam Zweifel. Eric versuchte vielleicht doch nur, den Menschen zu helfen, und wenn er sich dazu dieser Mädchen bediente, deren Verschwinden kaum bemerkt und viel weniger noch von irgendeiner Menschenseele bedauert würde, so war das zwar keine Entschuldigung, aber vielleicht notwendig, um die Wirkung dieses Serums zu beobachten. Möglicherweise war der Effekt, der sich bei Rosy zeigte, nur eine Nebenerscheinung und das Serum selbst dazu bestimmt, tödliche Krankheiten zu heilen.
    Um das zu entscheiden, hätte ich wissen müssen, was mit Dominique und Olga geschehen war. Aber ich hatte keine Möglichkeit, sie zu sehen.
    Plötzlich stieg Rosy schlafwandlerisch aus dem Bett, wankte in den Gang zwischen den beiden Bettreihen, krallte die Hände in die Platte des Tisches, der in der Mitte stand, und beugte sich zu mir. Sie fixierte mich, streckte einen Zeigefinger in meine Richtung und schrie: »Dich, Lise, dich werde ich töten! Ich werde dich töten, hörst du? Töten!« Sie gestikulierte wild und warf sich auf mein Bett. Ihr Mund verzerrte sich haßerfüllt, und weißer Schaum trat auf ihre Lippen.
    Ich betrachtete sie ohne die geringste Spur von Angst. Schau an, dachte ich. das bewirken die famosen Spritzen des großen Arztes.
    Eliane lief ins Zimmer, hob Rosy leicht wie eine Feder auf und trug sie zurück in ihr Bett. Es folgte die gleiche Szene wie bei Olga. Ich glaubte, einen Alptraum zum zweiten Mal zu erleben.
    Elisabeth lag starr wie eine Leiche in ihrem Bett. Jeanne Voisin zog sich die Decke über das Gesicht. Neben mir versuchte Henriette Astier, ruhig zu bleiben. Ein Zittern lief durch meinen Körper, aber man konnte es nicht sehen.
    Als die beiden Krankenschwestern Rosy die Zwangsjacke anlegten, leistete sie nicht den geringsten Widerstand. Die beiden zogen sie aus dem Bett und aus dem Saal.
    Auch als sich die Tür wieder geschlossen hatte, blieben wir still.
    Keine von uns wagte den Mund zu öffnen.
    Wieder eine mehr im Hinterzimmer!
     

     

Später kam Eric, zusammen mit Ariane und einem Mann ohne Kittel, den ich nicht kannte. Ariane war sehr blaß. Die beiden Männer blieben vor Jeanne Voisin stehen. Sie stellten ihr einige Fragen, betrachteten ihre Fieberkurve und reichten sie Ariane.
    Das Bett Nummer zwei war leer. Sie schienen es nicht einmal zu bemerken.
    Bei Elisabeth Rivenas blieben sie eine Weile stehen. Der Unbekannte untersuchte sie, fühlte ihren Puls und horchte sie ab. Dann hob er den Kopf und lächelte Eric und Ariane vieldeutig zu.
    Bei Henriette blieben sie nur kurz, und dann war ich an der Reihe. Erics Blick glitt über mich und blieb in meinen Augen hängen. Ich glaubte, eine versteckte Zärtlichkeit darin zu entdecken, war aber sicher, mich zu irren. Hätte er nur einen Funken Gefühl, dachte ich, würde er mir seine grausamen Experimente ersparen.
    »Ein einfacher Fall, Professor«, sagte Eric.
    »Bekommt sie regelmäßig die Injektionen?« fragte der andere. Er war ein magerer Mann um die Sechzig und hatte helle, unglaublich harte Augen.
    »Wie alle, Professor«, sagte Ariane.
    Der Professor schenkte mir ein schiefes Lächeln und fragte: »Haben Sie Schwindelanfälle, Mademoiselle Tellier? Oder Kribbeln an der

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